Schuldscheindarlehen, Teil 1 Finanzinstrument im Aufwind

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Zudem finden sich in diversen Schuldscheindokumentationen Vereinbarungen von finanzkennzahlenbezogenen Kündigungsrechten, den sogenannten Financial Covenants. Diese individuell vereinbarten Kennzahlen stellen für den Kreditnehmer die wirtschaftlichen Leitplanken dar, innerhalb derer er sich bewegen kann. Die Kennzahlen sind an genau definierten Stichtagen einzuhalten beziehungsweise nachzuweisen.

Bei einer deutlich negativen Abweichung der wirtschaftlichen Entwicklung entstehen Kündigungsrechte für die Kreditgeber, Diese Rechte sind aus Investorensicht überaus entscheidungsrelevant für die Zeichnung eines Schuldscheins. Allerdings wird in der Praxis von der Kündigung nur selten Gebrauch gemacht. Vielmehr wird in der Regel ein Verhandlungsprozess in Gang gesetzt.

Bei erfolgreichem Verhandlungsergebnis wird dann die Nichtausübung durch eine Gebühr entschädigt und das Schuldscheindarlehen „gewaivt“.

Folgende Financial Covenants werden häufig durch die arrangierende Bank im Sinne der Investoren (Kreditgeber) im Rahmen der Dokumentation eines Schuldscheindarlehensvertrags nach deutschem Recht eingeflochten:
  • Maximal-Leverage als Begrenzung des dynamischen Verschuldungsgrades (Net Debt/Ebitda);
  • Zinsdeckungsquote (Zinsaufwand/Ebitda);
  • Mindest-Eigenkapitalquote.
Je schlechter sich die Bonität eines Emittenten darstellt, desto wahrscheinlicher ist zum einen die Einflechtung einer beziehungsweise mehrerer Kennzahlen sowie zum anderen die zugelassene Schwankungsbreite bei deren Ausgestaltung.

Die Nichteinhaltung eines Financial Covenants lässt bei den Investoren wie beschrieben üblicherweise ein außerordentliches Kündigungsrecht entstehen oder führt ansonsten zumindest zu einer Erhöhung der Marge, einem sogenannten „margin step-up“. Daher ist es grundsätzlich zu empfehlen, Financial Covenants individuell und passend auf das jeweilige Geschäftsmodell abzustimmen.

Klassische Privatanleger stehen aufgrund der häufig eingeschränkten Fähigkeiten, eine fundierte Kreditanalyse vorzunehmen, oder der Mindeststückgröße (meist 500.000 Euro) nicht im Fokus der Emittenten. Dementsprechend sind Banken und Versicherungsunternehmen Zielunternehmen bei der Platzierung von Schuldscheindarlehen.

Wenn Versicherungen als Investorengruppe eingebunden werden sollen, ist es bedeutsam, dass die Darlehensverträge den versicherungsaufsichtsrechtlichen Anforderungen für das Sicherungsvermögen des Versicherungsunternehmens („Deckungsstock) entsprechen.

Aus Sicht einer Bank als Investor stehen dagegen die Erfüllung der entsprechenden Zulassungskriterien der Europäischen Zentralbank für nicht marktfähige Sicherheiten im Vordergrund. Nur dann können Schuldscheine als Zentralbanksicherheit bei der Refinanzierung hinterlegt werden.

Phasen einer Schuldscheindarlehen-Transaktion

Der idealtypische Prozess der Arrangierung eines Schuldscheins besteht aus mehreren Phasen. Der Prozess lässt sich wie folgt darstellen:



Erkennbar ist, dass trotz der relativ schlanken Dokumentation vom Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit der arrangierenden Bank bis zur Valutierung einige Monate einzuplanen sind. In Abhängigkeit der Struktur der Finanzierung kann es zu Abweichung kommen.

Verglichen mit der Ausreichung eines herkömmlichen Bankdarlehens erfordert die Arrangierung und Platzierung eines Schuldscheindarlehens also einen längeren Zeithorizont. Ganz anders fällt der Vergleich mit einer Konsortialfinanzierung oder gar einer Anleiheemission aus. Hier ist das Schuldscheindarlehen konkurrenzlos.


Über die Autoren:
Vanja Dujic ist als Fachberaterin Unternehmensfinanzierung und Großkunden bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen tätig und entwickelt individuelle Finanzierungslösungen für die gehobenen Mittelstandskunden und Großunternehmen der Kreissparkasse.

Prof. Dr. Stephan Schöning ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzen an der SRH Hochschule für Wirtschaft und Medien Calw. Zu seinen Forschungsbereichen zählen Finanzierungslösungen für den Mittelstand sowie die Beurteilung von Anlageformen.

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