Kommentar von La Financière de l’Echiquier Europäischer Small-Cap-Markt trocknet aus

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Austrocknen des Marktes gibt Anlass zur Sorge

Der Rückgang der Zahl an Nano, Micro und Small Caps, der sich in allen europäischen Ländern außer Schweden beobachten lässt, ist strukturell bedingt. Jedes Jahr erlischt die Börsennotierung von 5 bis 6 Prozent der Unternehmen. Im Gegensatz dazu ist die Zahl an Large Caps um 12 Prozent gestiegen, und zwar ausschließlich aufgrund von Unternehmen, die aus dem Small- und dem Mid-Cap-Segment aufgestiegen sind.

Das hat zu einem großen Problem geführt: Das Wachstum der Anzahl der börsennotierten Large Caps hängt allein von den Erfolgsgeschichten innerhalb des Small- und des Mid-Cap-Segments ab. Der daraus resultierende Rückgang dieser Basis ist kein gutes Zeichen für die Zukunft.

Die Alterung des gesamten Marktes ist vergleichbar mit der demographischen Pyramide. Wenn die Basis versiegt, dann schrumpft später auch der Gipfel. Die Wachstumsrate in Europa hängt von der Stärke des Finanzmarkts ab, die auch bei der Finanzierung der Altersvorsorge eine wichtige Rolle spielt. Mit diesem dualen Phänomen muss sich vor allem Deutschland auseinandersetzen.

Wie in Frankreich und Großbritannien ist auch in Deutschland zu beobachten, dass das Investitionsuniversum schrumpft. Es fehlt an Maßnahmen, die Basis zu erneuern. Von 2006 bis 2016 verringerte sich die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Deutschland um 18 Prozent, fast das Doppelte im Vergleich zum Rest Europas.

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 Quelle: CIQ/LFDE, 2017

Die Zahl der deutschen Nano, Micro und Small Caps ist zwischen 2006 und 2016 um 24 Prozent gesunken. Anders als in Großbritannien und Frankreich blieb die Zahl der deutschen Blue Chips zwischen 2007 und 2016 stabil.

Bei den Mid Caps hingegen stieg die Anzahl um 8 Prozent und ihre Gewichtung auf 14,3 Prozent, gegenüber 11,5 Prozent im Jahr 2007. Im Vergleich dazu gab es einen starken Anstieg der Large-Cap-Segmente, wobei die durchschnittliche Marktkapitalisierung mit rund zwei bis 2,3 Milliarden Euro stabil blieb.

Daher ist dieses Segment nicht geschrumpft. Der Anstieg von Mid und Large Caps speist sich daher ausschließlich aus demselben Marktsegment, nämlich von bereits börsennotierten Unternehmen und von kleineren Marktkapitalisierungssegmenten.

Gründe für das Schrumpfen

Börsenabgänge, sogenannte Delistings, sind ein wiederkehrendes Phänomen, das im Wesentlichen auf Übernahmeangebote zurückzuführen ist. Allerdings ist der Grund für den derzeitigen Niedergang vor allem die unzureichende Anzahl von Börsengängen – eine logische Folge von Krisenzeiten. Von 2008 bis 2012 erreichte diese Lücke in Europa fast 900 Unternehmen.

Vor dem Hintergrund des wiederauflebenden Wirtschaftswachstums und der optimistischen Finanzmärkte ist die Situation jedoch umso alarmierender, vor allem in den Segmenten Small und Mid Cap. In Deutschland ist das Verhältnis zwischen Börsengängen und -abgängen negativ: 2016 gab es 146 börsennotierte Unternehmen weniger als 2006. Daher kann sich das Sammelbecken an Unternehmen, die in den kommenden Jahren in den Markt eintreten, nicht wieder auffüllen.

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 Quelle: CIQ/LFDE, 2017

Strengere Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) und der Wettbewerb seitens Private-Equity-Akteuren erklären zumindest teilweise die mangelnde Attraktivität der Börse. Einige Finanzintermediäre, vor allem Börsenmakler, die ein äußerst wichtiges Bindeglied in dem ganzen Prozess sind, haben angesichts der Regulierung ebenfalls das Handtuch geworfen.

Doch weil dies den Stakeholdern in der gesamten Marktlandschaft kaum bewusst ist, besteht die Gefahr, dass sich die Situation noch weiter verschlechtert. Die Richtlinie Mifid 2 dürfte eine weitere Konzentration der Handelsströme unter einer immer kleineren Zahl von Global Playern nach sich ziehen.

Die vor kurzem von Union Investment – dem mit 310 Milliarden Euro drittgrößten deutschen Vermögensverwalter – verkündete Entscheidung, die Zahl seiner Sell-Side-Research-Anbieter drastisch zu reduzieren, ist ein deutliches Beispiel für diesen Trend. Es ist gut möglich, dass andere diesem Beispiel in den nächsten Monaten folgen und damit die lokalen Broker-Geschäftsmodelle gefährden.