Research von Bantleon 2018 wird das Exit-Jahr der EZB

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Alles in allem sind die meisten Faktoren, die den Inflationsprozess gebremst haben, aus Sicht der EZB vorübergehender Natur. Wenn sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzt, wird die Inflation früher oder später anziehen. Mithin gib es keinen Grund, am traditionellen Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlicher Kapazitätsauslastung und Inflation zu rütteln.

Technisch gesprochen erwarten die Währungshüter, dass die derzeit immer noch negative Outputlücke – das heißt, die aktuelle Produktion liegt unter dem Produktionspotential – in den nächsten Quartalen ins Positive dreht, womit steigender Preisdruck einhergeht. Absolute Voraussetzung für das EZB-Szenario ist der Fortgang des Aufschwungs.

Für die nächsten zwei Jahre rechnet die Notenbank damit, dass das Expansionstempo weiterhin über der Wachstumsrate des Produktionspotentials liegt, die aktuell lediglich auf gut 1,0 Prozent geschätzt wird. Für 2017 prognostizieren die Währungshüter ein BIP-Wachstum der Eurozone von 1,9 Prozent, 2018 sollen 1,8 Prozent erreicht werden, nach 1,6 Prozent 2016. Dabei unterstellen sie offenbar eine recht gleichmäßige Entwicklung, also BIP-Zuwächse pro Quartal von +0,4 Prozent bis +0,5 Prozent.

Aus unserer Sicht wird es etwas volatiler zugehen. Das 1. Halbjahr 2017 dürfte die EZB unterschätzt haben. Nach einem BIP-Zuwachs von +0,6 Prozent im 1. Quartal 2017 rechnen wir für das 2. Quartal mit einer Steigerung auf +0,7 Prozent bis +0,8 Prozent. Auf das Jahr hochgerechnet lag das Expansionstempo somit bei 2,5 Prozent bis 3,0 Prozent.

Mithin dürfte das Wachstum der vergangenen sechs Monate so kräftig ausgefallen sein wie letztmals vor sechs Jahren. Dies steht im Einklang mit den Stimmungsindikatoren, die im Mai und Juni allesamt mehrjährige Höchststände erreicht haben. Inzwischen lassen auch die realwirtschaftlichen Daten aufhorchen.

Dies bedeutet zugleich, dass die Kapazitätsauslastung in den vergangenen Monaten merklich zugenommen hat. Sollte das zweite Halbjahr so weitergehen, würde die Konjunktur geradewegs auf eine Überhitzung zusteuern. Der Druck auf die EZB, weitere Ausstiegssignale zu geben, dürfte damit kurzfristig noch zunehmen.