Belastungsprobe für die Organisation Das Corona-Virus als Stresstest für Family Offices

Stefan Freytag, Sprecher des Vorstandes der Deutsche Oppenheim Family Office, mit grundsätzlichen Überlegungen zur Krisenfähigkeit von Family Offices

Stefan Freytag, Sprecher des Vorstandes der Deutsche Oppenheim Family Office, mit grundsätzlichen Überlegungen zur Krisenfähigkeit von Family Offices Foto: Deutsche Oppenheim Family Office

Die aktuellen Entwicklungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie stellen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Investoren am Kapitalmarkt vor gewaltige Herausforderungen. Dieses Ereignis trifft die Menschen in allen Lebensbereichen und erzeugt eine nie vermutete Belastungsprobe. Neben der Sorge um die Gesundheit der eigenen Familie, der Organisation des eigenen Lebensrhythmus in Zeiten von massiven Beschränkungen stehen gerade für unternehmerisch handelnde Menschen gewaltige Herausforderungen im betrieblichen Bereich auf der Tagesordnung. Parallel dazu findet eine gewaltige Kernschmelze bei fast allen finanziellen Assets statt, die schon für sich höchste Aufmerksamkeit für die Vermögensinhaber und verantwortlichen Entscheider bedeutet.

In dieser Konstellation können leistungsfähige Family Offices einen wichtigen Beitrag liefern, gerade für das finanzielle Vermögen in einer Krise einerseits den Vermögensinhaber massiv für seine anderen Lebensbereiche zu entlasten und andererseits für eine geordnete Verwaltung und Steuerung des Vermögens zu sorgen.

Welche organisatorischen Voraussetzungen muss ein leistungsfähiges Family Office auch in einer außergewöhnlichen Krise vorweisen?

Wie für jede Organisation geht es in diesen Tagen um die Aufrechterhaltung von Handlungsfähigkeit. Die Aktivierung von belastbaren Notfallplänen, die Fähigkeit auch über vernetzte Home-Office-Arbeitsplätzen arbeiten zu können, jederzeit für die Vermögensinhaber, Entscheider und Geschäftspartner erreichbar zu sein und eine stabile technische Infrastruktur sind Grundvoraussetzungen für die Leistungsbereitschaft  eines Family Office im Stressfall. Hier haben größere Organisationen natürlich einen gewissen Vorteil, weil mehr Ressourcen für Back-Ups zur Verfügung stehen.

Aber auch die Resilienz der handelnden Personen und ihre Fähigkeit sich in dieser Zeit auf ihre Kernaufgaben fokussieren zu können, ist ein wesentlicher stabilisierender Faktor. Hier haben erfahrene und eingespielte Teams Vorteile gegenüber Organisationen, die gegebenenfalls mit vielen anderen Aufgaben zusätzlich beschäftigt sind oder über keinen ausreichenden Erfahrungsschatz verfügen.

Was sind die wichtigsten Aufgaben eines Family Offices in einer derartigen Stressphase?

Grundsätzlich sind die Aufgabenschwerpunkte in Family Offices sehr unterschiedlich, da deren Aufstellung und die Investitionsschwerpunkte der betreuten Investoren sehr heterogen sind.

Grundsätzlich lässt sich jedoch für Vermögensstrukturen, die einen deutlichen Anteil im liquiden Bereich verhaftet haben, folgendes beschreiben.

Schaffung von Transparenz

In Zeiten sehr hoher Volatilität zeigt sich natürlich der Vorteil möglichst aktuelle für alle am Kapitalmarkt investierten Assets Bewertungen zu erhalten und schnell konsolidierte Berichte über verschiedene Depots zu erzeugen. Nur über eine Reporting-Plattform mit möglichst taggenauer Buchungsaktualität und Börsenkursversorgung ist das möglich. Excel-Sheets, mit denen gegebenenfalls dann nur Depotauszüge händisch konsolidiert werden stoßen, schnell an ihre Grenzen.

Entscheidungen können aber nur auf Basis aktueller und verlässlicher Informationen getroffen werden. So müssen in diesen Zeiten gerade für Anleger mit Risikobudgets, kreditfinanzierten Portfolios und Absicherungsstrategien jederzeitige Portfoliostände ermittelbar sein.

Einholen und Auswertung von Informationen der involvierten Geschäftspartner

In der Regel werden mehrere Vermögensverwalter, Banken oder andere Finanzdienstleister mit der Verwaltung des Vermögens betraut. Es ist deswegen wichtig schnell aussagekräftige Marktkommentare von diesen Partnern einzuholen, auszuwerten und konsolidiert darzustellen. Dabei geht es vorrangig nicht um Marktprognosen, die oft nur eine Halbwertszeit von einem Tag haben. In erster Linie soll ein vollständiges Bild über die aktuelle Anlagepolitik der involvierten Partner gezeichnet werden. Hieraus ergeben sich dann gegebenenfalls wertvolle Impulse, ob man zum Beispiel bei Mandate eingreifen muss, adhoc-Änderungsbedarf bei Anlagerichtlinien besteht oder besondere Probleme in Einzelportfolien Auswirkungen auf andere Vermögensteile haben.