Schuldscheindarlehen, Teil 1 Finanzinstrument im Aufwind

Stephan Schöning (l.) und Vanja Dujic

Stephan Schöning (l.) und Vanja Dujic

Schuldscheindarlehen sind in ihrer aktuellen Form bereits seit langem auf dem Kapitalmarkt etabliert. In den letzten Jahren erfreuen sich Schuldscheine zunehmender Beliebtheit. Dies gilt für Emittenten und Investoren gleichermaßen.

War in der Vergangenheit die Anleihe das von Unternehmen deutlich bevorzugte Finanzierungsinstrument zur Streuung ihrer Finanzierungsstruktur, so ziehen immer mehr Finanzchefs und Treasurer die Finanzierung über einen Schuldschein vor.

Im Vordergrund steht dabei, die Abhängigkeit von einem einzelnen Kapitalgeber, in der Regel einer Bank, zu verringern und die Kapitalaufnahme auf unterschiedliche Investoren zu verteilen. Für Investoren bietet sich durch die Anlage in Schuldscheine die Möglichkeit, in Zeiten niedriger Renditen interessante Investments bei mittelständischen Unternehmen, darunter auch etlichen Hidden Champions, zu tätigen.
 
Alleine im ersten Halbjahr wurde in Deutschland ein Gesamtvolumen von rund 14 Milliarden Euro ausgegeben, was einen Anstieg von 55 Prozent im Vergleich zum 1. Halbjahr 2015 bedeutet. Volumenseitig wurden hierdurch neue Rekordwerte erreicht. Das durchschnittliche Volumen je Schuldscheinemission stieg auf 282 Millionen Euro an (Gesamtvorjahr: 188 Millionen Euro).

Ursächlich dafür ist unter anderem, dass auch Großunternehmen zunehmend den Schuldscheinmarkt anstelle des Anleihemarktes nutzen.

Wesen einer Schuldscheindarlehen-Transaktion

Der Begriff Schuldscheindarlehen ist gesetzlich nicht definiert. Basierend auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und Handelsgesetzbuch (HGB) gilt der Schuldschein als „made in Germany“. Es handelt sich hierbei um eine anleiheähnliche Kreditform, die in der Regel nur außerbörslich gehandelt und nur von bestimmten Investorenkreisen gezeichnet werden können (private Placement).

Während Darlehensnehmer in der Regel neben Unternehmen auch Gebietskörperschaften sind, kommen als potentielle Investoren Kapitalsammelstellen (zum Bespiel private und öffentliche Versicherungen) sowie Banken und private Großinvestoren inklusive großer Family Offices in Frage.

Bei einem Schuldscheindarlehen werden bilaterale Kreditverträgen zwischen Unternehmen und einem Kreditinstitut geschlossen. Im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen (hierbei kann auch ein separater Schuldschein erstellt werden) ergibt sich die juristische Einordung eines Schuldscheins, denn durch die Dokumentation findet die Beweissicherung der Schuld statt.

Generell lassen sich Schuldscheine nur im Wege der Abtretung von einem Gläubiger auf einen anderen übertragen. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die wesentlichen Beteiligten und ihre Beziehungen.



Anders als bei Bankkrediten stellen Unternehmen bei einem Schuldscheindarlehen in der Regel keine banküblichen Sicherheiten zur Verfügung. Die vertragliche Gestaltung des Schuldscheins führt dazu, dass dieses kein Wertpapier im engeren Sinne ist und somit weder dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) noch dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) unterliegt.

Nach IFRS (International Financial Reporting Standards sind internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen, die losgelöst von nationalen Rechtsvorschriften die Aufstellung international vergleichbarer Jahres- und Konzernabschlüsse regeln) bilanzierende Investoren müssen damit auch keine market-to-market Bewertung im Rahmen der Bilanzierung durchführen.