In der Regel kommt heute im Private Banking und Wealth Management unterschiedliche Software für die verschiedenen Aufgabenstellungen zum Einsatz, oftmals verbunden über eine papierhafte Schnittstelle, die manuelle Datenübernahmen erfordert. Die Schwierigkeit für alle Finanzdienstleister wird sein, diese Teillösungen in Zukunft zusammenzuführen und ganzheitliche Ansätze umzusetzen.
Eine mögliche Option ist es, dazu mehr Funktionalität bei weniger Anbietern einzukaufen. Eine andere muss sein, neue Produkte auf bereits bestehende Infrastruktur aufzusetzen, um den steigenden Anforderungen der Kunden zeitnah gerecht zu werden.
Wie wird aus vielen Einzelteilen ein großes Ganzes?
„Alles aus einer Hand“ wird es auch in Zukunft nicht geben. Die Auswahl der Softwareangebote, basierend auf einer umfassenden strategischen Gesamtvorstellung, wird der entscheidende Erfolgsfaktor sein. Die folgenden Überlegungen sollten dabei auf jeden Fall berücksichtigt werden:
1. Schnittstellen: Technisch löst man die Verknüpfung der einzelnen Software-Tools mit Schnittstellen, sogenannte APIs (Application Programming Interfaces). Da solche Verknüpfungen mitunter komplex sind, sollten Finanzdienstleister eigene technische Spezialisten aufbauen, die sich mit Details und Gepflogenheiten der Zahlenwelt der Finanzindustrie auskennen. Während die Verbindung über Schnittstellen zunehmend besser funktioniert, lassen sich Software-Produkte Schritt für Schritt einführen.
2. Standards: Der Ruf nach technischen und regulatorischen Standards wird trotz der Fragmentierung der Finanzsoftware-Industrie von fast allen Beteiligten unterstützt. Doch das dauert. Ein Beispiel wie die EU-Payment Services Directive 2 (PSD2) zeigt: Von der Erkenntnis auf EU-Ebene, die Nutzung von Bankdaten durch Dritte zu regulieren, bis hin zur technischen Nutzung der Schnittstellen hat es bisher schon zehn Jahre gebraucht.
3. Plattformarchitektur: Einige Software-Anbieter stellen ihre Produkte auf eigenen Plattformen zur Verfügung, die auch Angebote Dritter einbinden. Für den Kunden funktioniert das wie ein Setzkasten, aus dem er die Software zusammenstellen kann. Alle notwendigen Schnittstellen wurden hier bereits umgesetzt. Eine wirklich offene, anbieterunabhängige Plattform hat sich allerdings bisher noch nicht herausgebildet.
4. Cloud-Services: Mittlerweile wird Software überwiegend als Cloud-Services angeboten. Grundsätzlich ist das vorteilhaft, da Wartung und Weiterentwicklung ohne eigenes Personal auf Kundenseite erfolgen kann. Jedoch kämpfen gerade im regulierten Finanzbereich viele Marktteilnehmer immer noch damit, die notwendigen Grundvoraussetzungen für solche Dienste zu schaffen, sogenannte Cloud-Readiness. Der Wealth Manager muss bei der Auswahl des passenden Partners zwischen global agierenden Cloud-Konzernen und kleineren, lokalen Anbietern entscheiden und dabei auch Themen wie rechtliche Rahmenbedingungen, Datenschutz und mehr bedenken.
Wie profitieren etablierte Marktteilnehmer von der Digitalisierung?
Effizienzgewinn: Die richtige Umsetzung digitaler Lösungen führt zu einer qualitativen und quantitativen Verbesserung des Outputs einer Bank, ergo einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit: Weniger manuelle Prozesse verringern die Fehlerquoten, Aufgaben werden schneller erledigt, notwendige Informationen zeitnah und umfassend bereitgestellt, papierhafte Prozesse reduziert, die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten für Kunden nehmen zu, neue Preismodelle sind möglich und vieles mehr.
Kundenbindung: Private-Banking-Kunden erwarten heute einen stetigen und transparenten Zugang zu all ihren Vermögenswerten. Analog dazu müssen die Informationen dem Berater zur Verfügung stehen. Ein so entstehendes digitales Relationship-Management wird Teil eines neuen hybriden Beratungsmodells, in dem die Erfahrung und Empathie des Wealth Managers mit den Möglichkeiten der digitalen Datengewinnung und -verarbeitung zusammenfließen.