Vorstand Wealth Management der Unicredit „Ein Star-Faktor ist eher hinderlich“

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Deutschland gilt als Land der Schnäppchenjäger, die für Dienstleistungen wenig zu zahlen bereit sind. Mittlerweile scheint das Thema Pricing aber auch hierzulande nicht mehr tabu zu sein. Wie ist Ihre Erfahrung?

Bizzozero: Wir erleben durchaus einen Trend weg vom Transaktionsorientierten Geschäft und hin zu beratungsbezogenen Ansätzen. Schon länger geht es über die bloße Asset Allocation hinaus wesentlich stärker um die illiquide Seite, um Investitionen wie Private Equity, Private Debt, Immobilien oder Club Deals. Mit Beratung meine ich aber vor allem Themen wie beispielsweise Wealth Planning oder Family Governance.

Hier kann man dem Kunden wirklich helfen und für ihn echte Probleme lösen. Dieser Bereich ist ein wichtiger Bestandteil unseres Beratungsansatzes und entscheidend für das Wachstum und die Rentabilität unseres Geschäfts. Hinzu kommt: Ein Beratungsmandat dieser Art macht nicht nur unabhängiger von der Zahl der Transaktionen des Kunden, es ist auch noch stabiler.

Gibt es produktseitig Trends im Wealth Management, die in einem Land entstehen und die Sie dann in andere Märkte gewissermaßen exportieren?

Bizzozero: Interessant, dass Sie das ansprechen. Ich habe vor unserem Gespräch noch ein kürzlich gestartetes Projekt diskutiert, das dazu passt. Unicredit hat im Mai in Italien eine Initiative für geduldiges Kapital, Patient Capital, ins Leben gerufen, die wir auch in anderen Kernmärkten umsetzen werden, auch in Deutschland. Das Konzept ist folgendes: Viele Mittelstandskunden gelangen mit ihren Unternehmen an einen Punkt, an dem sie Wachstumskapital benötigen, um ihre Expansionspläne langfristig umzusetzen. Dabei geht es um Zeiträume von fünf Jahren oder mehr.

Verkaufen wollen sie nicht, und für einen Börsengang ist es zu früh. Bei diesen Unternehmen steigen wir als Bank gemeinsam mit namhaften institutionellen Investoren in Form von Minderheitsbeteiligungen ein. Und das – wie der Begriff geduldiges Kapital schon sagt – mit längerem Anlagehorizont als bei Private Equity üblich. Zugleich engagieren wir uns, indem wir die Unternehmen strategisch und bei ihren Wachstumsplänen beraten. Dieser Pool für Langfrist-Kapital soll in Italien ein Volumen von bis zu 2 Milliarden Euro erreichen.

Wie kommen die Kunden aus dem Wealth Management ins Spiel?

Bizzozero: Die Firmenkunden, die in Italien für Patient Capital infrage kommen, wurden natürlich bereits sorgfältig ausgewählt und gehören zu den besten in ihrem Bereich. Im Wealth Management werden wir dann künftig noch einmal bewerten, ob ein bestimmtes Investment etwa strategisch besonders gut zu einem unserer Kunden passt, und es ihm anbieten. Das wird frühzeitig geschehen und Deal für Deal, sodass der Kunde Gelegenheit hat, sich die Firma gründlich anzuschauen, deren Business-Plan, die Bonität und die Risiken. Dann kann er gemeinsam mit uns investieren.


Über den Interviewten:
Marco Bizzozero ist seit März 2018 Wealth-Management-Vorstand der Unicredit Gruppe. Zuvor war er seit 2009 Leiter Wealth Management der Deutschen Bank für die Region Europa, Naher Osten und Afrika sowie Chef der Deutschen Bank (Schweiz). Seine Karriere begann 1994 bei der UBS.

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