Passive Entstrickung Wenn der Fiskus Veräußerungsgewinne ohne Veräußerung besteuert

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Immobiliengesellschaften mit ausländischen Grundstücken

Besonders von der Entstrickungsbesteuerung betroffen sind Kapitalgesellschaften, deren Vermögen zu mehr als 50 Prozent aus Immobilien, die in einem ausländischen Staat belegen sind, besteht oder zukünftig bestehen könnte (Immobiliengesellschaften). Die aktuelle Fassung des Muster-Doppelbesteuerungsabkommens der OECD, an dem sich auch Deutschland bei der Verhandlung neuer oder zu revidierender Abkommen orientiert, weist das Besteuerungsrecht für die Veräußerung von Anteilen an Immobiliengesellschaften dem Staat zu, in dem die Immobilie liegt (Belegenheitsstaat). Bestehende Doppelbesteuerungsabkommen enthalten oft keine Regelung zu Immobiliengesellschaften, sodass das Besteuerungsrecht am Veräußerungsgewinn üblicherweise allein dem Staat zugewiesen wird, in dem der Anteilseigner ansässig ist (Ansässigkeitsstaat).

Durch den Neuabschluss oder die Revision bestehender deutscher DBA wird das Besteuerungsrecht Deutschlands als Ansässigkeitsstaat beschränkt, da künftig auch der Belegenheitsstaat den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Immobiliengesellschaft besteuern darf und Deutschland diese ausländische Steuer grundsätzlich anrechnen muss. Die Folge dieser Beschränkung des Besteuerungsrechts ist, so die Auffassung der Finanzverwaltung, die Entstrickungsbesteuerung zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des neuen bzw. revidierten DBA.

Liegt eine Entstrickung vor, sind in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Anteilseigner in jedem Fall verpflichtet, in ihrer Steuererklärung für das Jahr der Entstrickung einen steuerlichen Veräußerungsgewinn zu berechnen.

Handelt es sich bei dem Belegenheitsstaat der Immobilien um einen EU-/EWR-Mitgliedsstaat und befindet sich die Beteiligung an der Immobilienkapitalgesellschaft im steuerlichen Privatvermögen, so wird die Entstrickungssteuer regelmäßig auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit zins- und sicherheitslos gestundet. Der Steuerpflichtige muss in diesem Fall jährlich nachweisen, dass er weiterhin Anteilseigner der Kapitalgesellschaft ist. Wird die Kapitalgesellschaftsbeteiligung später tatsächlich veräußert oder wird ein der Veräußerung vergleichbarer Sachverhalt verwirklicht, wird die bisher gestundete Steuer fällig.

Bei Beteiligungen an Immobilienkapitalgesellschaften in Staaten, die nicht zur EU/EWR gehören, ist diese Stundungsmöglichkeit nicht gegeben. Ob dies im Verhältnis zu Drittstaaten gegen die Kapitalverkehrsfreiheit oder, wie im Falle der Schweiz, gegen andere bilaterale Verträge verstößt, ist noch nicht abschließend geklärt.

Für Personen, die ihre Beteiligung im Betriebsvermögen oder über eine deutsche Kapitalgesellschaft halten (doppelstöckige Struktur), ist eine solche zins- und sicherheitslose Stundung nach deutschem Recht nicht möglich.