Roundtable-Gespräch „Asset Management wird auch in Zukunft vom Menschen geprägt“

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Micic: Gerade im aktiven Management ist es wichtig, dass ein Investor die richtige Wahl trifft. Herr Dr. Kesy, wonach wählen Sie Ihre Partner aus?

Kesy: Da haben wir eine Lernkurve hinter uns. Was wir suchen ist eine langfristige und vertrauensvolle Partnerschaft. Mittlerweile kommen wir pro Anlagesegment zu einer eigenen Überzeugung, was gut funktioniert. Beispielsweise eignen sich große amerikanische Aktien für den passiven Ansatz. Small-Cap-Aktien würde ich hingegen niemals passiv machen, weil man dort die Indexrendite aussichtsreich übertreffen kann. Rentensegmente, in denen es um Bonitätsanalysen geht, würde ich ebenfalls aktiv managen. In den liquiden Anlageklassen erstellen wir ein relativ genaues Suchprofil und schicken damit einen Consultant los. Zwei bis drei Portfoliomanager von der finalen Auswahlliste wollen wir dann persönlich kennenlernen. Demütig soll er sein und eine Passion für das haben, was er tut. Das Vertrauensgefühl ist genauso wichtig wie eine herausragende Expertise. 

Micic: Welche Anlageklassen und -schwerpunkte werden mit Blick auf unser Zukunftsjahr 2040 wichtig sein?

Pross: Die nächsten 15 Jahre werden durch finanzielle Repression geprägt sein, Anleger werden in einem Niedrigzinsumfeld ihre Rendite erwirtschaften müssen. Private-Market-Konzepte werden daher noch wichtiger. Und damit meine ich nicht nur die Eigenkapitalseite mit Private Equity, sondern auch private Fremdfinanzierungen, zum Beispiel für Infrastruktur, deren Merkmale einer Anleihe sehr ähnlich sind. Das Thema Rendite muss neu erdacht werden. Den Rentenpuffer gibt es nicht mehr.

Lochmüller: Investoren werden noch breiter diversifizieren. Alternative Strategien sind ein Trend, wenn sie in Deutschland auch ein Spezialsegment bleiben werden. Länder mit Wachstumschancen wie China werden in der Asset-Allokation ein deutlich höheres Gewicht ausmachen. Es ist durchaus vorstellbar, dass der weltweit größte Vermögensverwalter in 20 Jahren aus China kommt.

Kesy: Investoren sollten die wesentlichen, ökonomisch fundierten Risikoprämien in ihrem Portfolio haben. Etwas anderes gibt es über längere Zeiträume nicht zu verteilen. Früher haben Aktien und Laufzeiten diese Prämien geliefert, jetzt sind es auch Bonitäten und Illiquidität. Für die Zukunft gibt es interessante Ansätze, in die kapitalmarktbasierte Versicherung von Schadensfällen zu investieren. Sei es über Volatilität oder Naturkatastrophen. Asiatische Rentenmärkte sollten deutlich höher gewichtet werden. Produktivkapital über Investments in Aktien und Private Equity ist ein Muss. Künftig kann ich mir auch vorstellen, dass Private-Market-Investments für Privatanleger geöffnet werden.

Micic: Wie sieht es mit dem Trend aus, dass Nachhaltigkeit zum Standard wird im Asset Management?

Pross: Unsere Produktpalette wird in drei Jahren zu 100 Prozent auf Nachhaltigkeit im Sinne von „ESG“ umgestellt sein. ESG heißt nicht nur nachhaltig. Damit ist auch gemeint, dass wir gegenüber den Unternehmen unsere Stimme erheben, wenn wir Veränderungen anregen und durchsetzen wollen.

Lochmüller: Wir dürfen das Thema, wie Nachhaltigkeit im Asset Management umgesetzt wird, nicht nur dem Gesetzgeber überlassen. Denn es geht hier um die intelligente Allokation von Kapital. Die Anleger sollten auf keinen Fall in einem Schwarz-Weiß-Raster denken, sondern Unternehmen einzeln auswählen. Energiesünder sollten Kapital erhalten, um sinnvolle Transformationsprozesse umzusetzen. Ansonsten führt das zu einem Distressed Market für all die Unternehmen, die auf der schwarzen Liste stehen.