Kommentar zum Atomfonds Zu viel Politik bei Deutschlands erstem Staatsfonds

Christoph Vogt von Format Asset Management: Der frühere Vattenfall-Portfoliomanager übt Kritik am politischen Einfluss auf den jüngst gegründeten Atomfonds.

Christoph Vogt von Format Asset Management: Der frühere Vattenfall-Portfoliomanager übt Kritik am politischen Einfluss auf den jüngst gegründeten Atomfonds. Foto: Format Asset Management

Zum 1. Juli 2017 haben die vier Kernenergiebetreiber in Deutschland – E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall – über 24 Milliarden Euro an den neu geschaffenen Entsorgungsfonds überwiesen. Den Rechtsrahmen für die Auflage und das Management dieses Fonds bildet das Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung. Bei dem Entsorgungsfonds handelt es sich um eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie wird zum absoluten Großanleger mutieren.

Aus dem Fonds sollen der Rückbau sowie die fachgerechte Verpackung radioaktiver Abfälle der in Deutschland unter dieses Gesetz fallenden Anlagen fallen. Aufgrund seiner anfänglichen Kapitalausstattung und der zu erwartenden Lebensdauer dieses Fonds kann von einem typischen Staatsfonds gesprochen werden.

Gegenwärtig werden bereits kerntechnische Anlagen abgebaut und radioaktives Material wird in den Lagern der verschiedenen Standorte zwischengelagert. Die Suche nach einem deutschen Endlager für stark radioaktive Abfälle, die beim vollständigen Abriss von Kernkraftwerken entstehen, läuft erst wieder an und ist zurzeit völlig ergebnisoffen.

Im Gegenzug für die Zahlungen der privaten Kraftwerksbetreiber geht die Verantwortung für die Durchführung und Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle auf den Staat über. Dieser wird die Endlagerung sämtlicher Abfälle aus den Kraftwerken übernehmen. Bis 2030 soll ein Standort für ein Endlager radioaktiven Abfalls in Deutschland gefunden sein. Ab zirka 2050 soll darin die Einlagerung von Atommüll für die Ewigkeit erfolgen.

Finanzplanung eines Staatsfonds

Die Kosten für die in den nächsten Jahrzehnten anstehenden Maßnahmen sollen aus dem Fondsvermögen langfristig gedeckt werden. Aus dieser Konstruktion heraus ist zu folgern, dass der Fonds 100 Jahre oder sogar noch länger bestehen könnte.

Die Renditeanforderung an den Fonds liegt bei knapp 3 Prozent pro Jahr, die zumindest auf den Sockelbetrag von 17,6 Milliarden Euro erzielt werden sollen. Hierbei handelt es sich um die von den Unternehmen angesammelten Rückstellungen für die Entsorgung. Die Differenz zu den jüngst gezahlten 24,1 Milliarden ist der vom Staat geforderte Risikozuschlag von 35 Prozent.

Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Warth & Klein Grant Thornton kam in einem Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium im Herbst 2015 zu einem gewichteten Durchschnittszins von jährlich 4,58 Prozent für die Kernenergierückstellungen. Bringt man eine erwartete Inflationsrate von 1,6 Prozent pro Jahr in Abzug, resultiert eine jährliche Nettorenditeerwartung an den Fonds von 2,98 Prozent.

Die jährlichen Zahlungsverpflichtungen für die Entsorgung dürften bei mehreren 100 Millionen Euro liegen. So berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ von erwarteten rund 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr. Werden auf den Sockelbetrag von 17,6 Milliarden die Renditeerwartungen langfristig erzielt, ergibt sich zum Beispiel nach 80 Jahren Laufzeit ein Volumen von 184,4 Milliarden Euro.