Der erste Regierungschef, den Trump nach seiner Wahl traf, war Shinzo Abe aus Japan. Er ist derjenige, der als erster an BIP-Quoten orientierte Staatsschuldenziele ignorierte. Japan ist aufgrund demografischer und kultureller Probleme seit Jahren von einer chronischen Wachstumsschwäche geplagt. Abe startete zu ihrer Bekämpfung 2013 Abenomics – eine Kombination aus aggressiver Geld- und Fiskalpolitik sowie Strukturreformen. Damit erreichte er zumindest Teilerfolge: Zwar gelang es ihm bisher nicht, Japan viel dynamischer zu machen, aber er konnte den weiteren Niedergang aufhalten und die Arbeitslosigkeit vermindern. Insofern bestätigten die Wähler seinen Kurs, er konnte bei der Oberhauswahl 2016 die Stimmen für seine Partei vermehren und eine Mehrheit gewinnen.
Donald Trumps Ideen ähneln – soweit bekannt – relativ stark den Grundzügen von Abenomics, auch wenn es aufgrund verschiedener Voraussetzungen Unterschiede gibt: In Hinblick auf die Globalisierung will Abe das bisher sehr verschlossene Japan öffnen, Trump die bisher sehr offenen USA eher wieder etwas verschließen. Auch ist es Abe gelungen, die Geldpolitik für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Fed-Chefin Yellen dürfte weiter auf Unabhängigkeit bedacht sein.
Geldwertstabilität nicht mehr so wichtig
In Großbritannien ist nach dem Brexit der Begriff „Shrinkflation“ populär geworden: Anstatt die Preise zu erhöhen, ändern Nahrungsmittelhersteller die Form der Produkte, so dass weniger Inhalt in eine gleichgroße Packung kommt: ein 49g-Schokoriegel wiegt beispielsweise mit runden Ecken nur noch 45g. Nur notdürftig wird kaschiert: Für die gleiche Leistung muss zukünftig mehr gezahlt werden. Die Kaufkraft des Geldes sinkt – die Inflation ist zurück, auch wenn man es nicht sofort sieht.
Nicht nur hinter verkleinerten Packungsinhalten verbirgt sich eine Wiederkehr der Geldentwertung. In den vergangenen Jahren sind die Rohstoffpreise deutlich gesunken – dieser Trend ist 2016 zumindest gestoppt worden. Auch wenn noch nicht klar ist, ob und wie stark sie wieder steigen, eines ist klar: Die deflationäre Wirkung von fallenden Rohstoffpreisen wird in näherer Zukunft wegfallen. Staatliche Ausgabenprogramme dürften zudem die entstehende Inflationsdynamik weiter anheizen.
Dies ist politisch durchaus gewollt: Fehlende Inflation ist von Geldpolitikern von Tokio bis Frankfurt als Übel ausgemacht worden und soll bekämpft werden. Der britische Zentralbankchef Mark Carney hat vor Kurzem als neues Mantra verkündet, Ziel der Geldpolitik sei in Zukunft im Zusammenspiel mit Struktur- und Fiskalpolitik vor allem „inklusives Wachstum“ – also ein Wachstum, das so hoch ist, dass selbst die zurückgebliebenen Bevölkerungsschichten erkennbar etwas davon haben. Dass dies nicht ohne deutlich höhere Inflationsraten möglich sein wird, scheint nicht mehr wichtig.
An den Kapitalmärkten macht sich das veränderte Umfeld in einem Bruch von schon seit Jahren anhaltenden Trends bemerkbar. Dies hat nicht allein mit dem Wahlsieg Donald Trumps zu tun: Die neuen Tendenzen haben sich spätestens seit dem Sommer abgezeichnet. Auch bei einem Sieg Hillary Clintons hätte es eine Hinwendung zu schuldenfinanzierten Infrastrukturprogrammen gegeben – allerdings wäre bei ihr die Richtungsänderung wohl nicht ganz so radikal ausgefallen. Insofern steht „Trumponomics“ nicht für neue Entwicklungen – verstärkt werden bereits im Entstehen befindliche.