Versicherungsaufseher Frank Grund Anbieter sollten Rechnungszins hinterfragen

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Zukunft – darum geht es: Ich möchte an die Unternehmen und ihre Aktuare appellieren, ihre Zukunft so gut es geht selbst in die Hand zu nehmen. Denn an den niedrigen Zinsen wird sich so schnell wohl nichts ändern – außerdem sind sie dem Zugriff des Gesetzgebers entzogen.

Ganz wesentlich wird es darauf ankommen, dass die Unternehmen angemessen auf die Ökonomie reagieren und ihre eigenen Tarife danach ausrichten. Über Jahrzehnte war es üblich, dass Lebensversicherer, Pensionsfonds und deregulierte Pensionskassen den jeweils geltenden Höchstrechnungszins für die Deckungsrückstellung als vertraglichen Garantiezins übernahmen.

Bei den schon genehmigten Tarifen regulierter Pensionskassen liegt häufig sogar eine Verzinsung jenseits des aktuellen Höchstrechnungszinses vor. Da die mit Neuanlagen am Kapitalmarkt erzielbaren Renditen inzwischen aber teils deutlich unter dem Höchstrechnungszins liegen, widerspricht es einem ordnungsgemäßen Risikomanagement, wenn er – oder gar ein noch höherer Zins – unreflektiert als Berechnungsgrundlage für Beiträge und Leistungen im Neugeschäft verwendet wird. 

Die Anbieter – und nicht zuletzt die Verantwortlichen Aktuare – müssen sich in ihrer Produktgestaltung intensiv mit der Frage auseinandersetzen, welchen Garantiezins sie sich im Hinblick auf ihre Risikotragfähigkeit und Ertragskraft überhaupt leisten können. Das kann auch bedeuten, deutlich unter dem Höchstrechnungszins bleiben zu müssen.

Uns gegenüber werden sich die Unternehmen künftig genau erklären müssen, wenn wir den Eindruck eines zu hohen Garantiezinses gewinnen. Ein reflexhafter Verweis auf den Höchstrechnungszins oder das bereits genehmigte Tarifwerk regulierter Pensionskassen wird dann nicht ausreichen.

Der Artikel wurde dem private banking magazin von der Deutschen Aktuarvereinigung, der berufsständischen Vertretung der als Aktuare in Deutschland tätigen Versicherungs-, Bauspar- und Finanzmathematiker, zur Verfügung gestellt. Die Deutsche Aktuarvereinigung hat in diesem Jahr anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung eine Sonderausgabe seines Verbandsmagazins „Kompass“ publiziert. Die Ausgabe („Neue Impulse für die bAV“) können Sie hier als PDF-Datei herunterladen.


Über den Autor:
Dr. Frank Grund ist seit Oktober 2015 Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). In seiner bisherigen beruflichen Laufbahn arbeitete der Jurist von 1986 bis 2003 beim Gerling-Konzern, einem international operierenden Mehrspartenversicherer, der im April 2006 vom Talanx-Konzern übernommen wurde. Von 2003 bis 2013 stand Grund bei den Basler Versicherungen unter Vertrag. Dort war er Vorstandsvorsitzender und Hauptbevollmächtigter. Parallel dazu fungierte er zwischen 2008 und 2012 als Vorstandsvorsitzender der Versicherungsgesellschaften Deutscher Ring Sach und Deutscher Ring Leben. Vor seinem Wechsel zur Bafin war Grund drei Jahre Mitglied des Beirats des französischen Rückversicherers Scor. Außerdem gehörte er von 2013 bis 2015 dem Rating-Komitee der Rating-Agentur Assekurata an.

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