private banking magazin: Die Deutsche Oppenheim dürfte als Family Office langfristig agierende Mandanten haben und setzt dennoch neben der strategischen Vermögensallokation auf taktische Investments und Titelselektion. Wie passt das?
Stefan Freytag: Wir haben beides im Angebot, eine aus der strategischen Asset Allocation (SAA) abgeleitete Strategie, die dann mit kostengünstigen ETFs und dem einen oder anderen aktiven Fonds bestückt wird. Und eine Strategie, die sich ebenso aus der SAA ableitet, bei der wir aber auch im taktischen Bereich und bei der Titelselektion versuchen, mit aktivem Management eine Mehrrendite zu erzielen. Entscheidend ist selbstverständlich, was der Mandant an der Stelle möchte.
Wie viel Detailtiefe und Wahrheiten kann man seinem Mandanten beim Erstellen der strategischen Vermögensallokation zumuten?
Freytag: Zunächst würde er bei uns im Investment Consulting landen, das die Vermögensallokation für den Mandanten mathematisch durchrechnet. Unser Modell basiert auf Monte-Carlo-Simulationen und Verteilungsannahmen, die eben nicht nur die Normalverteilung aufgreifen, sondern stärker auch Extremrisiken berücksichtigen. Da gilt es dann herauszufinden, was für eine Vermögensallokation der Mandant benötigt, um ein Renditeziel nach Kosten, Inflation und Steuern zu erreichen. Wir verwenden an der Stelle bewusst keinen Markowitz-Optimierer, weil da ohnehin nur Unsinn rauskommt. Zum Erzielen einer Rendite gehört aber auch das Eingehen von Risiken. Das muss man dem Mandanten klarmachen. Mit seinem Renditeziel ergeben sich auch gewisse Parameter auf der Risikoseite.
Haben Sie da als Deutsche Oppenheim einen Fokus?
Oliver Leipholz: Neben den Klassikern wie Volatilität und dem Value at Risk geht es uns vor allem um klassische Stresstest-Szenarien: Was passiert im fünfprozentigen Risikoquartil, was passiert im einprozentigen Risikoquartil, dem berühmten Jahrhundertereignis.
Alles sehr mathematisch und vermutlich nicht gerade zugänglich für die Kunden.
Freytag: Wir nähern uns der Risikotragfähigkeit des Mandanten natürlich nicht nur über Risikokennzahlen, sondern machen es sehr haptisch, indem wir mit ihm konkret besprechen, was beispielsweise im Dezember 2018 an den Börsen passiert ist, und fragen, ob er fähig ist, so eine Verlustphase auszuhalten. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen in Mandantengesprächen gemacht.
Modellieren Sie lediglich anhand von historischen Kapitalmarktdaten?
Freytag: Wir denken auch nach vorn. Zum Einsatz kommen dafür Ertragswert- und Risikoschätzungen, aus denen sich gewisse Pfade für die Zukunft ergeben, die nicht unbedingt mit historischen Kapitalmarktdaten zu erklären wären. Nehmen Sie die Rentenseite: Dort sah die Vergangenheit anders aus als das, was wir jetzt erleben. Wir nutzen lieber prognostische Renditen, und zwar nicht, weil wir uns dazu etwas in unserem Fundamentalszenario überlegen. Stattdessen setzen wir statistisch-orientiert auf Mean-Reversion- und Risikoprämienansätze und modellieren dann noch die Risiken. Und auch da geht es um die Griffigkeit für den Vermögensträger: Was wäre mit seinem Portfolio in Verlustphasen wie 2001 oder 2008/2009 passiert, wenn er mit dieser Struktur ungebremst ins Risiko gegangen wäre?