Schon bei Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2007 ging es um eine Verbesserung der Corporate Governance, um erweiterte Transparenzregelungen sowie um bessere Vertretungsrechte bei der Ausübung des Stimmrechts. Die nun überarbeitete Aktionärsrechte-Richtlinie verschafft Aktionären mehr Transparenz und mehr Rechte. Mit einem Beschluss dieser Neuerungen durch das EU-Parlament ist voraussichtlich im März 2017 zu rechnen. Die nationalen Gesetzgeber haben dann 24 Monate Zeit, diese Neuerungen umzusetzen.
Die Ziele
Transparenz ist eines der größten Themen der Novellierung. Die Ziele der Neuerung sind eine Stärkung und Verbesserung der Einbeziehung von Eigentümern und Verwaltern von Vermögenswerten in die Unternehmen, in die sie investieren. Auch sollen Vergütung und Leistung der Mitglieder der Unternehmensleitung besser verknüpft werden.
Des Weiteren wird eine Verbesserung der Transparenz und der Überwachung von Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre angestrebt. Zudem soll die Zuverlässigkeit und Qualität der Berater für die Stimmrechtsvertretung gewährleistet und die Übermittlung grenzüberschreitender Informationen entlang der Investitionskette erleichtert werden, vor allem durch Identifizierung der Aktionäre. Diese Ziele sollen durch folgende Neuregelungen erreicht werden.
Überwachung der Vergütung
Mit Regelungen zur Vergütungspolitik soll die derzeit unzureichende Verknüpfung von Vergütung und Leistung der Mitglieder der Unternehmensleitung verbessert werden. Geplant sind deshalb die Veröffentlichung der Vergütungspolitik sowie die Offenlegung und die Überwachung der tatsächlichen Vergütung der Unternehmensleitung.
Aktuell kann die Hauptversammlung (HV) der börsennotierten Gesellschaft über die Billigung oder Missbilligung von Vorstandsvergütungssystemen nur beraten und – unverbindlich – beschließen. Künftig hat sie das Recht, über die Vorstandsvergütung abzustimmen.
Anders als im ursprünglichen Richtlinienentwurf, der jeweils einen zwingend verbindlichen Beschluss vorsah, steht es den Mitgliedstaaten nun frei, eine quasi nur beratende Wirkung des HV-Beschlusses vorzusehen, die sogenannte Advisory Vote. Angesichts der derzeitigen Rechtslage in Deutschland mit lediglich fakultativen Say-on-Pay-Abstimmungen ist es wahrscheinlich, dass der deutsche Gesetzgeber von diesem Wahlrecht auch Gebrauch machen wird.
Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen
Der Änderungsentwurf sieht zudem vor, die Transparenz und die Überwachung von Transaktionen börsennotierter Gesellschaften mit nahestehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre zu verbessern und die bestehenden Vorschriften zu verschärfen. So besteht künftig eine Veröffentlichungspflicht für Transaktionen, die für die Gesellschaft wesentlich sind.
Die Veröffentlichung muss Informationen enthalten, die eine Bewertung der Angemessenheit aus Sicht der Gesellschaft und der Aktionäre ermöglicht. Die Mitgliedsstaaten können auch vorsehen, dass ein unabhängiges Sachverständigengutachten veröffentlicht werden muss, das die Angemessenheit der Transaktion bestätigt. Während der Vorentwurf vorsah, dass eine solche geplante wesentliche Transaktion mit einer nahestehenden Person sogar eine vorherige Zustimmung der Hauptversammlung zwingend erfordere, soll nun alternativ eine Zustimmung des Aufsichtsrates möglich sein.
Mehr Transparenz bei Stimmrechtsvertretung
Viele institutionelle Anleger und Vermögensverwalter nutzen die Dienste von Beratern für die Stimmrechtsvertretung. Diese Berater führen Untersuchungen durch, beraten und empfehlen, wie ihre Auftraggeber in Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen stimmen sollen. Diese Berater spielen insofern eine wichtige Rolle für die Corporate Governance, als dass sie dazu beitragen, die Kosten für die Analyse von Unternehmensinformationen zu verringern.
Allerdings können sie auch das Stimmverhalten der Anleger in erheblichem Maße beeinflussen. Deswegen sollen sie künftig Transparenzanforderungen und einem Verhaltenskodex unterliegen. Zur Erhöhung der Transparenz ist etwa vorgesehen, dass Stimmrechtsberater künftig die Grundsätze der Erstellung von Stimmrechtsempfehlungen sowie die dazu herangezogenen Hauptinformationsquellen offenzulegen haben.
Ebenso sollen sie dazu verpflichtet werden, potenzielle Interessenskonflikte unverzüglich anzuzeigen und zu erklären, welche Maßnahmen sie zu deren Abwendung ergreifen wollen. Die Berater sollen zukünftig auch angemessene Maßnahmen ergreifen und umsetzen, damit gewährleistet wird, dass die Stimmempfehlung richtig und zuverlässig ist.
Leichtere Ausübung der Aktionärsrechte
Finanzintermediäre sollen dazu verpflichtet werden, die Informationen zur Ausübung des Aktionärsrechts direkt und unverzüglich weiterzuleiten. Bei einer sogenannten Verwahrkette, bei der mehr als ein Finanzintermediär eingesetzt werden soll, sollen die Informationen direkt von einem zum nächsten weitergeleitet werden.
Sie werden zudem verpflichtet, dem Aktionär alle Informationen des Unternehmens, die er zur Ausübung seiner Rechte benötigt, rechtzeitig und in standardisierter Form zu übermitteln. Gebühren, Preise und Entgelte, die die Finanzintermediäre für erbrachte Dienstleistungen selbst festlegen, sind offenzulegen. Dabei sollen die Gebühren diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sein.
Ausblick
Bei der Corporate Governance für börsennotierte deutsche Unternehmen tut sich derzeit viel. Nachdem es zuletzt insbesondere hinsichtlich der Investorenkommunikation des Aufsichtsratsvorsitzenden im Rahmen der Vorschläge für Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2017 einige Diskussionen gab, führt nach der Aktienrechtsnovelle 2016 nun auch die Überarbeitung der Aktionärsrichtlinie zu Anpassungsbedarf im deutschen Aktiengesetz. Nun hängt es vom Gesetzgeber ab, ob und inwieweit er die im letzten Entwurf eingefügten Wahlrechte nutzt und wie stark die Rechte der Aktionäre daher im Detail erweitert werden.
Über die Autoren:
Florian Brem ist Rechtsanwalt und Partner bei Buse Heberer Fromm. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Handels- und Gesellschaftsrecht, Mergers & Acquisitions, das Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Payment Services und Unternehmensfinanzierung einschließlich der Führung von Gerichtsprozessen. Er ist Mitglied der Practice Group Corporate / M&A sowie der Practice Group Banking & Finance.
Peter Fissenewert ist ebenfalls Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Buse Heberer Fromm. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Gesellschaftsrecht, Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz sowie Compliance-Beratung und Managerhaftung. Er zählt zu den führenden Beratern und Autoren in diesen Bereichen.