Biodiversität Darum sind McDonald’s-Aktien besser als ihr Ruf

Überdimensionierter Ballon mit dem Aussehen von Ronald McDonald bei einer Parade in New York

Überdimensionierter Ballon mit dem Aussehen von Ronald McDonald bei einer Parade in New York: Das Unternehmen sei nachhaltiger als gedacht, argumentiert Carmine de Franco. Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Vor etwa 66 Millionen Jahren fand auf der Erde das fünfte große Massenaussterben statt. Ein Asteroideneinschlag kostete geschätzten 70 bis 80 Prozent aller Arten das Leben. Nach Ansicht mancher Forscher befinden wir uns aktuell im sechsten Massenaussterben.

So schreitet die biologische Auslöschung ganzer Arten derzeit erschreckend schnell voran. Hierzu tragen vor allem die Menschen durch die Erzeugung und dem Verbrauch von Lebensmitteln bei. Landwirtschaftlich genutzte Flächen machen 38 Prozent der globalen Landfläche aus, von der wiederum 77 Prozent auf die Viehzucht entfallen. 90 Prozent der Entwaldung ist mit der Ausweitung des Agrarsektors verbunden. Zudem ist die Nahrungsmittelproduktion für ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

 

Schon aus ethisch moralischen Gründen sollten Investoren bei der Titelauswahl innerhalb dieses Bereichs den jeweiligen Biodiversitäts-Fußabdruck der betreffenden Unternehmen deshalb unbedingt im Blick behalten. Davon abgesehen zeigen aber auch einige Studien, dass Unternehmen des Landwirtschafts- und Lebensmittelsektors mit nur geringem negativen Einfluss auf die Biodiversität wirtschaftlich besser abschneiden als ihre in dieser Hinsicht „schlechteren“ Mitbewerber.

Wie der Biodiversitäts-Fußabdruck ermittelt werden kann

Für die Auswahl der eher vorbildlich aufgestellter Konzerne in diesem Bereich gibt es unterschiedliche anerkannte Verfahren. Ein Kennwert ist die „Mean Species Abundance pro km²“ (MSA.km²), ein Vergleichsmaßstab für das Artenreichtum in beschädigten (degenerierten) gegenüber ungestörten Ökosystemen.

Dazu werden alle negativen Umwelteffekte eines Unternehmens, wie beispielsweise:

  • die Landnutzung,
  • der Klimawandel und
  • die Luft- sowie Wasserverschmutzung

in quantifizierte Biodiversitätseffekte übersetzt und zu einem Biodiversitäts-Fußabdruck zusammengefasst.

Die Auswirkungen auf die Artenvielfalt werden dann in MSA pro km² ausgedrückt. Je negativer der Wert ausfällt, desto größer ist die Schädigung der Natur. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, subjektive Einflussfaktoren weitestgehend zu eleminieren. In manchen Fällen kann das hinsichtlich des relativen Biodiversitäts-Fußabdrucks zu Ergebnissen führen, die intuitiv nicht zu erwarten sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist etwa McDonald’s. 

Das Beispiel McDonald’s

Mit seinen rund 40.000 Restaurants ist die Fastfood-Kette in über 100 Ländern vertreten. Um die enorme Nachfrage seiner Kunden nach Hamburgern, Chicken McNuggets und Pommes zu befriedigen, kauft McDonald’s große Mengen an Rohstoffen aller Art ein.

Die größten Einwirkungen auf den Verlust der biologischen Vielfalt hat dabei das benötigte Rindfleisch. Aber auch andere Produkte, wie Schweinefleisch oder Molkereierzeugnisse, tragen erheblich zur Schwächung der Biodiversität bei.

Um sein Geschäft zu betreiben, muss McDonald’s im übertragenen Sinne mehr als 14.300 Quadratkilometer (Km²) völlig intakter Ökosysteme in vollständig künstliches Gebiet umwandeln. Das entspricht mehr als der sechzehnfachen Fläche Berlins. Dabei berücksichtigt diese Zahl nicht die zu 100 Prozent ausgelagerte Lieferkette, die sich aus zahlreichen Lebensmittellieferanten zusammensetzt. Das klingt bei weitem nicht so, als wäre der Burgerbrater im Hinblick auf seinen ökologischen Fußabdruck eine gute Wahl.

 

Andererseits ist die schiere Größe des Unternehmens zu berücksichtigen. So ernährt McDonald’s bei tagtäglich in etwa 70 Millionen Kunden knapp ein Prozent der Weltbevölkerung. Laut eigenen Angaben hat der Konzern Ende vergangenen Jahres zudem 98,5 Prozent seines Bedarfs an Rindfleisch aus abholzungsfreien Lieferketten bezogen und 88,8 Prozent des Fischbedarfs stammen aus nachhaltig bewirtschaftetem Wildfang.

Bis 2030 sollen alle benötigten Rohstoffe aus abholzungsfreien Lieferketten kommen. Gleichzeitig hat sich das Unternehmen verpflichtet, bis zum selben Zeitpunkt die Treibhausemissionen in seinen Restaurants und Büros um 36 Prozent zu senken und die Emissionsintensität in seiner gesamten Lieferkette um 31 Prozent zu reduzieren.

Setzt man den Biodiversität-Fußabdruck, ermittelt nach der Methodik des Fintechs Iceberg Datalab, welches Nachhaltigkeitsdaten für Finanzdienstelister zur Verfügung stellt, ins Verhältnis zu typischen Finanzkennziffern, fallen die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt dann auch deutlich geringer als bei vielen anderen Lebensmittelunternehmen aus.

Biodiversitätsabdruck McDonalds
Biodiversitätsabdruck McDonalds © Iceberg Datalab, Ossiam. Dezember 2021

Liegt der Biodiversitäts-Fußabdruck im Verhältnis zum Umsatz (Revenue) noch leicht über dem Branchendurchschnitt, nimmt er unter Berücksichtigung des eingesetzten Kapitals (Capital employed) sowie des Unternehmenswerts (Enterprise Value) mit -0,36 MSA.Km² beziehungsweise -0,08 MSA/Km² einen deutlich unterdurchschnittlichen Wert an.

Selbst der Median liegt in den beiden letzten Fällen deutlich höher als bei McDonald’s. Der Fastfood-Gigant schneidet bezüglich des Biodiversitäts-Fußabdrucks demnach deutlich besser als die Mehrzahl der großen Vergleichsunternehmen aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor ab. 

Kein Widerspruch von Ethik und Ökonomie

Bei streng quantitativer Betrachtung könnte der Kauf von McDonald’s Aktien für einen auf Biodiversität achtenden Investor, der in die Lebensmittelindustrie investieren möchte, entgegen eines ersten intuitiven Reflexes also durchaus infrage kommen. Dies gilt auch in Bezug auf die zu erwartende Performance.

So haben Anleger aufgrund der Aussicht auf und der Ungewissheit über künftige Vorschriften im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter Umweltstandards damit begonnen, eine Risikoprämie für Aktien mit großen Biodiversitäts-Fußabdrücken zu verlangen. Insbesondere für große Unternehmen mit hoher Marktliquidität dürfte dieses Investitionsverhalten einen weiteren Anreiz bieten, ihren Einfluss auf die biologische Vielfalt zukünftig noch besser zu berücksichtigen.


Über den Autor:

Carmine de Franco ist Forschungsleiter beim französischen Investmentspezialisten Ossiam.

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