Experten klären auf Die ertragsteuerliche Behandlung von virtuellen Währungen und Token

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Dies unterscheidet das Mining von Tätigkeiten wie etwa dem Pokerspielen, bei dem häufig der Spielspaß im Vordergrund steht und die nachhaltige Tätigkeit und/oder ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Beim Mining ist dagegen von vornherein grundsätzlich klar, dass bei späterer Veräußerung der geschürften Werte ein Veräußerungserlös erzielt werden wird. Bezüglich der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit verweist das BMF auf die allgemeinen Kriterien. An die Widerlegung der Vermutung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Somit scheint die Vermutung keine unangemessen weiten Folgen zu haben.

Schwelle zur gewerblichen Tätigkeit bei der Anschaffung und Veräußerung von virtuellen Währungen

Bei der Frage, ob durch den Handel mit virtuellen Währungen eine gewerbliche Tätigkeit begründet wird, zieht das BMF die Kriterien zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel heran. Eine gewerbliche Betätigung setze demnach voraus, dass sich der Steuerpflichtige „wie ein Händler“ beziehungsweise „bankentypisch“ verhält und einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nutzt. Unseres Erachtens ist gerade mit letzterem Erfordernis die Schwelle zur Gewerblichkeit recht hoch angesetzt. Häufige An- und Verkäufe allein begründen noch keine gewerbliche Tätigkeit, auch wenn dabei ein größerer Umfang erreicht wird.

Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre

Auf Grundlage des Paragrafen 23 Absatz 1 Nummer 2 Satz 4 EStG verlängert sich im Bereich des Privatvermögens die Veräußerungs- beziehungsweise Spekulationsfrist auf zehn Jahre, wenn Einheiten einer virtuellen Währung oder Token als Einkunftsquelle genutzt werden und zumindest in einem Kalenderjahr hieraus Einkünfte erzielt worden sind, was laut BMF beispielsweise beim Lending und Staking der Fall sein kann. Insoweit hat das BMF konsequent das Gesetz angewendet, wobei die genannte Vorschrift allerdings angesichts Steuersparmodellen mit beweglichen Wirtschaftsgütern eingeführt wurde, bei denen zunächst steuerwirksam Absetzungen für Abnutzungen geltend gemacht wurden und am Ende eine steuerfreie Veräußerung (nach der einjährigen Spekulationsfrist) vorgenommen wurde.

Bei nicht abnutzbaren Kryptowerten droht von vornherein kein solches Steuersparpotenzial. Hier sollte der Gesetzgeber daher schnell Abhilfe schaffen. Es würde beispielsweise schon reichen, wenn die Verlängerung nur bei beweglichen und somit körperlichen Gegenständen in Betracht kommt.

Im Zusammenhang mit der Verlängerung der Spekulationsfrist stellt das BMF bei einer späteren Veräußerung die Vermutung auf, dass zuerst die Einheiten veräußert wurden, bei denen die Spekulationsfrist bereits abgelaufen ist. Dazu, welche Einheiten als zuerst verliehen oder gestaked gelten und somit der verlängerten Spekulationsfrist unterliegen, äußert sich der Entwurf dagegen nicht. Insoweit wäre es wünschenswert, wenn dem Steuerpflichtigen – auch ohne gesonderte Dokumentation – die Möglichkeit eingeräumt wird, die zuletzt angeschafften Einheiten als verliehen beziehungsweise gestaked zu behandeln.


Insbesondere sollte diesbezüglich nicht zwingend das First In – First Out-Verfahren (FIFO) zur Anwendung kommen. Es sollte vermieden werden können, dass sich bei Einheiten, deren Anschaffung länger zurück, jedoch noch innerhalb des letzten Jahres liegt, die Spekulationsfrist verlängert, nicht dagegen bei Einheiten, deren Anschaffung kürzer zurück liegt.

Verwendungsreihenfolge
Für die Bestimmung der Spekulationsfrist gilt der Grundsatz der Einzelbetrachtung. Aus Vereinfachungsgründen kann aber pro virtueller Währung und Wallet FIFO angewendet werden. Ein Wechsel des Verfahrens ist erst möglich, sobald sämtliche Einheiten der jeweiligen Währung veräußert wurden.

Zugangsbewertung neuer Einheiten bei Forks

Bei einem Fork, also einer eine Änderung des Einheiten-Protokolls, sind gemäß BMF die Anschaffungskosten der bisherigen Einheiten auf die alten und neuen Einheiten aufzuteilen, wenn den neuen Einheiten ein Wert beigemessen werden kann. Der Wert kann entweder mit dem Durchschnittswert aus dem Wechselkurs von drei verschiedenen Handelsplattformen (beispielsweise Kraken, Coinbase und Bitpanda) oder webbasierten Listen (beispielsweise https://coinmarketcap.com/de) angesetzt werden. Ist ein Börsenkurs vorhanden, ist dieser anzusetzen.