Jörg Hueber und Dominik von Au von der Peter-May-Gruppe „Die Schwelle, aus einem Family Office auszusteigen, ist relativ niedrig“

Dominik von Au links und Jörg Hueber rechts

Dominik von Au links und Jörg Hueber rechts: Hueber leitet die Family Office Services von Peter May, von Au ist neuer geschäftsführender Gesellschafter der Peter-May-Gruppe. Foto: Peter-May-Gruppe

private banking magazin: Die Lebensspanne von Unternehmen nimmt seit Jahren ab. Sterben damit auch klassische Unternehmerdynastien wie Haniel oder Freudenberg aus?

Dominik von Au: Das sehe ich so glücklicherweise nicht in der Breite. Familienunternehmen sind noch immer sehr anpassungsfähig und verbinden Innovation und Tradition. So werden sie dem dynastischen Anspruch gerecht. Was es aber sicherlich braucht, ist ein ganz anderes Tempo und oftmals auch die frühere Einbindung der nächsten Generation.

Warum braucht es die jüngere Generation?

von Au: Der Wandel verläuft nicht mehr linear, die Radikalität haben viele Familienunternehmen noch nicht erfasst. Doch die nächste Generation bringt oftmals Eigenschaften mit, auf die es jetzt ankommt. Sie liebt den Wandel, hat ihn selbst erlebt und von Kindesbeinen an erfahren. Diesen Anspruch trägt sie auch in das Familienunternehmen. Denn wem es nicht gelingt, das Maß an Erneuerung in seinem Unternehmen zu realisieren, das der Markt und das Wettbewerbsumfeld verlangen, verliert.

Familienunternehmen gelten oft als besonders stabil…

von Au: Es gilt die harte Realität des marktkapitalistischen Wirtschaftsmodells. Dieser darwinistischen Grundlogik kann sich niemand entziehen. Nicht einmal unsere Familienunternehmen. Dafür benötigen sie morgen aber mehr denn je ein verändertes Selbstverständnis. Früher hieß es: „Ein Unternehmen, drei Generationen“. Heute braucht es die Offenheit für: „Eine Generation, drei Geschäftsmodelle“. Familienunternehmen werden sich weiter öffnen müssen. Hidden war gestern. Das heißt: Hidden Champion und Abschottungsstrategien sind morgen keine Erfolgsformeln mehr. Im Gegenteil – sie sind vielfach Sargnägel.


Herr Hueber – wo bemerken Sie eine Veränderung in der Struktur der Familienunternehmen?

Jörg Hueber: Wir beobachten drei Zeitphasen: Von 1950 bis 2000 waren Inhaberfamilien beinahe ausschließlich auf das Familienunternehmen fokussiert und der größte Teil des Vermögens war im Unternehmen gebunden. Gewinne sind vorrangig in das Familienunternehmen reinvestiert worden. Durch wachsende Vermögen entstanden dann zwischen 2000 und 2020 eine Vielzahl von Single Family Offices, in denen die Inhaberfamilien einen Teil des Vermögens diversifizieren. Meist noch als konservatives und ausgleichendes Gegengewicht zum unternehmerischen Wagnis im Familienunternehmen investieren sie überwiegend in Aktien-, Immobilien- und auch Private Equity-Fonds.

Was kommt nach dieser Phase?

Hueber: In den letzten Jahren beobachten wir – vorrangig ausgelöst durch veränderte Lebensmodelle der Generation der 30- bis 45-Jährigen gegenüber ihren Vorgängergenerationen – eine noch kleine, aber wachsende Anzahl von Inhaberfamilien, die ein zunehmend pragmatisches, in Teilen weniger emotionales Verhältnis zum Familienunternehmen leben. Sie vergleichen es unter den Aspekten von Vermögenssicherheit und Ertragskraft mit anderen Anlagemöglichkeiten und diversifizieren das Vermögen auch im Rahmen einer Gesamtvermögensbewirtschaftung. Zum Familienunternehmen kommen zusätzlich weitere Formen unternehmerischer Direktinvestments wie Beteiligungen an anderen Unternehmen oder Venture Capital.

„Family Equity wird zunehmend Bestandteil der Asset Allokation. Strategische Family Offices gehören daher zum selbstverständlichen Erscheinungsbild des Familienunternehmens der Zukunft.“

Legt die von Ihnen angesprochene Generation also nur mehr Wert auf Diversifikation und löst sich deshalb von den Familienunternehmen?

von Au: Die Gründe sind noch vielfältiger. Keine geeigneten Nachfolger, Uneinigkeit über die weitere Strategie und die eben angesprochene aktive und bewusste Risikodiversifizierung – es gibt zahlreiche Anlässe, warum Inhaberfamilien darüber nachdenken, ihr Unternehmen in Teilen oder auch vollständig zu veräußern. Wir beobachten aber, dass die Familien ein Family Office oder eine Familienholding gründen, um das durch die Verkäufe erworbene Kapital größtenteils gemeinsam zu halten und zu investieren.

Was sind die Vorteile solcher Konstrukte?

von Au: So können Familien weiterhin unternehmerisch tätig sein. Family Equity wird zunehmend Bestandteil der Asset Allokation. Strategische Family Offices gehören daher zum selbstverständlichen Erscheinungsbild des Familienunternehmens der Zukunft. Wichtig ist, die damit verbundenen inhaberstrategischen Fragen gemeinsam zu beantworten. In vielen Fällen begleiten wir Unternehmerfamilien vor, während und nach einem solchen bedeutenden Schritt.