Vorstand der Wiener Privatbank „Strikte Einstiegshürden haben in unserer Vemögensverwaltung keinen Platz“

Christoph Raninger, Vorstandsvorsitzender der Wiener Privatbank.

Christoph Raninger, Vorstandsvorsitzender der Wiener Privatbank, sprach im Interview über die Strategie seines Hauses. Foto: Wiener Privatbank

private banking magazin: Eine Boutique-Bank mit Börsennotierung – damit nimmt die Wiener Privatbank nicht nur in Österreich eine Sonderstellung ein. Wieso eigentlich?

Christoph Raninger: Unsere Börsennotierung ist in der Tat ein Alleinstellungsmerkmal. Für uns bedeutet das einiges mehr an Aufwand, die damit verbundenen Publizitätspflichten können zum Beispiel für ein kleines Institut herausfordernd sein. Auf der anderen Seite schafft eine Börsennotierung Transparenz und entsprechend Vertrauen. In einem Vertrauensbusiness wie dem Private Banking ist das wiederum ein Vorteil.

Und dafür nehmen Sie den Mehraufwand auf sich?

Raninger: Die Aktien der Wiener Privatbank sind seit 2007 an der Wiener Börse gelistet. Die Erstnotiz ist bereits 1992 mit dem Vorgängerinstitut, der Kapital & Wert Vermögensverwaltung, erfolgt. Die Börsennotierung haben wir also viele Jahre, unsere Strukturen sind darauf ausgerichtet und so tritt ein Stück weit Routine bei Themen wie der Bilanzierung und Veröffentlichungspflichten ein. Es ist aufwändig, aber bewältigbar.

Wie positioniert sich die Wiener Privatbank am Markt? Welche Kundengruppen wollen Sie konkret ansprechen?

Raninger: Wir haben ein eigenes Asset Management und sprechen damit das klassische Private-Banking-Publikum sowie institutionelle Anleger und Family Offices an. Mit unseren Sachwertprodukten und unserer Immobilienkompetenz sind wir darüber hinaus auch für Stiftungen ein interessanter Partner. Im Kapitalmarkt-Geschäft haben wir uns als Nischenplayer im KMU-Segment etabliert. Wenn es darum geht, entsprechende Kapitalmarktmaßnahmen umzusetzen, geht kaum eine Transaktion an uns vorbei. Dabei begleiten wir Emittenten sowohl auf der Eigenkapital- als auch auf der Fremdkapitalseite. Das ist zu einer Stärke geworden, weil wir eine durchgängige Wertschöpfungskette aufgebaut haben.

Inwiefern?

Raninger: Zusätzlich zur Kapitalmarkt-Dienstleistung haben wir ein hauseigenes Brokerage. Wir machen den Wertpapierhandel bewusst selbst, weil wir die Emissionen so auch im Sekundärmarkt weiter betreuen können. Gleichzeitig müssen Emissionspapiere irgendwo verwahrt werden und hier bieten wir integriert unseren Depotservice an. Die Übernahme der Zahlstellenfunktion runden das All-in-Paket für Emittenten ab. Somit entsteht eine integrierte Wertschöpfungskette, auf die wir uns als Bank bewusst konzentrieren und die für unsere Kunden einen Mehrwert bietet.

 

Vermögensverwaltung bieten Sie bereits ab einer Einstiegsgrenze von 100.000 Euro. Lässt sich auch hier Wertschöpfung generieren? Andere Anbieter zucken da nicht mal mit dem Finger.

Raninger: Wir wollen interessierten Kunden die Hand reichen und über persönliche und individuelle Betreuung langfristige Verbindungen aufbauen. Dabei gilt es sich zunächst gegenseitig kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen und da haben strikte Einstiegshürden keinen Platz. 100.000 Euro sind für uns eine Orientierungsgröße für die standardisierte Vermögensverwaltung und hier haben wir interessante Anlagevarianten. Wenn sich aus zufriedenen Kunden dann langfristige, prosperierende Partnerschaften entwickeln, entsteht gegenseitige Wertschöpfung.

Wie hoch sind die Assets under Management?

Raninger: Die liegen bei etwa 2 Milliarden Euro.

Und damit ist die Wiener Privatbank profitabel?

Raninger: Eine Bank, die sich nur auf die Vermögensverwaltung konzentriert, hätte es mit 2 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen am österreichischen Markt sicher schwer. Wir stellen aber unser Geschäftsmodell auf mehrere Säulen und generieren, wie am Beispiel Kapitalmarktgeschäft beschrieben, über mehrere Schnittstellen Wertschöpfung. Neben Private Banking und Capital Markets zählen insbesondere ausgewähltes Finanzierungsgeschäft sowie traditionell das Immobiliengeschäft zu unseren weiteren Kerngeschäftsbereichen.

Auf welche Segmente ist die Wiener Privatbank hier spezialisiert?

Raninger: Für uns ist das klassische Wiener Zinshaus so etwas wie Betongold. Dieses Produkt liegt in der DNA unserer Bank. Unser Immobilienportfolio ist dementsprechend zinshauslastig. Das bespielen wir für den Vorsorgebereich oder, wenn es leere Liegenschaften gibt, auch als Eigennutzungsobjekt.

Im Mai dieses Jahres hatte eine Bloomberg-Analyse für mächtig Aufsehen gesorgt. „Wien wird zum Epizentrum der Immobilienkrise in Europa“ titelten diverse Medien damals.

Raninger: In Summe sind das Markt- und Zinsumfeld für Immobilien generell nicht förderlich – damit steht Wien aber nicht allein da, sondern das betrifft auch andere Regionen Europas, wie beispielsweise Deutschland. Insofern sehe ich die Stadt nicht als Epizentrum der Immobilienkrise. Die aktuell größte Herausforderung liegt im Bereich der enorm gestiegenen Fremdkapitalkosten. Bei Vorsorgewohnungen sind diese aktuell durch die Mieteinnahmen schwer zu decken. Auch die Anschaffung von Eigenheimen ist durch das gestiegene Zinsumfeld sowie durch die regulatorische KIM-Verordnung um vieles schwieriger geworden. Daher geht der Trend auch in Wien weg vom Eigenheim und hin zum Mietermarkt. Für Investoren, die für die Anschaffung von Immobilien wenig bis kein Fremdkapital benötigen, bleiben Immobilieninvestments aber nach wie vor interessant. Insbesondere Zinshausliegenschaften bieten oftmals erhebliches Marktwertpotenzial. Ebenfalls nachgefragt bei Großinvestoren waren Büroimmobilien in Wien.

Das müssen Sie erklären. Gerade dieses Segment steht doch derzeit in vielen Städten unter Bewertungsdruck. 

Raninger: Nach dem Homeoffice-Boom in der Corona-Krise kehren die Leute doch vermehrt wieder ins Büro zurück, und daher gab es in diesem Jahr eine verstärkte Nachfrage nach Büroräumlichkeiten. Allerdings wurden in Wien deutlich weniger Büroflächen neu geschaffen, was sowohl Mietpreise als auch Bewertungen beeinflusst.

Vor der Zinswende wurden speziell institutionelle Investoren in Sachwerte getrieben. Nun gibt es wieder Alternativen. Merken Sie, dass die Nachfrage im Immobiliengeschäft nachlässt?

Raninger: Ja, das merken wir. Der Rentenmarkt bietet wieder Möglichkeiten. Sogar beim Festgeld sind je nach Bindungsdauer wieder 4 Prozent zu erzielen. Das Anlagespektrum ist insgesamt wieder breiter.

 

Für einen „Sachwerte-Spezialist“, als der sich die Wiener Privatbank positioniert, also nicht das bestmögliche Umfeld…

Raninger: Jede Marktphase, ob Niedrig- oder Hochzinsumfeld, hat ihre Herausforderungen, eröffnet aber auch Chancen. Unser Geschäftsmodell ist gut diversifiziert und daher haben wir für jede Marktphase auch passende Angebote. Als kleine Bank haben wir zudem die Flexibilität, uns auf neue Rahmenbedingungen rasch einstellen zu können, und das nutzen wir. Keine Phase hält dauerhaft an und auch das Hochzinsumfeld wird sich aber wieder ändern. Die Wirtschaftsentwicklung geht zurück, die Inflation sinkt, weshalb sich das Zinsniveau erwartungsgemäß stabilisieren und wieder absinken wird. In der langfristigen Perspektive hat sich jedoch eines bewahrheitet – egal ob bei Aktien oder Immobilien: Die Attraktivität des Sachwertes geht nicht verloren.

Sie haben im September dieses Jahres einen neuen Leiter für das internationale Private-Banking-Geschäft ernannt. Was steckt dahinter?

Raninger: Wir haben einige Kunden aus den USA, was aus der Historie unserer Bank heraus resultiert. Wir haben 2016 die Valartis Bank übernommen und dadurch ein Portfolio an US-Kunden in der Bank integriert. Für diese internationalen Kunden ist der Standort Wien als Veranlagungsregion interessant und wir betreuen diese Klientel mit einem eigenen Team aus Wien heraus – gerade in Osteuropa bei den geltenden Sanktionen sehr selektiv. Bei den US-Kunden haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, weil wir die Fatca-Anforderungen erfüllen können. Das können in Österreich wenige, bis keine andere Bank.

Ansonsten ist die Konkurrenz am österreichischen Markt hoch. Im Private Banking zeigt sich das auch am Margenniveau, bei dem der österreichische Markt im europäischen Vergleich am unteren Ende liegt. Wird sich die Branche in den kommenden Jahren weiter konsolidieren?

Raninger: An Bankenarmut leiden wir hierzulande wahrlich nicht. Landesweit gibt es rund 500 Banken – bei einer Einwohnerzahl, die knapp ein Zehntel Deutschlands beträgt. Der Markt ist also klein und dicht besetzt. Insofern besteht wohl auch in den kommenden Jahren Potenzial für weitere Konsolidierung.


Über den Interviewten: 

Christoph Raninger ist seit 2020 Vorstandsvorsitzender der Wiener Privatbank. In seiner Laufbahn war er bereits Vorstandsmitglied mehrerer Banken: von 2015 bis 2019 bei der Anadi Bank sowie zuvor bei der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), der Bawag PSK sowie der UniCredit CAIB.

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