AP7-Chef Richard Gröttheim „Unser größter Fehler war, nicht von Anfang an nur auf Aktien gesetzt zu haben“

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AP7-Chef Richard Gröttheim
„Unser größter Fehler war, nicht von Anfang an nur auf Aktien gesetzt zu haben“
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Richard Gröttheim

Richard Gröttheim: „Wir haben allerdings gerade kürzlich außer der Reihe eine Asset-Liability-Studie durchgeführt als Vorbereitung für neue Anlageregeln, die uns künftig erlauben, in Immobilien zu investieren.“ Foto: Markus Kirchgessner

leitwolf: Herr Gröttheim, Sie verlassen AP7 nach über 20 erfolgreichen Jahren. Können Sie sich vorstellen, als nächstes eine deutsche Variante des Fonds aufzubauen?

Richard Gröttheim: (lacht) Das hört sich verlockend an! Aber im Ernst: Nein, dafür fühle ich mich zu alt und ich freue mich darauf, das Geschäftliche in meinem Leben ein wenig zu reduzieren. Aber ich kenne mich ganz gut aus mit den Überlegungen und Entwicklungen in Deutschland. Im Lauf der Jahre hatten wir zahlreiche deutsche Besucher, die mehr über unseren Ansatz eines staatlichen Fonds mit nennenswerter Risikobereitschaft erfahren wollten und wie wir diesen zum Erfolg gebracht haben. Dabei habe ich immer betont, dass es zwischendurch schon mal holprig werden kann, wenn die Pensionsgelder in Aktien fließen. Aber am Ende wird daraus die höhere Rente.

leitwolf: In Schweden wurde das Rentensystem im Jahr 2000 grundlegend reformiert. Was hat den Schritt damals ausgelöst?

Gröttheim: Das staatliche Rentensystem war am Boden und hatte ernsthafte Finanzierungsprobleme. Die Lage war sehr schwierig – was die politische Diskussion darüber aber vermutlich erleichtert hat. Seitdem ruht unser staatliches System auf zwei Säulen. Jeder Berufstätige zahlt 16 Prozent des Bruttoeinkommens in eine Grundrente, die als Umlageverfahren funktioniert, ein traditioneller Generationenvertrag. Zusätzlich haben wir die verpflichtende Prämienrente, ein beitragsorientiertes, kapitalbildendes System. Das wird finanziert durch weitere 2,5 Prozent des Gehalts. Und hier kommt AP7 ins Spiel. Wir sind der Standardanbieter für den kapitalbildenden Teil im staatlichen Rentensystem.

leitwolf: Wie investieren Sie die Gelder, die dem Fonds zufließen?

Gröttheim: Solange Sie als Einzahler jung sind, ist das Kapital ausschließlich in Aktien angelegt. In unserer Definition zählen Sie übrigens bis 55 Jahre zur jungen Generation. Von da an verlagern wir langsam einen Teil des Vermögens in Anleihen. In Schweden haben Frauen eine Lebenserwartung von 85 Jahren, bei Männern sind es rund 82 Jahre. Wer also mit 65 Jahren in den Ruhestand geht, hat immer noch einen Anlagehorizont von zwei Jahrzehnten. Zu diesem Zeitpunkt ist dann die Hälfte des Prämienfonds in Aktien angelegt, der Rest am Anleihemarkt. In den folgenden zehn Jahren wird der Aktienanteil auf ein Drittel reduziert.

leitwolf: Und wie investieren Sie den Aktienanteil?

Gröttheim: Unser Portfolio ist global, wir sind in rund 3.000 Unternehmen investiert. Was schwedische Unternehmen und die schwedische Krone angeht, sind unsere Anleger ohnehin übergewichtet. Da ist es sinnvoll, dass wir die Prämienrente diversifizieren und in anderen Märkten und Währungen anlegen.

leitwolf: Eine Durchschnittsrendite von elf Prozent über zwei Jahrzehnte ist tatsächlich beeindruckend. Verraten Sie uns das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Gröttheim: An erster Stelle steht der lange Anlagehorizont. Haben Sie Ihre Strategie ausgearbeitet, sollten Sie daran festhalten. Versuchen Sie bloß nicht, mit häufigen Umschichtungen noch ein kleines Extra herauszuholen! Außerdem ist die globale Diversifizierung wichtig. In unserem Portfolio legen immer ein paar Werte zu, andere verlieren. Einige gewinnen über die Jahre unweigerlich deutlich an Bedeutung.

 

Alphabet war noch vor einem Jahrzehnt ein kleiner Anteil unseres Portfolios. Inzwischen macht das Unternehmen einen wesentlichen Anteil unserer Anlage aus. Schließlich ist für eine Aktienrente der schon erwähnte Ansatz der Lebensphasen entscheidend. Wer jung ist, kann voll ins Risiko gehen. Näher am Ruhestand ist mehr Vorsicht angesagt. Diese drei Punkte sind für mich entscheidend. Außerdem basiert alles, was wir tun, auf Finanztheorie und akademischer Forschung, ist also verankert in der Finanzwissenschaft.

leitwolf: Aber nicht jedes Jahr sind eindrucksvolle Renditen drin. Wie wirkt sich ein mäßiges Jahr auf Ihr System aus?

Gröttheim: 2022 war ein solches Jahr. Unter dem Strich stand ein negatives Ergebnis. Der Rückgang des Vermögens bedeutet auch, dass die Rente etwas niedriger ausfällt. Dafür war allerdings das Vorjahr extrem erfolgreich, mit einem Plus von 31 Prozent. Und es ist ja immer nur ein Sechstel der gesamten Rente, das von der Aktienentwicklung betroffen ist, da lässt sich auch ein Rückgang von zehn Prozent handhaben.