Research von Bantleon 2018 wird das Exit-Jahr der EZB

Verantwortet bei Bantleon das Research für die wirtschaftliche Entwicklung und Geldpolitik in der Eurozone, in Osteuropa und in der Schweiz: Daniel Hartmann

Verantwortet bei Bantleon das Research für die wirtschaftliche Entwicklung und Geldpolitik in der Eurozone, in Osteuropa und in der Schweiz: Daniel Hartmann

Die Wende in der ultraexpansiven Geldpolitik ist nicht nur in den USA, sondern auch in Europa bereits in vollem Gange. Dafür gibt es klare Belege. Seit April dieses Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) den monatlichen Ankauf von Wertpapieren von 80 auf 60 Milliarden Euro reduziert.

Gleichzeitig ließ die Notenbank ihr Programm zur Vergabe von Langfrist-Tendern an Banken auslaufen, über das diese in vierteljährlichen Auktionen Zentralbankgeld mit bis zu 4-jähriger Laufzeit zu Zinssätzen zwischen -0,40 Prozent und 0,00 Prozent ersteigern konnten. Schließlich sehen sich die Währungshüter nicht länger in unmittelbarer Alarmbereitschaft und rechnen seit Juni mit keiner weiteren Leitzinssenkung mehr.

Vor zwei Wochen – anlässlich einer Rede im portugiesischen Sintra – hat Notenbankpräsident Mario Draghi das Tor zum geldpolitischen Rückzug weiter aufgestoßen. Dabei ging er indes subtil vor. Er wies nicht explizit auf bevorstehende geldpolitische Straffungen hin. Vielmehr will der EZB-Präsident eine ungewollte Lockerung verhindern. Diese würde sich zwangsläufig ergeben, wenn die konjunkturelle Belebung anhält. Mithin sinken zum Beispiel bei anziehender Inflation die Realzinsen.

Um das zu verhindern, muss die Notenbank mit einer weniger expansiven Ausrichtung gegensteuern, also zum Beispiel die Wertpapierkäufe reduzieren oder die Leitzinsen anheben. Der französische Notenbankpräsident Villeroy de Galhau stieß kurze Zeit später ins gleiche Horn: „Die Intensität der akkommodierenden Geldpolitik muss an das wirtschaftliche Umfeld angepasst werden.“

Draghi begründete in Sintra ausführlich, warum die Zeit für die geldpolitische Wende reif ist, obwohl die Inflation immer noch ein Stück vom Ziel der EZB entfernt ist. Die Währungshüter sind überzeugt davon, dass die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone inzwischen nachhaltig Tritt gefasst hat und damit die Krise der vergangenen Jahre überwunden ist. In der Folge sollte auch der Inflationsprozess in Schwung kommen – Letzteres dauert dieses Mal nur länger.

Dass die Kerninflation, in der sich der fundamentale Preisdruck widerspiegelt, auch vier Jahre nach Beginn der zyklischen Erholung immer noch bei lediglich 1,0 Prozent liegt – beziehungsweise sogar leicht darunter - hat laut EZB folgende Gründe:

Bis zu zwei Drittel der schwachen Entwicklung wird dem massiven Öl- und Rohstoffpreisverfall der Jahre 2014/15 zugeschrieben. Von diesem globalen Disinflationsschock sind nicht nur direkte über den Import von Rohstoffen, sondern auch indirekte preisdämpfende Wirkungen ausgegangen, etwa auf Flugtickets.

Eng damit verbunden ist, dass sich die Lohnverhandlungen in den vergangenen Jahren an der Nullinflation ausgerichtet haben. Das Lohnwachstum fällt daher selbst in Deutschland verhältnismäßig moderat aus.Lediglich eine Nebenrolle spielen strukturelle Faktoren. So haben etwa die zahlreichen Arbeitsmarktreformen in Südeuropa die Lohnzurückhaltung begünstigt. Gleichzeitig ist es in vielen Ländern zu einer Ausweitung des Arbeitsangebots etwa durch Zuwanderung gekommen, was ebenfalls dämpfend gewirkt hat.