Datenanalysen Der Wettbewerbsvorteil in der Vermögensverwaltung

Gery Zollinger,, Leiter Data Science & Analysen beim Schweizer Softwareanbieter Avaloq

Gery Zollinger,, Leiter Data Science & Analysen beim Schweizer Softwareanbieter Avaloq: Der Datenexperte erläutert, welchen Nutzen Finanzdienstleister aus dem Datenschatz ihrer Kunden für die Vermögensverwaltung heben können. Foto: Avaloq

Finanzinstitute haben seit jeher den Vorteil, dass Kunden ihnen ihre Daten anvertrauen. Dies gilt es mithilfe von Data Science zu nutzen. In der Vermögensverwaltung entfaltet diese Forschnung gleich einen doppelten Nutzen: Automatisierte Datenanalysen und Künstliche Intelligenz (KI) sind in der Lage, die Berater bei ihrer Arbeit zu entlasten. Zugleich verbessern Datenanalysen das Kundenerlebnis, denn Berater können ihre Kunden so noch gezielter beraten, ganz den persönlichen Vorlieben und Wünschen entsprechend. Durch Datenanalysen wird die Vermögensverwaltung effizienter, bedarfsgerechter und intensiver.

Ein wesentliches Nutzenversprechen fortschrittlicher Datenanalysen in der Vermögensverwaltung besteht darin, Berater in ihrer Arbeit zu entlasten. Dabei sollen die Analyse- und KI-Systeme den Beratern im Regelfall zuarbeiten. Reine Robo-Advisory-Modelle mit vollautomatisierter digitaler Beratung dienen meist dazu, ganz neue Kundensegmente zu adressieren – vor allem im Massenmarkt. Denn die Automatisierung ist in der Lage, auch dem prinzipiell margenschwachen Massengeschäft Rentabilität zu verleihen.

Dagegen legen die traditionell vermögenderen Klienten von Privatbanken und Vermögensberatern nach wie vor großen Wert auf die persönliche Komponente in ihrer Beratungsbeziehung. Hier wiederum tragen KI und Datenanalysen entscheidend dazu bei, die Effizienz und Qualität der Beratungstätigkeit zu erhöhen.

NLP und Conversational Banking

Die Zahl der Kanäle, auf denen Kunden mit ihren Beratern heute kommunizieren wollen, hat sich durch die Digitalisierung vervielfacht. Eine digitalaffine Kundengeneration erwartet, dass sie auch mit ihren Beratern jene digitalen Kanäle nutzen kann, die ohnehin zu ihrem Alltag gehören: von Social Media bis hin zu Messengern wie Whatsapp, Wechat und Signal. Diese digitale Generation möchte prinzipiell jederzeit und auf jedem Weg Zugang und Empfehlungen zu Produkten und Dienstleistungen, die ihren Vorstellungen, ihrer Investment-Strategie und ihrem Risikoprofil möglichst exakt entsprechen.

Um hier Berater zu unterstützen, bieten sich innovative KI-Lösungen für das Natural Language Processing (NLP) an, denn sie verstehen natürliche Sprache. Dank NLP erfasst ein Beratungssystem den Sinn der Kundenanfrage, egal über welchen Kanal sie eintrifft. So kann es den Berater bei einer zeitnahen Antwort unterstützen – etwa, indem es ihm sofort den Status des Kundenportfolios zeigt oder auch konkrete Antworten auf die Anfrage des Kunden vorschlägt. Die digitale Unterstützung befähigt Berater, nahezu in Echtzeit zu reagieren. KI und NLP schaffen also die Voraussetzungen dafür, zu einer kontinuierlichen Interaktion mit dem Kunden überzugehen, ohne dass die Berater dabei übermäßig beansprucht wären.


In naher Zukunft werden auch Sprache-zu-Text-Lösungen einsetzbar sein – für Berater und ihre Kunden. Diese Anwendungen übertragen gesprochene Sprache in Textform. Hier wird es darauf ankommen, jene KI-Lösungen, die diese Übersetzungsarbeit leisten, speziell auf den Bedarf der Finanz- und Vermögensverwaltungsbranche hin zu trainieren. All diese neuen Kommunikationsformen – ob per Social Media, Messenger oder Smartphone-App – fasst man meist unter dem Begriff des Conversational Banking zusammen.

Möglich wird dies durch die automatisierte Unterstützung der kommunikativen Kanalvielfalt. Erst sie gestattet den Beratern einen kontinuierlichen Austausch: hohe Frequenz und Intensität bei moderatem Aufwand. Neben all den Daten, die einem Finanzinstitut zu seinem Kunden ohnehin vorliegen, liefert auch das Conversational Banking eine Fülle an relevanten Informationen über die Kunden. All diese Daten per NLP und KI auszuwerten, verhilft dem Institut zu noch weiterreichenden Einsichten – was wiederum eine zielgenauere Personalisierung von Angeboten und Vorschlägen ermöglicht.