Datenanalysen Der Wettbewerbsvorteil in der Vermögensverwaltung

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Kontaktanlässe sofort im Dashboard

Kunden segmentieren und Anlagevorschläge personalisieren zu können, ist der eine positive Aspekt der Datenanalyse. Der andere ist es, sehr zeitnah zu reagieren. Dies betrifft nicht nur Kommunikationsvorgänge, die der Kunde selbst anstößt, sondern ebenso Kontaktanlässe, die sich aufgrund äußerer Ereignisse ergeben, etwa durch Wirtschaftsdaten oder Unternehmensnachrichten. Deswegen ist es ratsam, verschiedenste externe Daten- und Informationsquellen in ein Beratungssystem einzubinden.

Berater sehen dann in einem Dashboard nahezu in Echtzeit alle relevanten Market-Alerts – und erkennen zugleich, für welche spezifischen Portfolios, Vermögenswerte oder Kundensegmente diese Nachrichten relevant sind. Umgekehrt kann das Dashboard dem Berater und seinem Support-Team auch dazu dienen, bestimmte Hypothesen explorativ zu untersuchen. Datenanalysen helfen dem Berater, die aussichtsreichsten Kontaktanlässe zu erkennen und zu nutzen. Sie machen ihn erfolgreicher.

Das bisherige, traditionelle Geschäftsmodell eines Instituts in ein neues, datengetriebenes zu überführen, benötigt einiges an Einsatz und Ressourcen. Die strategische Bedeutung der Digitalisierung erfordert das Engagement und die Priorisierung auf höchster Ebene. Auch den Nutzen der Datenstrategie gilt es, sauber zu definieren. Dabei kann es Anwendungsfälle in zahlreichen Bereichen einer Organisation geben, vom Front- bis zum Back-Office. Erst wenn diese konkreten Ziele feststehen – beispielsweise das Upselling zu verbessern oder die Abwanderungsquote zu verringern – werden die Ergebnisse messbar.

Fast Data und Smart Data verleihen Agilität

Ein wichtiger technologischer Trend im Rahmen der automatisierten Datenanalysen ist die Transformation zu Data-as-a-Service oder auch Data-as-a-Product. Diese Ansätze ermöglichen mithilfe der Daten-Virtualisierung eine schlanke, businessgetriebene Sicht auf die Daten und vereinfachen den Zugriff für die verschiedenen Datenkonsumenten innerhalb eines Finanzinstituts deutlich. Auch Konzepte wie Fast Data und Smart Data sind angetreten, die Datennutzung agiler zu gestalten. Beides sind Weiterentwicklungen gegenüber herkömmlichen Big Data-Ansätzen, die stets mit sehr großen Datenmengen umgehen und eine geringere Beweglichkeit aufweisen.

Vorrangiges Ziel von Fast Data ist es, Daten sehr schnell, vielfach auch in Echtzeit, an unterschiedlichsten Stellen in einer Organisation verfügbar zu machen. Unser Beispiel der Live-Dashboard-Unterstützung für Vermögens- und Investmentberater ist solch ein Fast Data-Anwendungsfall. Smart Data wiederum will Nachteile eines Big Data-Ansatzes überwinden, indem es aus der Gesamtheit der Daten anhand spezifischer Algorithmen Datenteilbereiche extrahiert. Auf diese Weise werden spezifische, nutzeradäquate Sichten auf die Daten möglich. So sind im Beispiel der Front-Office-Unterstützung etwa Daten zu Produktallokation und Produktpenetration relevant.


Compliance-Verantwortliche wiederum benötigen eine andere logische Sicht auf die vorhandenen Daten. Denn ihnen dienen Datenanalysen und KI dazu, beispielsweise Betrugsfälle leichter zu identifizieren oder die Zahl falsch positiver Verdachtsfälle zu minimieren. Statt Kunden beispielsweise immer nur gegen Sanktionslisten abzugleichen, lassen sich dank NLP auch unstrukturierte öffentliche Nachrichten aus externen Quellen nutzen, um Kunden zu überwachen und Risiken zu minimieren.

Ob Fast oder Smart Data – beide Ansätze werden durch eine moderne Data Lake-Architektur unterstützt, die über ein flexibles Datenmodell mit verschiedenen Business-Domänen verfügt. Dieser Data Lake, der alte Silo-Strukturen in der Organisation ersetzt und Daten zentralisiert, kann strukturierte, halbstrukturierte und unstrukturierte Daten beinhalten, externe Nachrichten und Mitteilungen eingeschlossen.

Die datengetriebene Vermögensberatung

Datenanalysen, Künstliche Intelligenz, NLP-Unterstützung – all diese Digitalisierungstechnologien werden die Zukunft der Vermögensverwaltungsbranche prägen. Finanzinstitute, die sich der datengetriebenen Zukunft stellen, werden dadurch aussichtsreiche Leads identifizieren, Upselling-Potenziale ausschöpfen und Umsätze erhöhen. Sie können Risiken besser vermeiden, die Compliance erleichtern und ihre Effizienz erhöhen.

Nach der aktuellen Branchenumfrage „Front-to-Back-Office-Report“ sehen dies auch 73 Prozent der befragten Endanleger so: Sie betrachten künstliche Intelligenz, Robotik und Automatisierung als die großen Trends, die die Zukunft der Branche prägen. Zu Recht. Alle verfügbaren Daten sinnvoll zu nutzen, wird in der Vermögensverwaltungsbranche zu einem unverzichtbaren Wettbewerbsfaktor.


Über den Autor:

Gery Zollinger ist Leiter Data Science & Analysen bei Avaloq, einem Schweizer Anbieter von digitalen Banking-Lösungen, Kernbankensoftware und Vermögensverwaltungstechnologie. Bevor er 2019 zu Avaloq stieß, arbeitete er bei Credit Suisse und war für die Kreditrisikomodellierung innerhalb der Sparten Private und Investment Banking verantwortlich.

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