2 Prozent Inflation nicht mehr zeitgemäß Deshalb steht Fixed Income am Beginn einer neuen, vielversprechenden Ära

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2 Prozent Inflation nicht mehr zeitgemäß
Deshalb steht Fixed Income am Beginn einer neuen, vielversprechenden Ära
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Martin Horne von Barings: „Die Renditen werden hoch bleiben und das Wachstum der Staatsverschuldung wird im Mittelpunkt des Interesses stehen.“

Martin Horne von Barings: „Die Renditen werden hoch bleiben und das Wachstum der Staatsverschuldung wird im Mittelpunkt des Interesses stehen.“ Foto: Barings

Festverzinsliche Anlagen sehen heute ganz anders aus als in den vergangenen 30 Jahren, die Grundstruktur der Märkte hat sich verändert. Dies ist auf mehrere technische Effekte zurückzuführen, die sich weltweit auswirken. So hat beispielsweise die Geschwindigkeit des Zinsanstiegs dazu geführt, dass viele langfristige Anlagen heute unter ihrem Nennwert gehandelt werden. Die meisten festverzinslichen Anlageklassen liegen nun im obersten Dezil, was bedeutet, dass die wahrscheinlichen künftigen Renditen so gut gegen künftige Zinsschwankungen abgesichert sind wie schon lange nicht mehr. Dies bietet erhebliches Potenzial.

Hinzu kommt das Dilemma der Zentralbanken. Grundsätzlich können EZB und Co. nicht von ihrem Inflationsziel von 2 Prozent abweichen. Gleichzeitig sind sie nervös, weil die letzten Schritte zum Erreichen dieses Ziels besonders mühsam sind. Generell ist dies der Beginn einer neuen Ära – in einem Umfeld weltweit höherer Inflation. Die Erfordernisse der Energiewende, die preistreibenden Auswirkungen des Klimawandels, die Einwanderungspolitik, die Neuordnung der Lieferketten und die strukturellen Defizite auf den Energiemärkten – all diese Faktoren wirken inflationstreibend und legen den Schluss nahe, dass das 2-Prozent-Ziel wohl überholt ist.

Ein Blick auf die Tarifabschlüsse der letzten Zeit zeigt, dass auch bei den Löhnen eine grundlegend andere Epoche angebrochen ist. Die Globalisierung hatte zur Deflation beigetragen. Aber nach der Pandemie gibt es andere strukturelle Kräfte, die berücksichtigt werden müssen. Und erinnern wir uns daran, wo das 2-Prozent-Ziel seinen Ursprung hatte: Es wurde vor 30 Jahren von der Zentralbank Neuseelands (Bank of New Zealand) erfunden und dann von einer Zentralbank nach der anderen übernommen. Ist es noch aktuell? Womöglich nicht. Die Bedingungen haben sich weltweit spürbar geändert.

Europäische Anleihen bieten Chancen

Ein großer Teil der Zuflüsse in unser Vermögensverwaltungsgeschäft ist auf neue Gelder von bestehenden Kunden zurückzuführen. Diese orientieren sich weniger an kurzfristigen Zinsentwicklungen. Für sie waren die Voraussetzungen für einen von der Norm abweichenden, analysebasierten Ansatz bei festverzinslichen Finanzierungsinstrumenten nie besser.

 

In den klassischen zyklischen Marktsektoren gibt es derzeit nicht so viele überschuldete Unternehmen wie in früheren Abschwungphasen. In vielerlei Hinsicht wird die bevorstehende Rezession die am längsten diskutierte in der Geschichte sein, was die Unternehmen dazu veranlasst hat, vorsichtiger zu agieren und ihre Geschäftstätigkeit auf Liquidität auszurichten. Die Exzesse, die dem Abschwung 2008/09 vorausgingen, haben sich nicht wiederholt. Dies lässt darauf schließen, dass die Finanzwelt derzeit nicht am Abgrund steht – im Gegenteil.

Zwar dürfte sich an der geografischen Präferenz des Anleger-Mainstreams für die US-Kapitalmärkte kaum etwas ändern. Denn die USA werden andere entwickelte Märkte weiterhin in Bezug auf das BIP-Wachstum sowie die Größe und den Umfang ihrer Kapitalmärkte übertreffen. Für Anleger, die eine anspruchsvollere Strategie verfolgen, kann dies jedoch bedeuten, dass sich in Europa und in den Schwellenländern erhebliche Chancen bieten. Weil kleinere, langsamer wachsende Märkte dazu gezwungen sind, sich aktiv um die Aufmerksamkeit von Investoren zu bemühen, bieten sie höhere Renditen durch Spreads mit geringerer Hebelwirkung. In diesen weniger etablierten Märkten muss man lediglich selektiver vorgehen.

Vermögensallokation in einer sich wandelnden Welt

Das hier dargestellte Gesamtbild hat Konsequenzen für die Asset Allocation. Dabei lenkt die gerne geführte Debatte über eine weiche oder harte Landung nur vom eigentlichen Thema in dieser neuen Welt ab. Denn der grundlegende Unterschied für die Unternehmensgewinne ist in beiden Fällen nicht signifikant – entweder niedriges Wachstum oder Verlust. Die Renditen werden hoch bleiben und das Wachstum der Staatsverschuldung wird im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Vor allem in den USA dürften die Zinsen nicht so schnell sinken wie von den Märkten erwartet. In einem Wahljahr wird die Fed wahrscheinlich vorsichtig sein und es besteht die reale Aussicht, dass die 10-jährigen Zinsen eher steigen als fallen werden. Es ist daher nicht überraschend, dass unter den gegenwärtigen Umständen erhebliche Kapitalumschichtungen zu beobachten sind. Die Investoren haben erkannt, dass sie sich in einem Umfeld bewegen, in dem die Zinsen für längere Zeit höher sein werden. So ist es zu einer erheblichen Kapitalflucht in den sicheren Hafen der Geldmärkte gekommen, die weltweit inzwischen mehr als 5,1 Billionen Euro wert sind.

Jeder Anleger muss sich heute viel mehr Gedanken darüber machen, wie er seine festverzinslichen Positionen strukturiert. Einige Kunden haben versucht, auf Nummer sicher zu gehen, indem sie in Investment-Grade-Papiere statt in Hochzinsanleihen investiert haben, aber dabei haben sie vielfach die sehr attraktiven Preise für risikobehaftete Anlagen nicht ausreichend berücksichtigt.

 

In dieser neuen Situation erscheinen die Renditen für Fixed-Income-Investments besonders gut zu sein. Angesichts der globalen Lage wird der Gesamtanteil von festverzinslichen Wertpapieren und Krediten in jedem diversifizierten Portfolio meiner Meinung nach wahrscheinlich steigen. Sie bieten eine vertraglich fixierte Einkommenssicherheit, die weitaus mehr Vorteile bietet ist als die erwarteten Dividendenströme von Aktien.

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Über den Autor:

Martin Horne ist seit knapp 22 Jahren bei Barings, der globalen Investmentverwaltungsgesellschaft der Massachusetts Mutual Life Insurance Company. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der knapp 450 Milliarden Euro verwaltenden Mass Mutual Financial Group. Seit einem knappen Jahr ist Horne bei Barings globaler Leiter für öffentliche Vermögenswerte (Global Head of Public Assets). Vor dieser Zeit verantwortete er unter anderem das globale Geschäft im Hochzinsbereich (Global Head of High Yield).

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