Aktuell erscheinen aufgrund der politisch forcierten Bemühungen um Klimaneutralität und Versorgungssicherheit insbesondere Projekte im Bereich erneuerbare Energien und Versorgungsnetze attraktiv. Daneben hat der breite Digitalisierungsschub während der Corona-Pandemie den Sektoren digitale Infrastruktur und Telekommunikation neuen Rückenwind gegeben. Beide Entwicklungen sollten noch eine Weile anhalten, denn Infrastrukturprojekte sind aufwändig und setzen neben Kapital vor allem einen langen Planungshorizont voraus. Klimaneutralität darf hier durchaus als eine langfristige Entwicklung angesehen werden, die auch für Investoren eine immer größere Bedeutung erhält.
Strukturen für geringere Anlagevolumina in Erneuerbare und Infrastruktur
Weitere Aspekte, die berücksichtigt werden sollten, sind die Langfristigkeit des Engagements sowie die Diversifikation innerhalb des bestehenden Portfolios ebenso wie innerhalb des Infrastruktur-Investments selbst. Da der Zugang zur Anlageklasse typischerweise nur mit großen Tickets in Millionenhöhe möglich ist, kann eine mangelhafte Diversifikation innerhalb der Anlageklasse Auswirkungen auf das ganze Portfolio entfalten.
Deswegen gibt es für Investoren mit kleineren Anlagesummen prinzipiell zwei Möglichkeiten, um in der Anlageklasse zu investieren: Einerseits Angebote über Feeder-Fonds, die ein Engagement schon bei geringerer Anlagesumme ermöglichen – je nach Jurisdiktion ab 100.000 bis 200.000 Euro. Andererseits Dachfonds, die den Vorteil eines breit diversifizierten Portfolios bieten, da sie meistens global sowie in unterschiedliche Infrastruktur-Sektoren investieren und somit eine Vielzahl von Projekten zusammenfassen können. Die Unterschiede der beiden Strukturen im Überblick:
Feeder-Fonds | Dachfonds |
Spezialisierte Asset Manager sowie einzelne Banken sind hier bereits aktiv, vor allem im Segment der Privatbanken. Sie arbeiten meistens mit Feeder-Fonds-Strukturen, also mit in der Regel steuerlich transparenten Vehikeln, in denen sie ihre Kunden bündeln können, um die Größenkriterien des Fonds, in den sie investieren wollen, zu erfüllen. Banken erheben in der Regel Gebühren für die Einrichtung der Struktur und einen Prozentsatz des von den Anlegern bereitgestellten Kapitals. |
Diese bieten regionale beziehungsweise meist globale Diversifikation über Investments in verschiedene Infrastruktur-Fonds, Manager sowie verschiedene Sektoren und Vintage-Jahre und siedeln sich je nach Rendite-Risiko-Präferenz im Bereich Core oder Core+ oder etwas darüber (Core+ und Value Added) an. Für Investoren, die weniger als 20 bis 30 Millionen Euro investieren können und vielleicht auch nicht die Ressourcen für eine entsprechende Due Diligence haben, zahlen sich die etwas höheren Managementgebühren durch einfacheren Zugang und erhebliche Diversifikationsvorteile aus |
Typische Vehikel für ein direktes Engagement sind zum Beispiel die luxemburgische Société en Commandite Spéciale (Spezialkommanditgesellschaft, kurz SCSp) und die an eine luxemburgische Société d’Investissement en Capital à Risque angelehnte Reserved Alternative Investment Funds, auch bekannt unter der Abkürzung Sicar-Raif. Beiden gemeinsam ist, dass sie typischerweise während ihrer definierten Laufzeit nicht liquide sind.
Die Vehikel für Anlagen in Erneuerbare und Infrastruktur
- SCSps bieten als flexible Governance- und Managementvereinbarungen Steuertransparenz und die Möglichkeit der Besteuerung der Investoren (Limited Partners). Damit eignen sie sich zum Vermögensschutz, zur Diversifizierung und zur Kosteneffizienz. Die Betonung liegt hier auf Privatsphäre und Vertraulichkeit.
- Sicavs bieten mit ihrer offenen, regulierten Struktur einen guten Anlegerschutz. Das Vehikel ist in der EU anerkannt und lässt sich gut auf die jeweiligen Strategien anpassen, etwa als Umbrella-Fonds oder in Form mehrerer Teilfonds mit unterschiedlichen Anlagestrategien und Assets.
- Sicars sind geschlossene Fonds und für Private-Equity- und Risikokapitalinvestitionen konzipiert. Ihr niedrigerer Regulierungsgrad steigert die Flexibilität bei den Anlagestrategien. Sie bieten ein Potenzial für höhere Renditen im Bereich des privaten Beteiligungskapitals.
- Raifs können als Sicavs oder Sicars strukturiert werden und bieten im Vergleich zu traditionellen Fonds einen effizienteren und schnelleren Gründungsprozess, wodurch sie Zeit und Kosten sparen können. Ihre Vermarktung an professionelle Anleger ist ohne direkte behördliche Genehmigung möglich. Sie bieten Flexibilität bei der Verfolgung alternativer Anlagestrategien.
In der Schweiz wird mit der neuen Struktur Limited Qualified Investor Fund (L-QIF) eine Alternative zum Luxemburger Raif geschaffen. Der L-QIF unterliegt keiner Bewilligungspflicht durch die Finma und wird von dieser auch nicht beaufsichtigt. Der L-QIF steht ausschließlich qualifizierten Anleger offen und kann als vertraglicher Fonds, als Sicav oder als Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KmGK) aufgelegt werden.
Eine abschließende Sicht auf die Anlageklasse Infrastruktur legt nahe, dass sich auch ein vergleichender Blick ins Ausland lohnen kann, insbesondere in Richtung Norden. Die skandinavischen Länder verfügen über einen hochprofessionellen und entwickelten Markt für Privatmarktanlagen im Allgemeinen und für private Infrastrukturanlangen im Besonderen. Aufgrund der Affinität zu „Clean Energy“ aber auch der geografischen Lage gab es hier schon früh Pioniere im Bereich Windenergie – sowohl Onshore als auch Offshore – und mittlerweile auch in nachgelagerten Lösungen wie Power to X und Energietransmission.
Über den Gastautor:
Marc Dellmann führt als Vertriebschef & Leiter der Dach-Region für Nio Nordic Investment Opportunities von Zürich aus den globalen Vertrieb und spezifisch im deutschsprachigen Raum. In früheren Positionen war er unter anderem bei Munich Private Equity, UBS Asset Management, Allianz Risk Transfer und Apax Partners tätig. Dellmann verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bereich Private Markets, davon 10 Jahre bei UBS Asset Management, wo er das globale Private Equity- und Infrastrukturgeschäft leitete.