Ampega Infrastruktur-Chef Brian McCarthy: „Wir sehen eine gedankliche Umschichtung bei unseren Kunden“

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Brian McCarthy: „Wir sehen eine gedankliche Umschichtung bei unseren Kunden“
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Brian McCarthy, Infrastruktur-Chef der Talanx-Tochter Ampega

Brian McCarthy, Infrastruktur-Chef der Talanx-Tochter Ampega: „Es gibt auch eine Schattenseite bei den Interdependenzen zwischen Projekten, die zunehmend in Erscheinung treten wird. Viel Investmenttätigkeit erfolgt auf unkoordinierte Weise und wird zum Teil durch politische Präferenzen getrieben.“ Foto: Ampega

private banking magazin: Herr McCarthy, welche Ziele verfolgen Sie mit Ihren Investitionen in die Infrastruktur und inwiefern mussten Sie sich aufgrund der Inflation und der Zinswende neu orientieren?

Brian McCarthy: Wir betreuen das ganze Infrastrukturspektrum von Senior Fremdkapital bis Eigenkapital sowie alle Segmente von Energie, Transport und Digitaler Infrastruktur bis hin zu öffentlichen Einrichtungen. Damit können wir diverse kundenspezifische Risiko-Ertrags-Profile bedienen. Inflation, insbesondere in Form von höheren Energie- und Strompreisen, ist kein maßgeblicher fundamentaler Belastungsfaktor und ist sogar für viele Projekte mit indizierten, beziehungsweise strompreisexponierten Zahlungsströmen vorteilhaft.

Und die Zinswende?

McCarthy: Die Zinswende hat eine größere Auswirkung aus mehreren Gründen. Infrastrukturanlagen haben in der Niedrigzinsphase eine prominente Rolle als lange und relativ sichere Anlagen im Asset-Liability-Management gespielt. Wegen des Zinsanstiegs gibt es mittlerweile viele Alternativen im liquiden Fixed Income Bereich. Des Weiteren hat sich der Relative-Value zu Lasten von Eigenkapital und zu Gunsten von Fremdkapital verschoben. Unsere Ertragsansprüche für Eigenkapital sind entsprechend gestiegen und höhere Fremdfinanzierungskosten erschweren die Generierung von Zusatzrenditen durch Leverage.

Die Zinsen steigen, Anleihen erleben ein Comeback – warum sollten Anleger trotzdem auf illiquide Anlagen setzen?

McCarthy: Wir befinden uns noch in einer Übergangsphase, wo viele Anleger ihre Wahrnehmung einer „attraktiven“ Rendite in der Prä-Zinswende verankern. Die Erfahrung zeigt, dass neue Zinsniveaus schnell normalisiert werden, so dass die selektive Suche nach attraktiven Illiquiditätsprämien bald wieder notwendig sein wird. Es stimmt allerdings, dass Relative-Value-Verhältnisse zwischen liquiden und illiquiden Anlagen einen strukturellen Paradigmenwechsel erleben. Vor diesem Hintergrund sehen wir eine gedankliche Umschichtung bei unseren Kunden von generischen Allokationen beispielsweise „Private Equity“ oder „Infrastruktur“ zu thematischen Prioritäten, insbesondere Nachhaltigkeit und Impact-Investments. Besonders impact-wirksame Investments gehen oft mit komplexen und illiquiden Anlagestrategien einher.

Was macht Investitionen in Infrastruktur so komplex?

McCarthy: Infrastrukturinvestments fordern ein langfristiges gemeinsames Commitment von diversen Partnern in einem komplexen rechtlichen Rahmen. Die Gesamtlaufzeit eines Projekts geht weit über einen belastbaren Prognosehorizont hinaus, sodass eine Milderung von unvorhersehbaren Risiken durch vertragliche Absicherung – beispielsweise langfristige Stromlieferverträge, sogenannte PPAs – notwendig ist. Diese vertraglichen Verpflichtungen sind jedoch nur so stark wie der Kontrahent; daher ist eine Würdigung seiner Bonität, seines operativen Umfelds und seiner Leistungsstärke essenziell. Infrastrukturinvestments erfordern ein facettenreiches Skill-Set, von regulatorischer und finanzanalytischer Expertise bis hin zu Verhandlungsgeschick.

Was sind in Ihren Augen die kommenden Trends?

McCarthy: Die Infrastrukturlandschaft befindet sich in einer dynamischen Evolution gepaart mit einer konstanten Weiterentwicklung der Energiewende, Digitalisierung und Circular-Economy. Was früher mit Einzelprojekten finanziert wurde, wird zunehmend aus Infrastruktur-Plattformen finanziert, die auf größeren Fonds, gelisteten Unternehmen und diversifizierten Holding-Companies basieren.

 

 

 

Projekte müssen im Kontext eines immer komplexeren wirtschaftlichen Ökosystems gewürdigt werden. Die Evolution dieser Ökosysteme führt zu einer Querbefruchtung zwischen Venture Capital, Private Equity und Projektfinanzierern.

Welche Folgen zieht das nach sich?

McCarthy: Kollaboration zwischen Spezialisten mit unterschiedlichen Hintergründen wird zunehmend zu einer Grundvoraussetzung. Ein Beispiel: Früher war man geneigt, erneuerbare Energien und Datenzentren als individuelle Segmente zu betrachten. Solche Investments wurden sogar in separaten Immobilien- und Project-Finance-Teams betreut. Jetzt hat sich eine Präferenz für Datenzentren etabliert, deren Strom aus erneuerbaren Quellen stammt und deren Wärme gegebenenfalls weiter verwendet wird. Gleichzeitig fordert die Innovation in der Finanzierungstechnik Expertise, die traditionell im Corporate Finance zu Hause war.

Klingt zunächst alles eher positiv...

McCarthy: Es gibt auch eine Schattenseite bei den Interdependenzen zwischen Projekten, die zunehmend in Erscheinung treten wird. Viel Investmenttätigkeit erfolgt auf unkoordinierte Weise und wird zum Teil durch politische Präferenzen getrieben. In vielen Bereichen entsteht eine Dissonanz zwischen Neubau, Nachfrage, Vernetzung, regulatorischer Klarheit, der Skalierbarkeit von bestimmten Technologien und weiteren Faktoren.