Endlich am Ziel Diese Praxistipps ergeben sich aus der Stiftungsreform

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Andere „prägende Bestimmungen“ der Stiftungsverfassung neben denen zum Zweck können geändert werden, wenn sich die Verhältnisse seit Stiftungsgründung wesentlich verändert haben und eine solche Anpassung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Hierzu zählen auch die Bestimmungen über die Verwaltung des Stiftungsvermögens, etwa die Entfernung der Mündelsicherheit. Ob die zahlreichen Nachbesserungen an der Stiftungssatzung, auch zur Verwaltung des Vermögens, in Zukunft ohne erheblichen Begründungsaufwand möglich sein werden, bleibt abzuwarten.

Anlageprozesse statt Anlageerfolge

In fast allerletzter Sekunde ist es noch zu einer Änderung des Gesetzesentwurfs gekommen, wie Stiftungen mit realisierten Gewinnen aus Vermögensumschichtungen umgehen dürfen. Eine Stiftung kann ab Sommer 2023 Umschichtungsgewinne für den Stiftungszweck ausgeben, wenn die Satzung dem nicht entgegensteht und das Stiftungsvermögen erhalten bleibt. So gut die neue Regelung gemeint ist, praktisch wird sie für viele Stiftungen tückisch und auch gegebenenfalls zu verlockend sein. Das kann zu Kontroversen mit der Stiftungsaufsicht führen, die für die Überwachung des Kapitalerhalts zuständig ist.

Die neuen Regeln setzt neben der Satzungsklarheit voraus, dass das Vermögen der Stiftung erhalten bleibt. Die Auskehrung der Gewinne für den Stiftungszweck ist nur erlaubt, wenn eine Stiftung mit der Entnahme ihr Vermögen nicht angreift und dieses zur eigenen Rechtssicherheit zum Beispiel mit einer tagesaktuellen Kapitalerhaltungsrechnung nachweisen kann. Diese weist anders als ein Vermögensreporting einer Bank oder ein Bestandsnachweis die Relation des vorhandenen zum erhaltenden Vermögen aus. Angesichts der Niedrigzinsphase könnten viele Stiftungen versucht sein, Umschichtungsgewinne für die Zweckerfüllung auszugeben und den Kapitalerhalt, der ein Anlageziel für alle Stiftungen ist, zu vernachlässigen.

Der für die Praxis bedeutendste Vorteil des Gesetzes ist die Einführung der bereits im Aktienrecht geltenden Business Judgement Rule (BJR) ins Stiftungsrecht. Diese soll Verantwortungsträgern die Angst vor persönlicher Haftung im Fall von anlagebedingten Vermögensverlusten nehmen. Danach stellt eine Anlageentscheidung, die sich im Nachhinein als falsch erweist, keine Pflichtverletzung dar, wenn die Verantwortlichen keine handwerklichen Fehler gemacht haben, wenn sie also annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Stiftung zu handeln. Zur Beurteilung, ob eine haftungsbegründende Pflichtverletzung vorliegt, stellt das Gesetz also ausdrücklich nicht auf den Anlageerfolg ab, sondern auf den Anlageprozess. Dadurch werden die Haftungsrisiken kalkulierbarer und der Weg zu einer professionelleren Anlage geebnet.

Fazit

Stiftungen sollten diese Zäsur für eine Bestandsaufnahme nutzen und die juristischen Anforderungen der BJR mit ihren ökonomischen Anforderungen zur Deckung überprüfen. Ein geeignetes Mittel dafür ist das Tool „Finanzstatus“. Weil weder der Markt noch das Einführen eines Gesetzes darauf warten, dass ein haftungsrelevanter Fehler passiert, ist jede Stiftung gut beraten, schon jetzt die BJR zu adaptieren, sich Klarheit zu dem Resilienzfaktor des Vermögens und dem Legitimationsgrad der Vermögensanlagen zu verschaffenum Rechtssicherheit für Gremien und Berater zu schaffen.

 


Über die Autoren:
Jörg Seifart ist Inhaber der Gesellschaft für das Stiftungswesen, einem Multi Foundation Office mit Sitz in Düsseldorf, und Namensgeber der Kanzlei GfdS legal. Der Rechtsanwalt gilt als Experte für komplexe Fragestellungen, auch den nicht juristischen, rund um das Stiftungswesen. 

Stefan Fritz ist Geschäftsführer der Bischof-Arbeo-, der St. Antonius- und der St. Korbinian-Stiftung der Erzdiözese München und Freising. Zuvor leitete er das Stiftungsmanagement der Hypovereinsbank. 

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