Wenige Rückkäufe und kaum Erfolg beim Timing Die große Analyse von FvS: Aktienrückkaufprogramme im Dax und MDax

Philipp Immenkötter ist seit August 2014 als Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute tätig

Philipp Immenkötter ist seit August 2014 als Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute tätig

Möchte ein Unternehmen Kapital an seine Anteilseigner ausschütten, so kann es den Anteilseignern statt einer Dividende auch indirekt Wert durch Aktienrückkäufe zukommen lassen. Durch den Rückkauf eigener Aktien wird der Gewinn des Unternehmens unter weniger Anteilseigern aufgeteilt und das Angebot an gehandelten Aktien verknappt. Die Folge ist ein höherer Aktienkurs, der den Wert der Aktien aller Anteilseiger gleichmäßig steigen lässt.

In den USA sind Aktienrückkäufe sehr populär, in Deutschland jedoch eher von seltener Natur. Von den 333 Milliarden Euro, die von Dax- und M-Dax-Unternehmen seit 2005 an ihre Anteilseigener zurückgeführt worden sind, wurden 85 Prozent als Dividende und nur 15 Prozent in Form von Aktienrückkäufen ausgezahlt. Nur knapp die Hälfte aller Unternehmen hat überhaupt bedeutende Aktienrückkäufe durchgeführt, im Schnitt 1,3-mal in den vergangenen zehn Jahren.

Schlechtes Timing

Ein besonders gutes Timing der Rückkäufe bewiesen die Dax- und M-Dax-Konzerne nicht. Zwar wurden vor der Finanzkrise Aktienrückkäufe in großen Volumina durchgeführt, durch den anschließenden Kursverfall führte dies jedoch zu einer Kapitalvernichtung. Nach der Finanzkrise sind Häufigkeit und Volumen der Rückkäufe deutlich zurückgegangen. Nur 15 der 35 Unternehmen, die überhaupt Rückkäufe durchgeführt haben, waren bei dem Timing ihrer Rückkäufe erfolgreich. Problematisch für ein erfolgreiches Timing der Rückkäufe ist, dass Unternehmen meist nicht genügend ausschüttungsfähiges Kapital haben, wenn die Kurse am Boden sind und die Zeit für Rückkäufe gut scheint.

Die Unpopularität von Aktienrückkäufen in Deutschland kann zum einen durch die schlechte Erfahrung der Finanzkrise und zum anderen durch die historische Entwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen erklärt werden. Vor 1998 waren Aktienrückkäufe in Deutschland zwar nicht gänzlich verboten, jedoch bestand kaum Flexibilität in der Durchführung, da die Hauptversammlung nur eine unbedingte Herabsetzung des Kapitals beschließen konnte.

Seit 1998 kann die Hauptversammlung den Vorstand nun ermächtigen (statt wie vorher zu verpflichten) eigene Aktien zurückzukaufen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen schränken die Unternehmen also nicht ein. Die große Mehrheit der Unternehmen besitzt eine Ermächtigung zum Rückkauf eigener Anteil, macht davon jedoch nur sehr spärlich Gebrauch. Es scheint, dass die Konzerne sich die Flexibilität geben wollen Phasen der Unterbewertung auszunutzen, jedoch nur selten aktiv werden. Es handelt sich eher um „Vorratsbeschlüsse“ als echte Absichten Kapital einzuziehen.

Rahmenbedingungen und Folgen von Aktienrückkäufen

Aktienrückkäufe sind Teil der Kapitalallokationsentscheidung des Managements. Liquide Mittel, welche ausschüttungsfähig sind, können eingesetzt werden um eigene Aktien zu kaufen. Zusätzlich zur Kapitalrückführung verändern Aktienrückkäufe auch die Kapitalstruktur und die Besitzverhältnisse des Unternehmens.

In Deutschland werden Aktienrückkäufe meist über einen Kauf von Aktien an der Börse durchgeführt. Das Unternehmen beauftragt einen Broker, der stellvertretend eine vorher festgelegte Aktienanzahl zu vorgegebenen Preisspannen einkauft. Des Weiteren kommen auch öffentliche Rückkaufangebote vor, bei denen zu Festpreisen oder mittels Auktionsverfahren den Anteilseignern ein Rückkaufangebot unterbreitet wird.

Aktien, die zurückgekauft wurden und im eigenen Bestand gehalten werden (treasury shares), müssen für vorher festgelegte Zwecke verwendet werden.  Möglich ist beispielsweise eine „Vernichtung“ der Aktien durch Herabsetzung des Grundkapitals mittels Beschluss der Hauptversammlung. Eine Ausgabe der Aktien an Mitarbeiter als Vergütung ist ebenso möglich und kommt regelmäßig in kleinerem Umfang vor. In diesen Fällen wird das Kapital nicht herabgesetzt, es kommt lediglich zu einer Umverteilung der Anteile. Die aufgewendeten Beträge werden hierbei häufig nicht in der Kapitalflussrechnung aufgeführt, da sie bereits mit der anschließenden Ausgabe der Aktien saldiert ausgewiesen werden.

Neben einmaligen unbedingten Beschlüssen zum Aktienrückkauf, lassen sich die meisten Unternehmen die Möglichkeit einräumen, über einen maximal fünf Jahre gültigen Beschluss der Hauptversammlung den Vorstand zum Erwerb von bis zu 10 Prozent des Grundkapitals zu ermächtigen. In der Regel wird der Verwendungszweck hierbei jedoch offengehalten, so dass sowohl Kapitalherabsetzung, Vergütung, Bedienung von Wandelanleihen oder Ausgabe der Aktien als Akquisitionswährung möglich ist.

Unabhängig vom Erwerbsgrund können nach IFRS eigene Aktien im Bestand vom Eigenkapital abgezogen werden und tauchen somit nicht in der Bilanz auf, müssen aber im Anhang angegeben werden. Der Bestand an eigenen Aktien darf zu keiner Zeit 10 Prozent des Grundkapitals überschreiten.

Kauft ein Unternehmen eigene Aktien am Markt zurück und gibt jene nicht zeitnah wieder an den Markt, kann dies zu einer Kurssteigerung führen. Die Stärke des Kurseinflusses hängt maßgeblich von Angebot und Liquidität der Aktie ab.

Betrachtet man einen Aktienrückkauf aus der Bewertungsperspektive, so führt ein Aktienrückkauf zu einer Kurssteigerung, da nach dem Rückkauf der gleiche Gewinn unter weniger Eigenkapitalgebern aufgeteilt wird und sich somit der Gewinn je Aktie erhöht (EPS accretion). Betrachtet man den Unternehmensgewinn als einen Kuchen, so wird dieser nach Rückkäufen unter weniger Anteilseigner aufgeteilt und somit wird jedes einzelne Stück größer.