Irrationales Anlegerverhalten, Teil 5 Übermäßiges Selbstvertrauen verzerrt das Urteilsvermögen

Seite 2 / 3

Neben dem Gamblers fallacy existiert auch der sogenannte Conjunction fallacy, wonach es ebenso bei der Wahrscheinlichkeitsbeurteilung zweier Ereignisse zu systematischen Verzerrungen kommt. So kann gemäß der Wahrscheinlichkeitstheorie die Eintrittswahrscheinlichkeit zweier Ereignisse nie größer sein als die Wahrscheinlichkeit eines der einzelnen Ereignisse. Dennoch ist zu beobachten, dass Menschen die Wahrscheinlichkeit zweier Ereignisse als höher einschätzen, sofern das gemeinsame Ereignis gegenüber dem Einzelereignis über eine höhere Repräsentativität verfügt.

Dies bestätigt beispielsweise eine bekannte empirische Untersuchung von Kahneman und Tversky. Probanden wurde eine hypothetische Person vorgestellt, die wie folgt beschrieben wurde: Linda ist 31 Jahre jung, hat ihr Studium im Bereich Philosophie abgeschlossen, ist sehr intelligent und gilt zugleich als ausgezeichnete Rednerin. Weiter hat sie sich während des Studiums ausgiebig mit den Themen Diskriminierung und Menschenrechte beschäftigt und zudem an Anti-Atomstrom-Demonstrationen teilgenommen. Anschließend wurden die Teilnehmer nach der Wahrscheinlichkeit gefragt, ob Linda

  1. eine Bankangestellte oder
  2. eine Bankangestellte und zugleich aktives Mitglied in der Frauenbewegung ist.

Rund 90 Prozent der Teilnehmer waren der Ansicht, dass es wahrscheinlich ist, dass Linda neben einer Bankangestellten auch aktiv in der Frauenbewegung ist. So scheint bei den Versuchspersonen ein Schema vorzuherrschen, wonach eine Frau, die sich für Menschenrechte und Diskriminierung interessiert, zugleich auch aktiv in der Frauenbewegung sein muss. Auch aus diesem Experiment wird deutlich, dass Menschen repräsentative Ereignisse als wahrscheinlicher beurteilen und damit einhergehend gegen die Wahrscheinlichkeitsaxiome verstoßen.

Hindsight Bias

Im Nachhinein sind wir alle schlauer. Menschen neigen dazu, im Nachhinein die Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen anders zu beurteilen, als dies vor dem Eintreffen des Ereignisses der Fall gewesen ist. So wird im Nachhinein behauptet, den Ausgang eines Ereignisses, genau wie letztlich passiert, prognostiziert zu haben. „Ich habe doch gewusst, dass es so kommen musste“ oder „Es war doch klar, dass es sich bei dieser Kursentwicklung um eine Blase gehandelt hat“ oder auch „Die Aktie musste doch steigen, das war doch ganz logisch“. Bei diesem Verhalten wird vom sogenannten Hindsight Bias gesprochen.

Als mögliche Beispiele könnten hierbei unter anderem das Platzen der Dotcom-Blase oder die US-amerikanische Immobilienkrise aus dem Jahr 2008 herhalten. Im Nachgang dieser Ereignisse, konnte der Eindruck gewonnen werden, dass es für diverse Politiker, Notenbanker, Ökonomen oder auch Investoren angeblich immer schon vollkommen klar war, dass es zu diesen Krisen und den daraus resultierenden Konsequenzen kommen musste.

Menschen, die dem Hindsight Bias unterliegen, neigen dazu im Nachgang, die beobachteten Ergebnisse als einzig mögliche Konsequenz zu betrachten. Hierbei wird häufig die im Vorgang mit dem Ereignis einhergehende Unsicherheit deutlich und systematisch unterschätzt, bei gleichzeitiger Unterbewertung der möglichen Alternativresultate. Der Hindsight Bias bildet somit die Grundlage für die Überzeugung, dass zukünftige Ereignisse leicht prognostizierbar sind. Ein falsches Sicherheitsgefühl ist häufig die Konsequenz.

Menschen fällt es sehr schwer, die in der Vergangenheit getätigten Gedanken vollständig und richtig zu rekonstruieren. So unterscheidet sich die persönliche Ex-post-Betrachtung von Aussagen oder Gedanken meist deutlich von den vor dem Eintritt des Ereignisses getätigten Ex-ante-Aussagen. Häufig können sich die Entscheidungsträger im Nachhinein gar nicht mehr an ihre Ex-ante-getätigten Aussagen oder Prognosen erinnern. So werden die Fehler aus der Vergangenheit letztlich ignoriert, und ein möglicher Lerneffekt bleibt aus. Als Folge dessen wird häufig auch die eigene Prognosefähigkeit bezüglich zukünftiger Ereignisse überschätzt

Ein möglicher Erklärungsgrund für das Auftreten des Hindsight Bias könnte darin liegen, dass sich Menschen gern gegenüber ihren Mitmenschen positiv darstellen und letztlich ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse hervorheben möchten. Ferner kann eine mögliche Erklärung in der Selektivität des menschlichen Gehirns liegen.