Die Finca im Blick der Steuerfahnder „Die Zahl der Strafverfahren wird ab September rapide zunehmen“

Michael Olfen (l.) und Fabian Meinecke von der Rechtanwaltskanzlei Oberwetter und Olfen

Michael Olfen (l.) und Fabian Meinecke von der Rechtanwaltskanzlei Oberwetter und Olfen

private banking magazin: Wer ist vom „Big Bang“ betroffen? Jeder Inhaber einer Immobilie oder nur Gesellschafter, deren Immobilie von einer Gesellschaft, mehrheitlich ja wohl einer Sociedad de responsabilidad Limitada, kurz S.L., gehalten wird?

Michael Olfen: Grundsätzlich jeder. Der automatische Austausch von Finanzdaten in Steuersachen der OECD zwischen den inzwischen über teilnehmenden 100 Staaten ist allgemein gefasst. Prinzipiell werden von den Meldepflichten alle natürlichen Personen und Gesellschaften, die Rechtsträger, erfasst.

Die enormen Auswirkungen auf Deutsche mit Immobilienbesitz ergeben sich daraus, dass alle mit dieser früher steuerlich vorteilhaften und unbedenklichen Gestaltung jetzt unfreiwillig bei den deutschen Finanzämtern auffliegen, indem für die Besteuerung relevante Daten von den spanischen Finanzämtern automatisch gemeldet werden. Die von Ihnen angesprochene Gestaltung von Immobilienbesitz über eine S.L. hat nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erhebliche Folgen für zahlreiche Altfälle.

Was waren beziehungsweise sind die Vorteile und Gründe, Immobilien in einem Gesellschaftsmantel zu verpacken?

Olfen: Im Einzelnen führten vermögenssteuerliche und erbschaftssteuerliche Vorteile sowie die Vermeidung einer kommunalen Wertzuwachssteuer, der sogenannten Plusvalía, dazu, die Gestaltung über eine S.L. zu wählen. Auch bei der spanischen Grunderwerbssteuer gab es attraktive Gestaltungsmöglichkeiten bei der Zwischenschaltung einer S.L. Daneben stehen praktische Vorteile: Die Gesellschafter können weitgehend anonym bleiben, weil nur die S.L. nach außen in Erscheinung tritt.

Welchen Vorwurf werden die Behörden geltend machen?

Olfen: Wenn man von einem Vorwurf spricht, muss zwischen den steuerlichen und den strafrechtlichen Folgen unterschieden werden. Die steuerliche Lage verschärft sich aktuell, forciert durch den Finanzdatenaustausch, erkennbar zu einem strafrechtlichen Thema. Zunächst ist durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Anm. d. Redaktion: Urteil vom 12. Juni 2013, Aktenzeichen: I R 109/10) erkannt worden, dass die unentgeltliche Nutzung einer in Spanien belegenen Ferienimmobilie einer spanischen S.L. durch deren in Deutschland ansässige Gesellschafter bei den Gesellschaftern als verdeckte Gewinnausschüttung in Gestalt der verhinderten Vermögensmehrung zu behandeln ist und das Besteuerungsrecht daran in Deutschland liegt. Alle, die Immobilien über eine S.L. halten, haben damit grundsätzlich Steuern verkürzt.

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Fabian Meinecke: Damit nicht genug: Im vergangenen Jahr sind drei weitere Urteile des Bundesfinanzhofs ergangen, in denen ausführlich auf die Berechnung des Verkürzungsbetrags eingegangen wird. Im Kern wird durch diese Urteile der Familienvater, der seine privat genutzten Immobilien über eine S.L. hält, einem gewinnorientierten Gewerbetreibenden gleichgestellt, der als „gewissenhafter“ Geschäftsleiter die unentgeltliche Nutzung einer Immobilie durch Gesellschafter und deren Ausbau nur gegen volle Kostentragung gegenüber der Gesellschaft zuzüglich eines Gewinnaufschlags gestattet. Damit hat der Bundesfinanzhof dem Ausweg über eine rückwirkende Vereinbarung einer Miete am unteren Marktrand, die von manchen als Lösung vorgeschlagen worden war, eine klare Absage erteilt.

Was passiert mit ehemaligen Immobilienbesitzern, deren Immobilie in einer S.L. war, diese durch den Verkauf der Immobilie aber aufgelöst wurde?

Olfen: An der Sachlage ändert sich zunächst nichts. Wer seine S.L. aufgelöst hat, sollte sich nicht dem Trugschluss hingeben, er sei damit raus. Die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden und für die Jahre vor der Liquidation Post vom Finanzamt zu bekommen, ist tatsächlich etwas geringer nach der Liquidation. Wird aber bekannt, dass der steuerpflichtige Gesellschafter seine S.L. aufgelöst hat, könnte eine Berichtigung versperrt sein. Bei Hinterziehung betragen sowohl Festsetzungsverjährung als auch die strafrechtliche Verfolgungsverjährung zehn Jahre – zumindest bei den regelmäßig erreichten Beträgen von über 50.000 Euro. Die Leiche bleibt also im Keller.