Wenige Rückkäufe und kaum Erfolg beim Timing Die große Analyse von FvS: Aktienrückkaufprogramme im Dax und MDax

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Timing der Rückkäufe

Betrachtet man einen Aktienrückkauf als Kapitalrückführung, Investition in die eigene Aktie oder Kurspflegemaßnahme, so ist die nach dem Rückkauf entstehende Rendite maßgeblich für die Bewertung des Rückkaufserfolgs. Das Timing eines Rückkaufs wird im Rahmen dieser Analyse als „gut“ gewertet, wenn im Anschluss an den Rückkauf ein Kursanstieg zu verzeichnen ist. Falls der Aktienkurs im Nachgang von Aktienrückkäufen fällt, werden die Rückkäufe eines Geschäftsjahres als schlecht klassifiziert.

Der Kursanstieg oder -rückgang wird über die Rendite des Aktienkurses innerhalb der nächsten zwei Jahre nach dem Geschäftsjahr der Rückkäufe gemessen. Da in den meisten Fällen keine genaueren Informationen über Rückkaufkurse verfügbar sind, dient der durchschnittliche Rückkaufkurs, welcher durch den durchdurchschnittlichen Tageskurs eines Geschäftsjahres angenähert wird, als Basis für die Berechnung der Rendite.

Die Rendite wird absolut und nicht relativ zu einer Benchmark betrachtet, da es für den Erfolg essentiell ist, Phasen niedriger Bewertung abzupassen und von einem anschließenden Kursanstieg zu profitieren. Ob der Rückkauf kausal für den Preisanstieg war, ist hierbei nebensächlich, da für die Aktionäre nur die Wertveränderung selbst relevant ist. Selbst wenn der Kursanstieg nicht durch den Rückkauf verursacht wurde, hat das Unternehmen dennoch seine Anteile zu einem niedrigeren Preis eingekauft, oder erfolgreich in die eigene Aktie investiert.


Abbildung 3 zeigt das Volumen der Rückkäufe der beiden Klassifizierungen gut und schlecht und gibt zum Vergleich Dax und M-Dax als Kursindizes an. Das Volumen folgt deutlich den Aktienkursen. In Zeiten hoher Kurse haben Unternehmen ausschüttungsfähiges Kapital zur Verfügung und setzen dieses für Aktienrückkäufe ein. In Zeiten niedriger Kurse fehlt den meisten Unternehmen ausschüttungsfähiges Kapital, obwohl genau jetzt zu günstigen Preisen Anteile zurückgekauft werden könnten.

Tabelle 2 gibt eine detaillierte Übersicht über die Anzahl, das Volumen und die Rendite der Rückkäufe in den einzelnen Jahren. Im Jahr 2005 wurden besonders viele gute Aktienrückkäufe durchgeführt, da die Kurse niedrig waren und in den folgenden Perioden gestiegen sind. 2006 bis 2008 waren durch den Kursverfall der Finanzkrise schlechte Jahre für Aktienrückkäufe, obwohl in diesen Jahren ein bedeutendes Volumen zurückgekauft wurde. 2010 wurden überwiegend schlechte Rückkäufe durchgeführt, welches sich in den folgenden Jahren aber änderte.

Betrachtet man volumengewichtet alle guten Rückkäufe gemeinsam, so muss man den Dax- und M-Dax-Konzernen ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Nur bei 24 Prozent des Volumens stellte sich im Anschluss eine Kurssteigerung ein, bei 76 Prozent fiel hingegen der Aktienkurs. Aggregiert kam es nach Rückkäufen zu einem Kursrückgang von jährlich 4,6 Prozent. Dies heißt, dass vermehrt größere Rückkäufe zu ungünstigen Zeitpunkten durchgeführt wurden.



Tabelle 3 nimmt einen alternativen Blickwinkel ein und bewertet den Erfolg der Rückkäufe auf Basis der einzelnen Unternehmen. Waren volumengewichtet mehr als 66 Prozent der Rückkäufe gut, so wird das Timing des Unternehmens bei Rückkäufen als erfolgreich klassifiziert. Falls weniger als 33 Prozent gut waren, ist das Unternehmen nicht erfolgreich beim Timing der Aktienrückkäufe gewesen. 15 der 35 Unternehmen mit Aktienrückkäufen haben ein erfolgreiches Timing bewiesen.

Im Schnitt kauften diese Unternehmen alle sechs Jahre (1,7-mal in zehn Jahren) in Phasen niedriger Kurse eigene Aktien im Umfang von 2,7 Prozent der Marktkapitalisierung zurück. Mit einer anschließenden Rendite von jährlich 16,3 Prozent kann man getrost von einem sehr erfolgreichen Timing der Rückkäufe sprechen. Hierunter fallen unter anderem die Unternehmen Gerry Weber und Krones, die beide 2009 bedeutende Rückkäufe bei niedrigen Kursen getätigt haben. Bei 13 Unternehmen war das Timing hingegen nicht erfolgreich. Es wurde 2,0-mal in zehn Jahren Aktien zu hohen Kursen zurückgekauft mit einem folgenden Preisrückgang von jährlich 15,0 Prozent.

Unternehmen, die häufiger aktiv waren (5,0-mal in zehn Jahren, also jedes zweite Jahr), machen alle Marktbewegungen mit und liegen daher im Mittelfeld mit jährlich 10,1 Prozent Kursanstieg. Ein erfolgreiches Timing kommt also primär zustande, wenn man vereinzelt und gezielt Kapital zurückkauft.

Wer regelmäßig Aktien zurückkauft, für den steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Rückkauf zu einem hohen Aktienkurs erfolgt ist, welches wiederum für die Anteilseigner schlecht ist, da zu viel Kapital eingesetzt werden muss, um den Gewinn je Aktie bedeutend zu erhöhen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass es große Differenzen im Timing der Aktienrückkäufe gibt. Zwar besticht knapp die Hälfte der Unternehmen mit einem erfolgreichen Timing, im Schnitt aller Unternehmen wurde jedoch Kapital vernichtet. Es wurden viele große Rückkäufe zu ungünstigen Zeitpunkten durchgeführt, so dass der durchschnittliche Aktienkurs nach Rückkäufen gefallen ist. In einigen Fällen (Daimler 2007, 2008) mussten diese Unternehmen sogar anschließend wieder Kapital wegen unzureichendem Eigenkapital aufnehmen.

Aktueller Stand der Rückkaufprogramme

66 der 80 Dax-Konzerne besitzen aktuell eine Genehmigung zum Rückkauf eigener Anteile von bis zu 10 Prozent des Grundkapitals nach Aktiengesetz Paragraf 71 Absatz 8 (Tabelle 4). Ein Teil der Genehmigungen laufen 2015 ungenutzt aus, es ist jedoch auf den Hauptversammlungen zu erwarten, dass so gut wie alle auslaufenden Programme wie bereits in der Vergangenheit um fünf Jahre verlängert werden. 18 der 66 Unternehmen haben von der aktuellen Ermächtigung gebraucht gemacht und im Schnitt 17 Prozent des genehmigten Kapitals zurückgekauft.



Sowohl die historische Entwicklung als auch die aktuelle Situation zeigt, dass die Ermächtigungen meist als eine Art Vorratsbeschluss zu verstehen sind. Das Management erlangt durch die Ermächtigung Flexibilität Aktien zu verschiedenen Zwecken zu kaufen, verpflichtet sich jedoch nicht zu Aktionen. Da die Kosten zum Erlangen der Flexibilität sehr gering sind, ist es auch nicht verwunderlich, dass die meisten Unternehmen eine Ermächtigung besitzen und erneuern, falls sie ungenutzt ausläuft. Manche Unternehmen sind jedoch in der Flexibilität leicht eingeschränkt, da sie bereits eigene Aktien im Besitz haben und der Gesamtbestand auf 10 Prozent des Grundkapitals beschränkt ist.

Fazit

Aktienrückkäufe werden von Dax und M-Dax Unternehmen nur selten durchgeführt. Der Hauptweg Kapital an Anteilseigner zurückzuführen war und bleibt Dividenden zu zahlen. Das derzeitige Marktumfeld mit niedrigen Zinsen, welche die Aktienkurse überproportional zu den Gewinnen steigen lassen, deutet auf einen schlechten Zeitpunkt für derzeitige Aktienrückkäufe hin. Falls sich dies bewahrheiten sollte, bleibt zu hoffen, dass die Unternehmen genau jetzt nicht mit Aktienrückkäufen aktiv werden.


Über den Autor:
Dr. Philipp Immenkötter ist seit August 2014 als Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute tätig. Hier forscht er zu verschiedenen Themen im Bereich Unternehmens- und Aktienmarktanalyse. Zuvor lehrte und forschte er am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensfinanzen der Universität zu Köln.

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