Verlustpotenzial Investment-Quoten schaden dem Pensionssystem und bremsen ESG

Rupert Hengster, Geschäftsführer des Finanzberaters Dr. Hengster, Loesch & Kollegen

Rupert Hengster, Geschäftsführer des Finanzberaters Dr. Hengster, Loesch & Kollegen: „Die auferlegten Fesseln durch zu starre Quoten führen zu erzwungenen und eigentlich nicht notwendigen Verkäufen zu ungünstigen Zeitpunkten – sehr zur Freude unregulierter Anleger wie etwa Hedgefonds“. Foto: HLK

Die Quoten-Regelung in Deutschland sieht für viele institutionelle Investoren traditionell hohe Anteile für festverzinsliche Anlagen vor, es bleibt oft wenig Raum für Immobilien und alternative Investments. Die Raison d’Être: Sicherheit der Kundengelder. Doch so manch einer dürfte sich fragen, vor wem oder was strenge Vorgaben eigentlich schützen sollen. Oder ob die damit verwehrte Rendite in Zeiten hoher Inflation nicht genau das herbeiführt, was eigentlich verhindert werden soll, nämlich hohes Verlustpotenzial.

Fehlende Flexibilität verhindert inflationsbereinigte positive Renditen 

Inzwischen ist klar, dass die derzeitigen Marktfaktoren mit Ukraine-Krise, Inflation und Zinserhöhungen nicht in die Kategorie „Kurzfristige Ausreißer“ gehören, sondern dass momentan die Grundlage für ein neues Marktumfeld entsteht. Die derzeitige Inflation wird sicher auch von kurzfristigeren Effekten getragen, im Zusammenhang mit der Pandemie oder den Energiepreisen. Aber die von den Zentralbanken herbeigeführte Geldmenge und ein generelles Angebots-Nachfrage-Ungleichgewicht wird die Inflation sehr wahrscheinlich dauerhaft auf einem recht hohen Niveau halten, während die Zinserhöhungen nur gemächlich hinterherlaufen.

Aus diesem Grund wird für Investoren die strategische Asset Allokation nicht nur jetzt, sondern auch in den nächsten Jahren, an Bedeutung gewinnen, während passives Management seinen Zenit erreicht hat. Natürlich wird nicht jedes Investment-Thema gut laufen und eine selektive Vorgehensweise ist gefragt. Auch bei den Aktienmandaten werden gute Alpha-Manager wieder bessere Chancen auf Kundengelder haben.

 

 

 


Das Leid vieler institutioneller Investoren ist jedoch, dass die strenge Quotenregelung eine der neuen Marktlage entsprechende Asset Allokation erst gar nicht ermöglicht. Der Wunsch nach mehr Freiraum bei der Kapitalanlage wird spürbar stärker. Erkennbar ist das daran, dass die Quoten für Immobilien und alternative Investments meistens ausgeschöpft sind und Ausweitungen beantragt werden, wo immer die Möglichkeit besteht. Denn zu hohe Rentenanteile werden nun über längere Zeiträume zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Schon in der Vergangenheit hat man gesehen, dass unregulierte und weniger regulierte institutionelle Investoren in der strategischen Asset Allokation breiter aufgestellt sind und daher auch meist deutlich höhere Renditen erzielt haben.

Strenge Quoten gefährden das Sicherungsniveau in Deutschland

Das von institutionellen Investoren verwaltete Vermögen in Deutschland ist größer als das Bruttoinlandsprodukt – ein enorm großes gesamtgesellschaftliches und gesamtwirtschaftliches Wirkungspotenzial, das mit weniger Beschränkungen freigesetzt werden könnte. Oder andersherum: es wird momentan viel verschenkt. Beispielsweise ist der Status Quo für das Pensionssystem mehr als problematisch.