Versicherungsaufseher Frank Grund Anbieter sollten Rechnungszins hinterfragen

Das Bild zeigt Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund auf der Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht: Die Aufsicht musste bisher drei Pensionskassen das Neugeschäft untersagen.

Das Bild zeigt Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund auf der Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht: Die Aufsicht musste bisher drei Pensionskassen das Neugeschäft untersagen. Foto: Screenshot / Bafin / Marcus Glogler

Die Rentenregulatorik hierzulande ist in Bewegung. Keine Säule der Altersversorgung in Deutschland blieb in der jüngeren Vergangenheit unangetastet. In der Säule 1, also bei der der gesetzlichen Rente, stellten sich Gerechtigkeitsfragen, die beispielsweise die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren hervorbrachte. Die Grundrente soll verhindern, dass Menschen im Alter auf die Grundsicherung angewiesen sind, obwohl sie viele Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben.

Treiber von Gesetzesänderungen in den Säulen 2 und 3 – betriebliche Altersversorgung (bAV) und private Vorsorge – waren die niedrigen Zinsen, die Lebensversicherern, Pensionskassen und anderen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) seit Jahren große Probleme bereiten. Null- beziehungsweise Negativzinsen am Markt und vergleichsweise höhere Zinsen gegenüber ihren Kunden zwingen die Anbieter zu einem Spagat, den sie immer schwerer aushalten können. Einige Anbieter haben sich bereits aus dem Geschäft zurückgezogen, ihre Bestände oder gleich ihre Tochtergesellschaften verkauft. 

Anbieter, die im Markt geblieben sind, haben versucht, die Kosten zu senken, und Produkte mit flexibleren Garantien aufgelegt – zum Teil durchaus mit Erfolg. Wir als Aufsicht mussten trotzdem bisher drei Pensionskassen das Neugeschäft untersagen und unterziehen derzeit rund 20 Lebensversicherer und 36 Pensionskassen einer intensivierten Aufsicht.

Auch der Gesetzgeber hat reagiert – mit für Aktuare mitunter nicht ganz unerheblichen Eingriffen. Im Oktober 2018 kalibrierte er die Zinszusatzreserve neu. Die EbAV-II-Richtlinie, die Anfang 2019 in nationales Recht umgesetzt wurde, führte für Pensionskassen und Pensionsfonds nicht nur eine eigene Risikobeurteilung (ERB) ein und erweiterte die Informationspflichten gegenüber den Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern. Sie schrieb auch fest, dass die Versicherungsmathematische Funktion zu den Posten gehört, die eine EbAV besetzen muss.

Das Potenzial einer weiteren Reform wird hingegen derzeit noch nicht abgerufen. Von der mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 1. Januar 2018 geschaffenen Möglichkeit, eine Betriebsrente ohne Garantien zu vereinbaren, haben die Tarifpartner noch keinen Gebrauch gemacht. Dabei wäre die reine Beitragszusage durchaus eine Zäsur, die in einer anhaltenden Niedrigzinsphase zumindest einen gangbaren Weg in die Zukunft darstellen würde. Belastungen, die die Unternehmen bereits in den Büchern haben, würde sie natürlich nicht heilen.