Grundlagen & Handelstrategien, Teil 2 Wie die Griechen den Preis einer Option beeinflussen

Norbert Wolk vom Vermögensverwalter Albrech & Cie.: Seit 25 Jahren beschäftigt er sich mit Optionsstrategien.

Norbert Wolk vom Vermögensverwalter Albrech & Cie.: Seit 25 Jahren beschäftigt er sich mit Optionsstrategien.

Nachdem wir im ersten Teil unserer Artikel-Serie die Frage geklärt haben, ob Optionsgeschäfte und -strategien in der Vermögensallokation sinnvoll sind oder nicht, geht es in diesem Teil um die Preisfindung. Was ist der theoretische Wert, der „fair value" einer Option? Weiter wollen wir beleuchten, warum sich eine Option wie bewegt.

Dabei gibt es unterschiedliche Herangehensweise und Modelle. Hier soll es aber nicht um die genaueste Berechnung gehen, da dies den Rahmen sprengen würde. Stattdessen wollen wir die Einflussfaktoren des Binomialmodells und des Black-Scholes-Modells betrachten, auf die sich die meisten berufen. Denn diese Modelle sind entscheidend, um eine Option auch zu verstehen.  

Optionspreise an der Börse ändern sich im Grunde genommen ständig, auch dann, wenn sich der Wert des Basispreises – gehen wir von einer Aktie aus – nicht verändert. Doch wie kann das sein? Wie kann es sein, dass ein Call, der also auf steigende Kurse setzt, im Wert fällt, obwohl die Aktie steigt?

Wieso ist meine Option am Montag weniger Wert als noch vor dem Wochenende, obwohl sich die Aktie nicht verändert hat? Alles Fragen, deren Lösung in den Einflussfaktoren zur Bewertung einer Option liegt. Diese Einflussfaktoren nennt man kurzerhand „die Griechen“, wobei man hiermit den ersten Buchstaben des Alphabets der entsprechenden Einflussgröße auf Griechisch meint. Wir wollen sie hier der Reihe nach besprechen und so zum besseren Verständnis der Funktionsweise einer Option im Handel beitragen:

Delta

Das Delta gibt an, wie sich der Wert der Option verändert, wenn sich der Wert der Aktie verändert. Mathematisch gesehen ist es die erste Ableitung des Optionspreises nach dem Basiswert. Das Delta einer Call Option kann einen Wert zwischen 0 und +1 haben, das Delta einer Put-Option dementsprechend ein Delta zwischen 0 und -1. Die Korrelation von Calls und Puts ist negativ, was bedeutet, dass steigende Aktienkurse bei Calls steigende Call-Preise in Höhe des Deltas bedeuten, dementsprechend steigende Aktienkurse Verluste in Höhe des Deltas bei Puts bedeuten.

Hat eine Option ein Delta von 0,5, so bedeutet dies, dass sich die Wertänderung bei der Option um 50 Prozent niederschlägt. Steigt beispielsweise eine Aktie um einen Euro, bedeutet das einen Wertzuwachs bei einem Call um 0,50 Euro, bei einem Put mit einem negativen Delta von -0,5 einen Verlust von 0,50 Euro, vorausgesetzt, alle anderen Einflussfaktoren bleiben unverändert.

Folgendes Schaubild soll den Zusammenhang zwischen verschiedenen Basispreisen und Deltas veranschaulichen:

www.enrichwise.com

At-the-money-Optionen (ATM) haben also ein Delta von circa 0,5 bei den Calls, dementsprechend Puts ein Delta von circa -0,5. Out-of-the-money-Optionen (OTM) haben ein Delta von circa 0,1 bei den Calls, bei den Puts ein Delta von -0,1. In-the-money-Optionen (ITM) haben ein Deta von circa 0,9, bei den Puts dementsprechend circa -0,9.