Transaktionsgröße zwischen 50 und 250 Millionen Euro Unternehmensnachfolge: Industrie-Holding oder Private-Equity-Investor?

Kurt Hardt und Olivier Weddrien:

Kurt Hardt ( (l.) ist Aufsichtsratsmitglied der E3 Holding und Vorstand der Kreissparkasse Biberach. Olivier Weddrien ist einer der Gründer der Industrieholding. Foto: Kreissparkasse Biberach / E3 Holding

Es ist keine einfache Zeit für Private Equity. Eine Datenerhebung des Finance-Magazins zum deutschen „Mid-Market“ mit Transaktionsgrößen zwischen 50 und 250 Millionen Euro – das klassische Betätigungsfeld von Mittelstands-Private-Equity-Investoren – zeigt für 2023 bei der Anzahl der Transaktionen einen Rückgang von gut 20 Prozent gegenüber 2022 und von sogar nahezu 50 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2021.

Auch beim Volumen des in Buy-outs investierten Eigenkapitals zeigen sich tiefrote Zahlen: Nach Daten des Branchenverbands Bundesverband Beteiligungskapital (BVK) gab es hier in Deutschland von 2021 auf 2022 einen Rückgang um fast 30 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 ein Minus von weiteren 35 Prozent. Für die in den vergangenen Jahren auch in Deutschland in allen Dimensionen – Größe der Fonds, Anzahl der Anbieter, Umfang der Teams – stark gewachsene Industrie ist das ein tiefer Einschnitt.

Dies macht das Einwerben neuer Private-Equity-Gelder zu einem schwierigen Unterfangen, was dazu führt, dass Fonds, die bereits weitgehend aus investiert sind, bis auf Weiteres keine Investitionen mehr tätigen können. Dies wiederum trifft Unternehmen auf Investorensuche. Diese können nicht mehr mit so einem Kaufinteresse rechnen, wie noch in den Jahren bis einschließlich 2021. Und all diese Effekte verstärken sich gerade gegenseitig – unterm Strich ergibt das in unseren Augen zwei verlorene Jahre für Private Equity.

Die Anpassungsphase ist noch nicht vorbei

Doch Zeit ist bei Private Equity aufgrund der festgelegten Fondslaufzeiten von in der Regel 10 bis 12 Jahren eigentlich immer knapp. Klassische Private-Equity-Investoren müssen innerhalb dieser Zeitdauer ihre Unternehmen kaufen und wieder abstoßen. Viele Marktbeobachter erwarten daher, dies: Sobald sich der erschwerte Verkauf von Unternehmen aufzulösen beginnt, wird eine enorme Menge an PE-finanzierten Unternehmen an den M&A-Markt drängen, weil ihre Inhaber unbedingt Verkaufserlöse generieren müssen.

So gaben im letzten Finance Midmarket PE-Monitor etwa fünf von zehn Befragten Private Equity-Investoren an, ihr Exit-Appetit sei „groß“. Die Studie förderte zugleich zutage, dass mehr als 80 Prozent der Befragten das Umfeld für Verkäufe als „mittelmäßig“ bis „schlecht“ betrachten. Je länger diese Situation andauert, desto größer wird der Rückstau an Unternehmen, die verkauft werden sollen.

 

Den Bewertungen dürfte die dadurch zu erwartende Angebotsschwemme zwar nicht helfen, aber nach einer Stabilisierung des M&A-Marktes wird sich auch das Private-Equity-Dilemma wieder auflösen – wenn auch wahrscheinlich nur unter Anpassungsschmerzen.

Erhebliche Unterschiede zwischen Industrie-Holding und Private Equity

Auch Industrie-Holdings werden von Investoren gern zur Anlageklasse Private Equity gezählt. Da diese aber nicht in laufzeitbegrenzten Fonds investieren und ihre Unternehmen länger halten, fallen die zyklischen Ausschläge schwächer aus. Anders als bei Private Equity erzielen die hinter Industrie-Holdings stehenden Investoren ihre Rendite auch nicht über zeitlich schwer planbare Exiterlöse, sondern über jährliche Ausschüttungen und den Wertzuwachs des Portfolios über die Zeit.

Deswegen macht es auch für Unternehmer einen Unterschied, ob sie eine Partnerschaft mit einem PE-Fonds oder einer Industrie-Holding eingehen. Die eine Gruppe versucht ihre Rendite zu optimieren, indem sie mithilfe schneller – manchmal auch kurzlebiger – operativer Verbesserungen und eines ausgeprägten Fremdkapitalhebels innerhalb weniger Jahre den Wert eines Unternehmens steigert. Industrie-Holdings hingegen setzen auf längerfristig angelegte Wertsteigerungsstrategien, die neben dem Wertzuwachs auch das Ziel haben, die Ausschüttungsfähigkeit der Unternehmen zu steigern und zu verstetigen.

KfW erwartet Nachfolgewelle

Immer mehr Unternehmer werden sich in den nächsten Jahren die Frage stellen müssen, in welche Hände sie ihr Lebenswerk geben wollen, schließlich rollt eine gewaltige Nachfolgewelle an: Laut des aktuellen Nachfolge-Monitorings der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) aus dem Februar 2024 müssen in Deutschland bis 2027 rund 125.000 mittelständische Unternehmen pro Jahr eine Nachfolgelösung finden. 43 Prozent davon erwarten, dass ihre Nachfolge mit Hilfe eines externen Käufers geregelt werden wird.

Finanzinvestoren stehen dabei hoch im Kurs: Laut einer PWC-Studie aus dem Herbst 2023 können sich 90 Prozent der von der Unternehmensberatung befragten verkaufswilligen Unternehmer eine Partnerschaft mit einem Finanzinvestor vorstellen – vor 10 Jahren waren es 61 Prozent. Die Zeiten, in denen die Mehrzahl der Unternehmer Finanzinvestoren kategorisch ablehnten, sind zumindest derzeit vorbei.

Unternehmer können Teil des Verkaufserlöses reinvestieren

Wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer keine familieninternen Nachfolger findet, sind Finanzinvestoren oft der einzige Ausweg, um das Lebenswerk überhaupt zu sichern. Für jene Unternehmer, denen stärker an der langfristigen Weiterentwicklung ihres Unternehmens liegt, kann die Partnerschaft mit einer Industrie-Holding die richtige Option sein – nicht zuletzt auch mit Blick auf die Verwaltung ihres eigenen Vermögens. Beispielsweise kann auf diesem Weg Unternehmern die Möglichkeit eingeräumt werden, nach einem Verkauf ihres Unternehmens, einen beträchtlichen Teil des Verkaufserlöses auf Holdingebene zu reinvestieren.