Philanthropie-Serie Teil 1 Welche Rechtsform ist die Beste? – Besonderheiten in der Governance

Felix Link (links) und Andreas Pilz von Rödl & Partner

Felix Link (links) und Andreas Pilz von Rödl & Partner: Sie untersuchen die Besonderheiten der Governance von gGmbH, Stiftung und des Vereins. Foto: Rödl & Partner

Förderern stehen eine Reihe von Rechtsformen zur Verfügung, um ihr philanthropisches Engagement auszugestalten. Doch nicht alle sind für ein geplantes Vorhaben geeignet. Die Auswahl der richtigen Rechtsform ist ein wesentlicher Faktor für die Effektivität des gesellschaftlichen Engagements. Faktoren wie der konkrete Zuwenderwille oder der geplante Zeithorizont für das Engagement geben eine gewisse Richtung vor.

Die klassischen Rechtsformen für gesellschaftliches Engagement sind seit jeher die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts sowie der rechtsfähige Idealverein (e.V.). Insbesondere die Stiftung genießt in der Außenwirkung oftmals ein hohes Renommee und wird bereits aus diesem Grund bevorzugt. In letzter Zeit werden allerdings alternative Rechtsformen immer beliebter, allen voran die gemeinnützige GmbH (gGmbH).

Sozialgenossenschaft existiert noch nicht

Die gGmbH wird in der Praxis häufig als flexible Alternative zur Stiftung gepriesen. Diesem Ruf wird sie jedoch nur zum Teil gerecht. Die Genossenschaft eignet sich dagegen für philanthropisches Engagement nur bedingt, da ihr Zweck darauf gerichtet sein muss, den Erwerb oder die Wirtschaft der Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange zu fördern. Die Schaffung einer „Sozialgenossenschaft“, die nicht den Zwecken der Mitglieder, sondern der Allgemeinheit dient, wird zwar immer wieder gefordert. Bislang existiert diese Rechtsform nach deutschem Recht allerdings nicht.

In der Praxis wird versucht, die Vorteile der Stiftung und der gemeinnützigen GmbH zu kombinieren. Die Rechtsform der Treuhandstiftung kann sich hier anbieten. Zudem wird versucht über bestimmte Konstruktionen, allen voran Doppelstiftungen oder die sogenannte hybride Stiftung, gemeinnützige und eigennützige Tätigkeiten durch gesellschaftsrechtliche Regelungen zusammenzufassen. In diesen Prozess hat sich seit der letzten Bundestagswahl auch der Gesetzgeber eingeschaltet. Dieser plant mit der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen die Einführung einer Rechtsform, die nach ihrer Grundkonzeption zwischen Stiftung und GmbH stehen soll.

Die Spezifika der für philanthropisches Engagement geeigneten Rechtsformen stellen wir in den kommenden Beiträgen dar. Der erste Beitrag wird sich mit den rechtlichen Besonderheiten der Governance von Stiftung, gGmbH und Verein beschäftigen. In einem weiteren Beitrag beleuchten wir die Vermögensverfassung dieser Rechtsformen und damit zusammenhängende Thematiken. Abschließend werden wir näher auf bestimmte Kombinationsformen dieser Rechtsformen sowie ausländische Alternativen eingehen.

Das Grundkonzept der Governance

Die Governance von gGmbH und Verein ist grundsätzlich zweistufig gestaltet. Einem Geschäftsführungsorgan steht ein Aufsichtsorgan gegenüber, das die Entscheidungen der Geschäftsführung überwacht. Während eine gGmbH in der Praxis häufig nur einen Gesellschafter hat und daher die Willensbildung einfach ist, muss ein Verein bei der Eintragung aus mindestens sieben Mitgliedern bestehen. Das stellt eine Hürde für die Errichtung des Vereins dar und erschwert die Willensbildung in der Mitgliederversammlung. Die Mindestzahl der Mitglieder lässt sich auch nicht umgehen, indem ein Verein von nur einer natürlichen Person und mehreren von ihr kontrollierten Gesellschaften gegründet wird. Nach der Eintragung im Vereinsregister darf die Mitgliederzahl zwar sinken, dem Verein ist aber die Rechtsfähigkeit zu entziehen, wenn er weniger als drei Mitglieder hat.

Die Stiftung erfordert dagegen nur ein notwendiges Organ: den Vorstand. In der Praxis wird  typischerweise ein Aufsichtsorgan in Form eines Stiftungsrats oder Kuratoriums eingerichtet, das den Vorstand überwacht und in der Regel auch darüber entscheidet, ob Erträge des Stiftungsvermögens ausgezahlt werden. Dagegen hat die Stiftung keine Mitglieder, die vergleichbar einem Gesellschafter an der Stiftung beteiligt sind.

 

Die Flexibilität der Governance: Vorteile der gGmbH

Stiftung, gGmbH und Verein sind grundsätzlich flexibel ausgestaltbar. Es gibt nur wenige zwingende Vorgaben für die Governance. Die Governance kann daher durch eine entsprechende Gestaltung der Satzung an die Bedürfnisse des Zuwenders angepasst werden. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass die Governance der gGmbH auch nachdem sie errichtet wurde, vergleichsweise einfach an veränderte Bedürfnisse angepasst werden kann.

Die Governance eines Vereins ist zwar ebenfalls veränderbar, ohne Satzungsregelung ist hier jedoch ein gewisser Konsens der Mitglieder erforderlich. Das führt in der Praxis dazu, dass um grundlegende Änderungen der Governance oft hart gerungen werden muss. Die Grundstruktur der Stiftung kann dagegen nach der Errichtung nur unter besonderen Voraussetzungen verändert werden.

Wann Satzungsänderungen der Stiftung möglich sind

Prägenden Bestimmungen der Governance einer Stiftung können nur geändert werden, wenn sie erforderlich sind, um die Stiftung an wesentlich veränderte Verhältnisse anzupassen. So sind Änderungen des Stiftungszwecks in der Regel nur zulässig, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann. In beiden Fällen kommt es zudem entscheidend darauf an, dass die Änderungen vom Stifterwillen gedeckt sind. Dass diese Voraussetzungen eingehalten werden, wird durch die Stiftungsaufsicht überwacht. Bei der Errichtung einer Stiftung muss der Stifterwille daher so präzise und umfassend wie möglich formuliert werden.

Es ist dabei stets auf den Stifterwillen im Zeitpunkt Errichtung der Stiftung abzustellen. Eine nachträgliche Änderung des Stifterwillens ist unbeachtlich und kann auch nicht durch die Satzung für beachtlich erklärt werden. Niedergelegt wird der Stifterwille typischerweise im Stiftungsgeschäft oder einem Stifterbrief, in dem der Stifter seine Motive für die Errichtung der Stiftung festhält. Er kann sich jedoch auch aus sonstigen Äußerungen des Stifters im zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung der Stiftung ergeben.

 Die Satzung der Stiftung kann zwar vorsehen, dass Änderungen der Stiftungssatzung und sogar des Stiftungszwecks abweichend vom Gesetz leichter möglich sind. Solche Öffnungsklauseln müssen aber seit dem 01. Juli 2023 bereits im Stiftungsgeschäft, also dem Errichtungsakt der Stiftung, enthalten sein. Eine nachträgliche Satzungsänderung, die ihrerseits die Voraussetzungen für Satzungsänderungen erleichtert, ist nicht zulässig, auch wenn sie vom Stifterwillen gedeckt ist.

gGmbH: Nachfolger müssen Vorstellung vom Engagement teilen

Die Satzung einer gGmbH kann jederzeit durch Beschluss der Gesellschafter geändert werden. Hierfür können zwar in der Satzung bestimmte qualifizierte Mehrheiten bestimmt werden. Wenn sich sämtliche Gesellschafter einig sind, lassen sich Satzungsänderungen bei GmbHs derzeit aber nicht ausschließen. In diesem Fall kann sogar der Unternehmenszweck der gGmbH – vorbehaltlich gemeinnützigkeitsrechtlicher Schranken – geändert werden. Dadurch kann die Governance der gGmbH jederzeit an Änderungen der Verhältnisse angepasst werden. Das kann vorteilhaft sein, um die Effektivität des geplanten Engagements sicherzustellen. Allerdings lässt sich die Struktur der gGmbH dadurch nicht für immer festlegen. Der Zuwender ist somit darauf angewiesen, dass seine Nachfolger seine Vorstellung vom Engagement der gGmbH teilen.

 

Eine Kombination der Festigkeit der Stiftungsverfassung mit der Flexibilität der gGmbH Governance ist jedoch möglich. Hierfür wird beispielsweise eine Familienstiftung an einer gGmbH beteiligt. Hierbei wird festgelegt, dass die Familienstiftung Satzungsänderungen der gGmbH nur zustimmen darf, wenn sie dem Stifterwillen entsprechen. Dadurch können die starren gesetzlichen Vorgaben zu Satzungsänderungen bei Stiftungen umgangen werden. Weil gleichzeitig die Stiftungsorgane an den Stifterwillen gebunden sind, wird aber sichergestellt, dass die Satzung der gGmbH nicht willkürlich geändert wird, sondern nur nach den Vorgaben des Stifters.

Risiko einer „feindlichen Übernahme“: Was beim Verein zu beachten ist

Diese Gestaltung bietet sich jedoch nicht in allen Fällen philanthropischen Engagements an, da sie vergleichsweise komplex und auch mit gewissen Nachteilen verbunden ist. So ist zum Beispiel ein höherer Kapitaleinsatz erforderlich, um die Familienstifung zu errichten, da diese in der Lage sein muss, ihren Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen, auch wenn sie keine Ausschüttungen aus der gGmbH erhält. Sie sollte daher gut durchdacht und vorbereitet werden.

Auch beim Verein lässt sich die Satzung durch Beschluss der Mitgliederversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen nachträglich anpassen. Bei Änderungen des Vereinszwecks ist aber die Zustimmung sämtlicher Mitglieder erforderlich. In beiden Fällen kann die Satzung aber Erleichterungen dieser Mehrheitserfordernisse regeln.

Beim Verein ist zudem zu beachten, dass in der Mitgliederversammlung eines Vereins typischerweise sämtliche Mitglieder gleichberechtigt sind. Mehrstimmrechte oder Vetorechte einzelner Mitglieder, sind zwar möglich. Diese sind aber nicht weit verbreitet, da ein Verein in der Regel vom Zusammenwirken seiner Mitglieder lebt. Das birgt auch das Risiko einer „feindlichen Übernahme“ von innen durch neue Mitglieder. Diese kommt in der Praxis durchaus vor und ist ohne Vorkehrungen in der Satzung nur schwer zu verhindern.