Statt Diskussion um aktiv vs. passiv, Teil 2 Was der ETF-Erfolg mit Märkten und Portfolios macht

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Passives Investieren beschreibt eine Anlagestrategie, die auf der Idee basiert, in den Markt im Ganzen zu investieren. Anlagen werden basierend auf einem Börsenindex getätigt, in der Regel mittels Indexfonds beziehungsweise ETFs.

Diese Anlagestrategie verspricht zahlreiche Vorteile: Sie ist einfach umzusetzen, der zeitliche Aufwand ist niedrig, da keine einzelnen Titel verfolgt werden müssen, das Portfolio ist ausreichend diversifiziert, man profitiert von der Rendite des jeweiligen Indexes (positiv oder negativ) und die Kosten sind gering aufgrund niedrigster Managementgebühren und Transaktionskosten, da die Umschichtungsaktivitäten geringgehalten werden. An dieser Stelle muss allerdings festgehalten werden, dass es ein vollkommen passives Investieren – zumindest aus unserer Sicht – nicht gibt, da auch bei einer passiven Investmentstrategie immer gewisse aktive Entscheidungen getroffen werden müssen.

Aktives Investieren dagegen beschreibt eine Anlagestrategie, in der ein Portfolio aktiv verwaltet wird. Dabei können verschiedene Methoden wie beispielsweise Fundamentalanalyse, technische Analyse, volkswirtschaftliche, Branchen- oder Unternehmensanalysen zum Zug kommen. Ziel ist das Erreichen einer Überrendite im Vergleich zum Markt beziehungsweise einem Vergleichsindex.

Grundsätzlich gibt es zwei Quellen für eine solche Überrendite: Stockpicking und Market-Timing. Beim Stockpicking versucht der aktive Fondsmanager gezielt jene Aktien oder andere Anlagen herauszupicken, die auf Basis seiner Informationen und Analyse die attraktivste Rendite (unter Berücksichtigung der Risiken) versprechen.

Beim Market-Timing versucht der aktive Fondsmanager zu einem möglichst idealen Zeitpunkt in den Markt oder in einzelne Wertschriften ein- oder auszusteigen, ganz nach dem Motto „buy low, sell high“. Alternativ können die Instrumente, die einem aktiven Investor zum Schlagen des Marktes beziehungsweise eines Indexes bei Mischmandaten zur Verfügung stehen, wie folgt unterteilt werden: Allokation (mehr oder weniger Renten, Aktien oder Kasse als der Index), Selektion (welche Einzeltitel wurden in der jeweiligen Anlagelasse mit welcher Gewichtung gewählt) und Währung. In der „reinen“ Form aktiven Investierens, sowie wir sie verstehen, gibt es keinerlei Stichtags- oder Benchmark-Betrachtung, was zu einer vollkommenen Unabhängigkeit im Denken und Handeln führt.

Erklärungsversuch für den ETF-Erfolg

Argumente für passive Investments sind schnell gefunden: Tatsache ist, dass es nur wenigen aktiven Fondsmanagern gelingt ihren Vergleichsindex über einen längeren Zeitraum zu übertreffen. Gemäß einer Studie des ETF Anbieters Lyxor erzielten 2016 nur 28 Prozent der aktiven Fondsmanager eine Outperformance gegenüber ihrem Vergleichsindex. Über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet sinkt diese Zahl sogar auf durchschnittlich 19 Prozent.

Gelang es aktiven Fondsmanagern in den 1960er und 1970er Jahren noch eher eine Überrendite zu erzielen, so haben sich die Zeiten nicht zuletzt wegen der technologischen Entwicklung geändert. Das Handelsvolumen ist in den vergangenen Jahrzenten rasant gestiegen, relevante Informationen stehen überall und nahezu ohne Verzögerung zur Verfügung, es wird mehr Recherche betrieben als je zuvor und neuartige Ansätze wie „Algorithmic Trading“ wurden vermehrt in die Praxis umgesetzt.

Dies alles hat einer verbesserten Preisfindung im Sinne eines effizienten Markts verholfen. Demzufolge liegt die unbeständige Performance von aktiven Fondsmanagern nicht zuletzt auch in der Theorie begründet. Ein Gegenargument der Befürworter aktiver Strategien ist, dass gerade die Preisfindung erschwert wird, weil zum Beispiel im Rahmen von sogenanntem Program-Trading ganze Wertpapier- und ETF-Blöcke den Preisfindungsprozess verzerren.

Soweit die Theorie und die Argumentation der Befürworter passiver Lösungen. Allerdings sind diese Statistiken oft extrem verfälscht:

  • Es wird vereinfacht angenommen, dass alle ETFs „Passives Investieren“ und alle anderen Fonds und Investoren, die direkt und nicht über Fonds investieren, „Aktives Investieren“ repräsentieren. Fakt ist allerdings, dass die überwiegende Zahl von Fonds (und auch die meisten anderen Marktteilnehmer) aber sehr nahe an einer Benchmark investieren. Wirklich aktive Investoren gibt es wenige. Das liegt vor allem an den Anreizsystemen der Branche. Generell ist es nicht einfach unabhängig zu denken und zu handeln und sich von den oft vereinfachten Denkansätzen der Industrie zu befreien.

  • So ist es auch wenig verwunderlich, wenn der Großteil der aktiven Fonds, die eigentlich quasi-passiv investieren, nach Berücksichtigung sämtlicher Kosten eine Minderrendite im Vergleich zum Index erzielt.

  • Fondsmanager, die einer tatsächlichen aktiven Strategie folgen, werden dagegen bei der Analyse möglicherweise außer Betracht gelassen, da sie über keinen expliziten Vergleichsindex verfügen und sich so nicht direkt vergleichen lassen.

  • Die Fristigkeiten sind meist recht kurz gewählt.

  • Neben der Performance sind auch das eingegangene Risiko und die Liquidität der Investments zu vergleichen. In den meisten Vergleichen von aktiv und passiv wird das Risiko allerdings ausgeblendet.

  • Es wird allgemein akzeptiert, dass Indizes den vermeintlichen Markt darstellen beziehungsweise definieren, und dass aktive Manager diese Indizes als Benchmarks brauchen. Das ist aber eine recht vereinfachte Sichtweise.

  • Auch ETFs haben Kosten: Meist werden Fonds mit Indizes verglichen. Richtig ist aber, Gleiches mit Gleichem zu vergleichen. Also entweder Fonds mit ETFs auf Indizes oder aber Indizes mit Fonds vor Kosten.

Die jüngsten, umfassenderen Analysen zur Frage, ob aktives Investieren zu Überrenditen führen kann, kommen übrigens zu einem differenzierteren Ergebnis (Gerakos, Linnainmaa und Morse, 2016). Im Gegensatz zu älteren Studien, die oft eine sehr breit gefasste Basis von aktiven Investoren untersuchten, wurde die Analyse bei der vorhin erwähnten Studie in unterschiedliche Kategorien von aktiven Investoren unterteilt: So sollen institutionelle Fondsmanager während dem untersuchten Zeitraum von 2000 bis 2012 im Durchschnitt eine deutliche Überrendite erzielt haben, während Retail-Fonds nach Kosten nahezu identisch mit dem Vergleichsindex abschnitten und nicht delegiertes Kapital ein negatives Alpha generierte.

Auch wenn Grundfunktionsweisen sich nicht ändern und Märkte sich in wiederkehrenden Zyklen bewegen, lebt der Markt und verändert sich über die Zeit. Damit ist eine einfache, unangepasste Extrapolation der Vergangenheit mitunter gefährlich. So einfach ist es leider nicht. Die Vergangenheitsanalyse darf nur ein Anhaltspunkt bleiben. In dieser Diskussion ist zu beachten, dass eben gerade das Diskussionsobjekt selber, also passives Investieren beziehungsweise ETFs, bereits merklich die Verhaltensweise von Märkten verändert.