Verlustpotenzial Investment-Quoten schaden dem Pensionssystem und bremsen ESG

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Denn das gesetzliche Rentensystem steht aktuell vor großen Herausforderungen: der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge, weniger Beitragszahler und eine steigende Lebenserwartung. Dass die Stabilität des Systems auf Dauer ohne Veränderungen der Faktoren Eintrittsalter, Rentenhöhe und Beitragssatz gesichert werden kann, ist unwahrscheinlich. Mehr Menschen denn je sind auf die Erträge von zusätzlichen Rentenleistungen wie der betrieblichen Altersvorsorge angewiesen, um ein auskömmliches Einkommen im Alter zu generieren.

Wenn Vorsorgeeinrichtungen allerdings an zu starre Quoten gebunden sind, wird es Ihnen kaum möglich sein, ihren Beitragszahlern eine positive, inflationsbereinigte Rendite zu liefern. Im Gegenteil: die auferlegten Fesseln durch zu starre Quoten führen zu erzwungenen und eigentlich nicht notwendigen Verkäufen zu ungünstigen Zeitpunkten – sehr zur Freude unregulierter Anleger wie etwa Hedgefonds.

 Die Regulierungsproblematik bei der Altersvorsorge fängt bei den starren Quoten allerdings erst an. Ebenso störend für langfristige Renditen ist der hochfrequentierte Turnus in der Berichterstattung. Das Anlegen von Pensionsgeldern erfordert langfristige Steuerung und eine ruhige Hand. Kurzfristige Regulierungselemente wie halbjährliche oder gar vierteljährliche Reporting-Pflichten setzen die falschen Anreize und führen oft zu Fehlsteuerung. Die Berichterstattung und Regulierungsfragen sollten viel stärker an den jeweiligen Investment-Typus angepasst werden. Der Regulierer sollte sich fragen: Welche Maßnahmen sind für eine bestimmte Anlage sinnvoll und welche schaden dem eigentlichen Zweck?

 

 

 


Das gilt übrigens auch für bestimmte Produktkonstruktionen, wie etwa Lebensversicherungen mit Garantien. Einst das Lieblingskind der privat vorsorgenden Deutschen, rutscht die klassische Lebensversicherung in die Bedeutungslosigkeit. Und das ist aus Anlegersicht auch nachvollziehbar. Ein Garantieverzicht bei gleichzeitiger Ermöglichung eines breiteren Anlageuniversums würde auf der Zeitschiene weitaus bessere Returns erzielen – das bloße Abstellen des Kapitals, um die Mindestgarantie zu sichern, ist sicherlich keine langfristig belastbare Anlageoption.

Generell problematisch ist der vorherrschende alleinige Fokus auf das Verlustpotenzial. Vielmehr sollte gefragt werden, was mit bestimmten Anlageentscheidungen für die Pensionsberechtigten verdient werden kann, ohne dabei unkontrollierte Risiken einzugehen. Institutionelle Investoren im Bereich Vorsorge benötigen seitens der Regulierung dringend mehr Mündigkeit und Vertrauen. Und warum sollte ihnen das nicht eingeräumt werden? Große und professionelle Family Offices, die unreguliert agieren, gehen auch keine unkontrollierten Risiken ein. Die Lockerung der Investment-Quoten ist sicherlich kein Allheilmittel für ein marodes Pensionssystem, welches dringend eine umfassende Flexibilisierung benötigt. Aber sie könnte ein erster und wichtiger Schritt sein, um das Sicherungsniveau in Deutschland zumindest zu halten.

Energiewende ist ohne institutionelles Kapital nicht zu schaffen

Und dann ist da noch das branchenübergreifende Thema Nummer eins im öffentlichen Diskurs. Nachhaltigkeit. Klimaneutralität bis 2050. Anlage nach ESG-Kriterien. Alles richtige und wichtige Ansätze, um den Planeten zu erhalten. ESG-Richtlinien werden zunehmend konkretisiert und regulatorisch verankert. Das wird die Asset Allokation zusätzlich beeinflussen, wahrscheinlich meist positiv.