Patientenverfügung, Testament & Co Das sollte der Notfallkoffer im Vorsorge-Ernstfall alles regeln

Sven Oberle ist Partner und Christine Pauly ist Managerin im Bereich Private Client Services Tax bei EY.

Sven Oberle ist Partner und Christine Pauly ist Managerin im Bereich Private Client Services Tax bei EY. Foto: EY

Auf unerwartete Vorfälle in Ihrem Leben sollten Sie und Ihre Lieben – egal welchen Alters – stets vorbereitet sein. Denn Krankheiten oder körperliche, geistige oder seelische Behinderungen, etwa nach einem Unfall, können selbstbestimmte Entscheidungen teilweise oder vollständig beeinträchtigen.

Entgegen der allgemeinen Vermutung haben weder Ehepartner, Eltern von volljährigen Kindern, noch die Kinder im Ernstfall eine „automatische“ Entscheidungs- und Handlungsbefugnis für Sie. Sollte jemand beispielsweise nach einem Autounfall temporär im Koma liegen, kann der Ehepartner nicht ohne weiteres die Geschäfte weiterführen. Vielmehr wird vom Gericht ein Betreuer eingesetzt, der Sie dann gesetzlich vertritt. Das kann unter Umständen ein völlig Fremder oder ein Ihnen unliebsamer Angehöriger sein. Dieser sowie die Behörden erhalten dabei Einblicke in Ihre privaten Verhältnisse und Angelegenheiten.

Um dies zu verhindern, sollten Sie sich die Zeit für folgende Fragen nehmen: Wer kümmert sich im Notfall um meine Finanzen, um meine Familie und um meine Geschäfte? Wer trifft für mich Entscheidungen, wenn ich dazu nicht mehr in der Lage bin? Wie kann ich meine Interessen, meine Wünsche, meine Bedürfnisse und einen reibungslosen Ablauf in meinem Unternehmen sicherstellen? Wem will ich wann was vermachen? Wer soll über meinen Zustand Bescheid wissen?

Die Antworten auf jene Fragen sollten in Ihrem „Notfallkoffer“ enthalten sein. In diesem sind alle wichtigen Informationen und Dokumente aufzubewahren, die Ihre Vertrauensperson(en) im Notfall benötigen. Der Notfallkoffer kann in einem Ordner, in einem Umschlag und/oder auch in digitaler Form vorgehalten werden. Der Ort der Aufbewahrung sollte sicher, bestimmten Vertrauenspersonen bekannt und im Ernstfall schnell erreichbar sein.

Benachrichtigungsliste, Unterlagen und wichtige Vertragsdokumente

In der Benachrichtigungsliste sind alle Kontakte aufzunehmen, die im Notfall sofort oder zeitnah informiert werden sollen. Diese sollte neben nahen Angehörigen und Freunden auch Personen wie den Steuerberater, den Rechtsanwalt, den Versicherungsmakler sowie den persönlichen Bankberater beinhalten. Alle Verträge wie etwa Darlehensverträge, Bürgschaften, Mietverträge und Versicherungspolicen, aus denen noch Rechte oder Pflichten resultieren, sollten, wenn möglich, in Kopie beigelegt oder zumindest aufgezählt werden. Hilfreich ist auch eine Zusammenstellung persönlicher Daten wie Geburtsurkunde und Familienbuch. Ein Hinweis darauf, wo sich die Originalunterlagen befinden, sollte nicht fehlen. Alle relevanten Zugangsinformationen wie Benutzername, Passwörter und die Ablage aller Schlüssel sollte man umfassend dokumentieren. Dies gilt entsprechend für den sogenannten digitalen Nachlass.

Denken Sie auch an die Auflistung von nicht offensichtlichen Vermögenswerten wie beispielsweise das ausländische Bankkonto, den Familienschmuck im Schließfach oder das Guthaben mit Kryptowährungen samt dazugehörigem „privaten Schlüssel“.