Gestiegene Kundenbedürfnisse Wealth Manager müssen ihre IT-Strukturen überdenken

Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth Management im Bereich EMEIA Financial Services Advisory von EY und berät Banken und Vermögensverwalter von der Prozessoptimierung bis zur grundlegenden Transformation.

Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth Management im Bereich EMEIA Financial Services Advisory von EY und berät Banken und Vermögensverwalter von der Prozessoptimierung bis zur grundlegenden Transformation. Foto: EY

Auch im 21. Jahrhundert gleicht die IT-Landschaft vieler deutscher Wealth Manager nicht selten einem Flickenteppich, den diese an den verschiedensten Stellen mit unterschiedlichen Stoffen ausgebessert oder erweitert haben. Die Fragmentierung der IT-Landschaft durch Insellösungen oder selbst entwickelte Applikationen, die zum Teil über Jahrzehnte hinweg erweitert wurden, hat diesen Teppich immer unübersichtlicher und starrer werden lassen.

Je höher der Grad der Fragmentierung durch bankspezifische Lösungen – sogenannte Customizings – ist, desto schwieriger wird es für viele Wealth Manager, sich von dieser Bürde zu lösen und innovative technologische Lösungen anzugehen. Denn für einen solchen Schritt ist Mut zur Agilität notwendig, um interne Widerstände, budgetäre Festlegungen oder etablierte Prozesse und Strukturen zu überwinden.

Auch die deutsche Wealth-Management-Industrie ist von den aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozessen betroffen. So wächst die Notwendigkeit, das jeweilige Geschäftsmodell durch eine standardisierte, offene, aber auch modulare Plattform über alle Anlageklassen hinweg, zu unterstützen. Für viele Wealth Manager ist der Zeitpunkt gekommen, dass behelfsmäßige Lösungen nicht mehr ausreichend sind. Der Flickenteppich muss weg und neue, reaktionsfähigere Strukturen müssen her.

Denn es geht um gestiegene Kundenbedürfnisse. Ein paar Beispiele: Wealth-Management-Kunden erwarten eine echte Omni-Kanal-Interaktion, die die Beratenen, aber auch deren Berater mit Echtzeitinformationen und -analysen unterstützt und eine maßgeschneiderte Beratung ermöglicht (siehe Grafik). Kunden bevorzugen zunehmend passive und alternative Produkte, welche mittlerweile elementarer Bestandteil der Beratungsleistung sind und somit über alle Kanäle hinweg integriert werden müssen. Des Weiteren interessieren sie sich immer stärker für Dienstleistungen, die einen klaren Mehrwert bieten – wie zum Beispiel die gesamtheitliche Finanzplanung unter Berücksichtigung von Steuergesichtspunkten und Lebensereignissen. 

Wealth Manager können es sich nicht mehr leisten, diese Branchentrends und neue Standards zu ignorieren. Ansonsten werden eine weitere Erhöhung des Gebührendrucks durch die Kunden, gepaart mit zunehmenden Kosten für die Transformation, aber auch für laufende Prozesse („Run the Bank“, kurz RTB) infolge steigender regulatorischer Anforderungen, die Profitabilität der Wealth Manager in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld noch weiter schmälern.

Der Schlüssel liegt in der Einführung offener sowie modularer Front-to-Back-Plattformen. Dies bezeichnet Systeme, die die gesamte Wertschöpfungskette im Wealth Management durch die Kombination von verschiedenen Modulen gesamtheitlich abdecken und durch standardisierte Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) gezielt ergänzt werden können.

Durch ihren modularen Aufbau können Wealth Manager diese abhängig von ihren individuellen Bedürfnissen gezielt einsetzen. Alle notwendigen Informationen können auf allen Kanälen konsistent und entlang einer einheitlichen Erfahrung für den Endnutzer dargestellt werden. Dabei kann solch eine Plattform Informationen von Kundenstammdaten und -präferenzen über Details zu Beratungssituationen und Beratungswünschen bis hin zu Markt- und Portfoliodaten in Echtzeit abbilden. Dieser einheitliche Datenhaushalt trägt entscheidend zur Kundenzufriedenheit bei und ermöglicht zugleich ein effizientes regulatorisches Reporting über Standardschnittstellen.