Gestiegene Kundenbedürfnisse Wealth Manager müssen ihre IT-Strukturen überdenken

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Eine erfolgreiche Einführung von Front-to-Back-Plattformen trägt zudem maßgeblich zu einer Konsolidierung und Vereinfachung der bestehenden IT-Infrastruktur bei. Nicht zuletzt aufgrund dieser Vorzüge haben die Schweizer Software-Schwergewichte im Wealth Management, Avaloq und Temenos, ihre Aktivitäten in Deutschland in den vergangenen Jahren verstärkt. Auch neue Anbieter wie Blackrock Solutions drängen mit spezialisierten Lösungen neben SAP auf den interessanten deutschen Wealth-Management-Markt.

Die Standardisierung und Vereinfachung durch eine integrierte Plattform verringert nicht nur die operativen Risiken eines Wealth Managers, sondern reduziert auch den notwendigen Entwicklungsaufwand durch die Reduktion der Komplexität und Abhängigkeit über mehrere Systeme und Schnittstellen. Langfristig werden so die Kosten für Wartung und Betrieb verringert. Von diesen Vorzügen konnten bereits die Wealth Manager bei der Einführung neuer regulatorischer Vorgaben wie Mifid II und Priips nachhaltig profitieren, die frühzeitig diesen Weg gegangen sind. Diese Plattformen bieten zudem ein innovatives Management der IT-Infrastruktur und ein stringentes IT-Outsourcing (ITO) an, was den Einspareffekt weiter verstärkt.

Immer öfter bieten sie sogar die Möglichkeit, die Infrastruktur durch den Hersteller oder in der Cloud zu betreiben. Manche Anbieter gehen sogar noch einen Schritt weiter und ermöglichen, ganze Prozessketten aus dem Back- und Middle-Office-Bereich zu übernehmen (Business Process Outsourcing, kurz BPO). So erzielt der Wealth Manager einen weiteren Einspareffekt bei den laufenden Kosten.

Weil die Front-to-Back-Plattformen fähig sind, die verschiedensten Anlageklassen abzubilden, ermöglichen sie auch einen 360-Grad-Überblick über alle Vermögensgegenstände des Kunden. Zudem wird die Integration von alternativen Investments stetig weiter vorangetrieben, wofür zum Beispiel die milliardenschwere Übernahme von eFront durch Blackrock ein weiteres starkes Signal ist.

Durch die Nutzung von Outsourcing-Möglichkeiten wie ITO oder BPO, gepaart mit einem Betrieb in der Cloud, kann der Wealth Manager seine RTB-Kosten verringern und seine auf die Zukunft gerichteten Veränderungen im Rahmen der übergeordneten Strategie fokussiert auf einer Plattform ausrichten. Dieser Vorteil wird durch die standardisierte Anbindung von weiteren Fintech-Lösungen aus dem Ökosystem des jeweiligen Anbieters verstärkt. So offerieren diese Plattformen zusätzliche Optionen durch standardisierte APIs, zum Beispiel das Einbinden von Lösungen der Blockchain und von Kryptowährungen, Sprachassistenten für Steuerfragen oder innovativen Möglichkeiten der Nachrichtenanalyse basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI).

Wenn man die technischen Möglichkeiten betrachtet, die offene, modulare Front-to-Back-Plattformen bieten, wird aus meiner Sicht klar, dass eine in die Jahre gekommene und fragmentierte Systemlandschaft den Erwartungen und Anforderungen nicht mehr genügt: Sowohl Wealth-Management-Kunden als auch innovative Wealth Manager verlangen mehr. Jeder Wealth Manager muss demnach seine Strategie konsequent entlang seiner spezifischen Kernkompetenzen ausrichten und mit Hilfe der oben genannten Punkte umsetzen.

So lassen sich schwierige Entscheidungen, wie die zur Erneuerung einer Legacy-Landschaft oder der Auslagerung von Teilen der Wertschöpfungskette, treffen und erfolgreich gegen interne Widerstände durchsetzen. Mit diesem Vorgehen gelingt der Schritt in die Zukunft für deutsche Wealth Manager sicherlich, da die jeweiligen hausspezifischen Alleinstellungsmerkmale weiter geschärft, wettbewerbsfähig angeboten und den bestehenden Aufwand-Ertrags-Ambitionen von teilweise unter 50 Prozent langfristig wieder angenähert werden können.


Über den Autor:
Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth Management im Bereich EMEIA Financial Services Advisory von EY (Ernst & Young). Vom Standort Frankfurt aus berät er Banken und Vermögensverwalter von der Prozessoptimierung bis zur grundlegenden Transformation.  

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