Nach BFH-Urteil Anleger dürfen Verluste mit Einkünften verrechnen

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Zahlenbeispiel

Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen: 100.000 Euro. Nicht ausgeglichener Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, ohne Verluste aus der Veräußerung von Aktien: -20.000 Euro

Nach Antrag auf Günstigerprüfung beträgt der persönliche Steuersatz (Spitzensteuersatz in Höhe von 45 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag exklusive Kirchensteuer): 47,475 Prozent. Die Steuerzahlung umfasst nach Verwaltungsauffassung 47.475 Euro, nach BFH-Rechtsprechung 37.980 Euro.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf der nicht ausgeglichene Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von -20.000 Euro die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 100.000 Euro, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen, nicht mindern. Der zum Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellende Verlust in Höhe von - 20.000 Euro reduziert nach Meinung der Finanzverwaltung in den folgenden Veranlagungszeiträumen die der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen des Steuerpflichtigen.

Nach BFH-Rechtsprechung resultiert im Jahr der möglichen Verrechnung ein Steuervorteil für den Steuerpflichtigen in Höhe von 9.495 Euro. Unterstellt man im vorliegenden Beispiel, dass der Verlust nach Verwaltungsauffassung zum Ende des Veranlagungszeitraumes im folgenden die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, in Höhe von 20.000 Euro mindert, reduziert sich der Steuervorteil aus der BFH-Rechtsprechung ohne Berücksichtigung von Zeiteffekten und Kirchensteuer auf 4.220 Euro.

Der im obigen Beispiel resultierende Steuervorteil setzt sich zusammen aus der verringerten Steuerzahlung im Jahr der Verrechnung in Höhe von 9.495 Euro abzüglich des verminderten Verlustverrechnungspotenzials im Folgejahr in Höhe von 5.275 Euro (20.000 Euro x 26,375 Prozent). Der Steuersatz in Höhe von 26,375 Prozent ergibt sich aus dem Abgeltungssteuersatz in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag, der 5,5 Prozent der Abgeltungsteuer beträgt.

Handlungsempfehlungen für den Steuerpflichtigen

Übersteigt der persönliche Einkommensteuersatz zuzüglich Solidaritätszuschlag 26,375 Prozent, sollte im Allgemeinen bei Vorliegen negativer Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen, und positiver Einkünfte aus regelbesteuertem Kapitalvermögen ein Antrag auf Günstigerprüfung gestellt werden.

Folgt das Finanzamt bei Veranlagung nicht der dargestellten BFH-Rechtsprechung und verrechnet die negativen Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen, nicht mit den Einkünften aus regelbesteuertem Kapitalvermögen, sollte der betroffene Steuerpflichtige unter Bezugnahme auf vorstehend genanntes BFH-Urteil Einspruch gegen den ergangenen Steuerbescheid einlegen.

Über die Autoren:
Sven Oberle leitet die Tax-Praxisgruppe Private Client Services der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Sein Team berät Mittelständler, vermögende Privatpersonen und Family Offices in Steuerangelegenheiten.

Christian Katzer ist Mitarbeiter in der Tax-Praxisgruppe Private Client Services. Sowohl Oberle als auch Katzer waren vor EY für Deloitte tätig.

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