Christoph Weber und Alexander Koeberle-Schmid „Viele Familien schätzen die Gründung eines Single Family Office falsch ein“

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Wie können Vermögende bei der Entscheidung für den richtigen Family-Office-Typus die größten Fehler vermeiden?

Weber: Für beide Formen gilt, sich im Vorfeld intensiv Gedanken zu machen, um Fehler zu vermeiden, die anschließend nur schwer beseitigt werden können. Warum habe ich mich für die Etablierung eines Family Office als Institution für die Steuerung meines Privatvermögens entschieden? Warum gehe nicht den klassischen Weg über die direkte Zusammenarbeit mit meinen Banken, Vermögensverwaltern und sonstigen Finanzdienstleistern?

Ein eigenes oder auch beauftragtes Family Office kann einen hohen Mehrwert bei der Verwaltung und Bewahrung des Vermögens leisten. Daher ist es wichtig, mir bewusst zu werden, was ich von meinem Family Office erwarte – insbesondere hinsichtlich des Aufgabenspektrums und dessen Positionierung innerhalb meiner Familien. Das Zusammentragen der eigenen Ausgangslage, der Beschreibung persönlicher Umstände und die Anforderungen, die ich an die Betreuung durch ein Family Office stelle, sind entscheidend. Das alles mündet letztlich in die erste Kardinalentscheidung: Gründe ich ein eigenes Single Family Office oder beauftrage ich ein Multi Family Office.

Was wäre ein typischer Fehler?

Weber: Viele Familien sind zu Beginn bereits falsch beraten, ein eigenes Familienbüro einzurichten, weil ihr Vermögen vielleicht viel zu klein und die inhaltlichen Anforderungen viel zu hoch sind, um die Kostenbelastung in einem angemessenen Rahmen zu halten. Die Rechtsform wird unter Umständen ohne intensive Prüfung auf die Erfordernisse und die strategische Langlebigkeit des Single Family Office gewählt. Solche Entscheidungen sind nach der Finalisierung nur noch mit großem Aufwand zu revidieren. Des Weiteren wird auch immer wieder die Zeit und das Involviert sein, die das erfolgreiche Betreiben des Büros für den Vermögensträger erfordern, deutlich unterschätzt – um nur ein paar Punkte zu nennen.

Dann doch lieber ein Multi Family Office.

Weber: Aber auch hier kann eine ungeschickte Auswahl des Anbieters fatale Folgen haben. Denn auch das Mandatsverhältnis zu einem Family Office ist eine eigentlich langfristig über Generationen hinweg ausgerichtete Partnerschaft. Die Anbieter-Landschaft der Multi Family Office in Deutschland ist jedoch breit gefächert.

Und immer mehr Finanzdienstleister schreiben sich den Begriff auf ihre Fahnen, bieten aber nichts Anderes als provisionsträchtige Vermögensverwaltung oder -beratung. Nicht selten fehlt ihnen eine fundierte Expertise und Erfahrung in einzelnen Asset-Klasse oder eine breitgefächerte globale Kompetenz. Auch die Bedeutung eines leistungsfähigen Reportings, das die Grundlagen für die Managemententscheidungen des Vermögensinhabers bilden sollen, wird häufig unterschätzt.

Und was kann das Buch eigentlich nicht leisten?

Koeberle-Schmid: Es bietet keine Patentrezepte. Es gibt Anleitungen und es stellt die richtigen Fragen, die bei der Einrichtung und Weiterentwicklung eines Family Offices relevant sind. Interviews mit Family Officer und Vermögensträgern bieten Einblicke in diese Materie. Doch grundsätzlich ist es ratsam, dass jeder Leser, jeder Unternehmer, jeder Family Officer die Fragen für sich individuell beantwortet. Dabei kann es oft hilfreich sein, einen Experten für weitere Entscheidungen hinzuzuziehen.

Das Buch „Das Family Office – Ein Praxisleitfaden“ kann auf dem Portal der Verlagsgesellschaft Springer Gabler erworben werden.



Über die Interviewten:
Christoph Weber ist geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Multi Family Office WSH. Darüber hinaus steht er auch dem Verband unabhängiger Family Offices als Vorstandsvorsitzender vor.

Dr. Alexander Koeberle-Schmid berät seit vielen Jahren Familienunternehmen und Family Office in Europa, Asien und dem Mittleren Osten und ist Experte für Unternehmensnachfolge, Familienverfassung, Beirat und Governance. Nachdem der Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsmediator und Executive Coach (ICF) mehrere Jahre für die INTES Beratung für Familienunternehmen und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig war, ist er seit Anfang 2018 Partner der Beratungsboutique Koeberle-Schmid & Unger Family Business Advisors.

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