Strategie für Private Banker und Family Officer Der richtige Weg bei beratungsintensiven Kunden

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Seit einiger Zeit bewegen Herrn Müller viele Fragen rund um seine Unternehmensnachfolge. Susanne und Hans arbeiten bereits im väterlichen Unternehmen mit erster Führungsverantwortung. Dabei hat sich Susanne durch ein exzellentes Maschinenbaustudium und eine zweijährige Tätigkeit in einem amerikanischen Maschinenbauunternehmen hervorgetan. Hinzu kommt, dass sie seit ihrem Einstieg im väterlichen Unternehmen vor zwei Jahren mehrfach in Problemsituationen erfolgreich reagiert hat. Ihr Bruder Hans ist dagegen vor allem durch ein exzessives Partyleben während seines nicht abgeschlossenen BWL-Studiums in Erscheinung getreten. Vor einem Jahr hat er sein Studium unterbrochen, um seinem Vater bei der Führung des Unternehmens zu assistieren.

Hans ist in den Augen seines Vaters der einzig infrage kommende, ideale Unternehmensnachfolger. Deshalb möchte er, dass sein Sohn später das Unternehmen ohne größere Belastungen erhält. Seine Frau und seine übrigen Kinder sollen irgendwie abgefunden werden, ohne das Unternehmen zu belasten. Die Kinder aus erster Ehe sollen möglichst nichts erhalten. Seine Frau soll darüber hinaus im Falle seines Todes seine Villa sowie das Ferienhaus in Florida erhalten.

Drei Möglichkeiten

Bereits die Fallbeschreibung macht deutlich, dass eine Umsetzung des gewünschten Szenarios nicht nur schwierig, sondern vermutlich unmöglich ist. Sofern das Ganze wie gewünscht testamentarisch umgesetzt werden würde, drohen unter anderem Pflichtteilsforderungen in zweistelliger Millionenhöhe. Hinzu kommt, dass Hans von jedem außenstehenden Berater als absolut ungeeigneter Unternehmensnachfolger gesehen wird.

In diesem Moment haben Sie als Berater drei Möglichkeiten: Entweder Sie präsentieren Ihrem Mandanten ein emotionsloses Ergebnis. Verpacken Sie das Ganze hinter einer Menge Zahlen und Grafiken und versuchen darzustellen, dass die Situation nun einmal so ist, wie sie ist. Die zweite Möglichkeit ist, mit der nötigen Begeisterung die Ziele und Wünsche Ihres Mandanten blind umzusetzen. Das heißt, an der Gestaltung entsprechender Regelungen, egal wie unsinnig sie sein mögen, mitzuwirken und ihren Mandanten darin zu bestärken. Das ist eben schön einfach und konfliktfrei, frei nach dem Motto: Nach mir die Sintflut.

Vergessen Sie die beiden bisher genannten Möglichkeiten. Die dritte Variante ist die einzig richtige: Nehmen Sie diese herausfordernde Beratungssituation mit Leidenschaft und Engagement an. Beißen Sie in den sauren Apfel, zeigen und sagen Sie Ihrem Mandanten, dass das so nicht geht und alternative Lösungen gesucht werden müssen. In diesem Zusammenhang muss man Herrn Müller auch deutlich sagen, dass sein Sohn Hans als Unternehmensnachfolger absolut ungeeignet ist und er nach Alternativen suchen sollte. Man sollte deutlich anmerken, dass seine Tochter Susanne möglicherweise eine gute Unternehmensnachfolgerin sein könnte. Außerdem sollte man Herrn Müller auch auf die Bedürfnisse, Wünsche und Rechte der übrigen Familienmitglieder inklusive der Kinder aus erster Ehe hinweisen. Auf Basis all dessen sollte dann eine neue Strategie entworfen werden.