Kunst-Expertin im Gespräch „Die Rendite liegt im Einkauf“

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Unter welchen Bedingungen eignet sich Kunst als Kapitalanlage?

Polleit Riechert: Nur ganz wenige Kunstwerke eignen sich als Investment. In der Regel sind dies Werke von Künstlern, die jeder kennt: Picasso, Warhol, Banksy. Aber nicht jedes Werk dieser Klassiker ist eine gute Kapitalanlage. Editionen eignen sich weniger, wobei es Ausnahmen gibt. Sonst sollten es Unikate sein und davon immer die besten.

Worauf sollte man bei der Auswahl eines Bildes achten?

Polleit Riechert: Wie erwähnt, sollte das Bild auf lange Sicht gefallen – das ist das wichtigste Kriterium. Vorab eine Qualitäts- und Preisrecherche zu machen, ist unbedingt notwendig. Das heißt, das gesamte Werk des Künstlers und die Person kennenzulernen, entweder über Recherchen oder direkte Kontakte. Eine Preisanalyse zu machen. Bei kostspieligen Werken ist es unumgänglich, die Echtheit und die Herkunft zu überprüfen.

Was sind die besten Quellen, um Kunst zu kaufen?

Polleit Riechert: Die beste Quelle ist der Künstler selbst. Ein direkter Kauf ist bei Akademieabsolventen noch möglich, in den meisten Fällen später nicht mehr. Denn sobald der Künstler in den (Primär-)Markt eintritt, wird in den meisten Fällen über Drittanbieter, Galerien und Handelsplattformen gehandelt; später im Sekundärmarkt, also wenn das Bild zum zweiten Mal verkauft wird, auch über Auktionen. Meine Empfehlung: bei junger Kunst direkt beim Künstler, bei Klassikern auf Auktionen und dort auch im Nachverkauf schauen. Bei Letzteren immer ein konkretes Preislimit festlegen und dabeibleiben!

 

Warum verkaufen Künstler ihre Arbeiten nicht direkt über eine eigene Homepage oder Social Media?

Polleit Riechert: Das ist eine gute Frage. Tatsächlich verkaufen mittlerweile einige Künstler ihre Kunst direkt über Social Media oder die NFT-Marketplaces. Bislang war dies absolut unüblich. Banksy ist hier das große Vorbild: Ohne jede Galerie hat er es mit eigener Vermarktung und Verkauf in die Top Ten der teuersten Künstler geschafft. Generell geben Künstler allerdings gern Vermarktung und Verkauf ab, damit sie sich auf die Kunst konzentrieren können. Dies in eigener Regie besser zu machen, als sich auf eine Galerie zu verlassen, liegt aber im Trend und wird sicher noch zunehmen.

Auch ein Pablo Picasso hat mal klein angefangen. Welche Vorgehensweise empfehlen Sie beim Erwerb von junger Kunst?

Polleit Riechert: Bei jungen Künstlern hat man die einmalige Chance, die Person, die hinter der Kunst steht, kennenzulernen. Und nicht nur das, sondern auch ihre Karriere ein Leben lang mit zu verfolgen und zu begleiten. Daher ist hier empfehlenswert, persönlich mit den Künstlern in Kontakt zu treten, sich über ihr Werk und ihr Anliegen zu informieren. Sich zu fragen, ob sie bereits eine eigene Bildsprache entwickelt haben und wie vielseitig sie in ihrer Ausdrucksform sind. Atelier- und Akademiebesuche sind etwas Besonderes, wenn man gern Farbe riecht und wissen möchte, wie Kunst entsteht.

Wie findet man das passende Motto beziehungsweise den roten Faden für eine Sammlung?

Polleit Riechert: Es sollte ein Thema sein, das langfristig fesselt. Egal was andere sagen: Der rote Faden oder das Motto muss einen persönlich berühren und sollte einem nicht von außen angetragen werden, nur weil bestimmte Themen gerade im Trend liegen.

Wie hoch ist die durchschnittliche Marge eines Galeristen?

Polleit Riechert: Der Wert dürfte bei mindestens 40 bis 60 Prozent liegen. 

Hat man üblicherweise einen gewissen Verhandlungsspielraum?

Polleit Riechert: Absolut. Gerade wenn man die Preise überprüft hat, ist die Chance gut, den Preis neu zu verhandeln. 

Was halten Sie von den neuen Online-Marktplätzen?

Polleit Riechert: Die Online-Marktplätze bieten vielen Künstlern die Chance, ihre Werke zu präsentieren, die vielleicht nicht durch das Nadelöhr der Galerien gelangt sind. Manche möchten auch einfach den Verkauf über weitere Kanäle außer den traditionellen beflügeln. Außerdem können Käufer hier in Ruhe schauen, vergleichen und Fragen stellen, ohne sich unwohl fühlen zu müssen. Bei der Qualitäts- und Preisüberprüfung gelten die gleichen Regeln, wie bereits beschrieben.