Christof Kessler von Gothaer AM über Private Debt „Nicht der Gewinn, das Risiko-Rendite-Profil ist entscheidend“

Christof Kessler, Vorstandssprecher der Gothaer Asset Management

Christof Kessler, Vorstandssprecher der Gothaer Asset Management: „Der Bereich, der bei uns in den letzten drei Jahren stark gewachsen ist, ist der Direct Lending Bereich.“ Foto: Gothaer Asset Management

Herr Kessler, wie positioniert Gothaer Asset Management sich im Bereich Private Debt und warum?

Christof Kessler: Die Anlageklasse Private Debt hat in unserem Portfolio in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Der Anteil an Private Debt Investments soll mittelfristig circa fünf Prozent unseres Portfolios ausmachen. Die Anlageklasse ist für Versicherer sehr interessant, da sie nicht nur hohe, sondern auch laufende Renditen verspricht und dies bei verhältnismäßig moderaten Ausfallwahrscheinlichkeiten.

Welche Bereiche halten Sie für besonders gewinnträchtig?

Kessler: Unsere Investitionen orientieren sich nicht daran, wie gewinnträchtig ein Segment ist, vielmehr ist das Risiko-Rendite-Profil entscheidend. Daher finden wir den Private Debt Bereich allgemein sehr interessant und haben hier über die letzten Jahre ein breit diversifiziertes Portfolio über verschiedene Fondsmanager, Regionen, Strategien und Vintage Jahre aufgebaut. Dies gilt sowohl für den Bereich Direct Lending als auch Mezzanine.

Super Senior oder Mezzanine, wieviel Risiko gehen Sie und nach welchen Kriterien gehen Sie dabei vor?

Kessler: Historisch gesehen hat die Gothaer bereits Jahrzehnte in private Mezzanine-Finanzierungen investiert. Der Bereich, der bei uns in den letzten drei Jahren stark gewachsen ist, ist der Direct Lending Bereich, in dem die Vergabe von Senior Secured Loans im Vordergrund steht. Dieser Bereich macht mittlerweile circa 75 Prozent unseres Private Debt Portfolios aus. Für das Thema Unitranche-Finanzierungen haben wir letztes Jahr ebenfalls ein Mandat vergeben. Die Strategien Distressed Debt und Special Situations haben wir uns auch angeschaut, hier allerdings bisher keine Investments getätigt.

Was ist bei Investments am wichtigsten?

Kessler: Bezüglich der Investments ist die Fokussierung auf die Reduzierung des Verlustrisikos in der Anlageklasse am Wichtigsten. Hier sehen wir die meisten Opportunitäten vor allem im mittleren und gehobenen Marktsegment in nicht-zyklischen, defensiven Industrien. Risiko-Rendite-Kennzahlen werden hierfür intensiv analysiert und verglichen.


Die Fondsmanager, die für uns die Investments tätigen, müssen über jahrelange Erfahrung verfügen und einen ausgewiesenen Track Record haben, mit dem sie nachweisen können, dass ihre Strategie auch in Krisenzeiten erfolgreich ist. Die Team-Größe, ein in die Arbeitsabläufe integriertes ESG-Konzept sowie ein hohes „Alignment of Interest“ sind ebenfalls sehr wichtig. Darüber hinaus sollte die Strategie des Fonds möglichst wenig Überschneidungen mit bereits in unserem Portfolio vertretenen Strategien von anderen Managern vorweisen, um eine breite Diversifikation zu gewährleisten.

Wie hat sich der Markt in den vergangenen 5,10,15 Jahren verändert?

Kessler: In den USA ist der Private Debt Markt seit Jahrzenten bereits etabliert, in Europa hingegen hat sich vor allem der Direct Lending Markt erst in den letzten Jahren entwickelt und deutlich an Reife gewonnen. Hier spielen aus unserer Sicht mehrere Faktoren eine Rolle:

  • Regulatorische Veränderungen in der Bankenwelt haben dafür gesorgt, dass Banken mehr und mehr Geschäft in dem Bereich abgegeben. Hier hat sich ein Vakuum gebildet, das den Raum für weitreichende Investitionen eröffnet hat.
  • Der Private Equity Buyout Markt ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gewachsen. Diese Private Equity Manager arbeiten gerne mit Private Debt Fonds zusammen, um eine flexible Kapitalstruktur aufzubauen.
  • Das anhaltende Niedrigzinsumfeld hat institutionelle Anleger dazu gebracht, sich die Anlageklasse intensiver anzuschauen und Kapital von den niedrigrentierlichen Anlageklassen umzuschichten.
  • Solvency II hat für Versicherer die Attraktivität der Anlageklasse erhöht.
  • Versicherer sind in den letzten Jahren bereit dazu gewesen, ihre Liquidität zu reduzieren. Sie haben nicht die Liquiditätsanforderungen, wie sie beispielsweise für Banken gelten. Somit investieren sie seit einigen Jahren vermehrt auch in illiquide Anlageklassen, um die zusätzliche Prämie zu vereinnahmen.

Inwiefern beeinflusst Solvency II Investitionen in Privat Debt?

Kessler: Allgemein kann man sagen, dass das Solvency II-Regime die Anlageklasse noch interessanter für Versicherer gemacht hat. Da die Anforderungen an das Solvency Capital Requirement (SCR) je nach Ausgestaltung des Fonds im Bereich Direct Lending ungefähr zwischen 8-15 Prozent und im Bereich Mezzanine zwischen 15-25 Prozent liegen, kann kaum eine Anlageklasse ein attraktiveres Rendite-SCR-Verhältnis vorweisen als der Bereich Private Debt.

Ist Private Debt für Sie ein Bond-Proxy Ersatz?

Kessler: Private Debt ist kein Proxy für Anleihen. Vom Risiko her könnte es ein Ersatz für Hochzinsanleihen sein, aber auch das wird bei uns so nicht gehandhabt. Vielmehr betrachten wir den Gesamtteil aller Anlagen im privaten Sektor. Wie viel wir von diesen Anlagen in normalen Zinsinstrumenten oder nachrangigen Zinsinstrumenten investieren, ist eine Frage der relativen Attraktivität zu nicht notierten Aktien oder auch Investments in nicht notierter Infrastruktur oder Immobilien. Also die Finanzierung von Anlagen in Private Debt entsteht nicht durch Verkauf von Wertpapieren. Der Anteil von Wertpapieren zu nicht Wertpapieren wird in der strategischen Asset Allocation festgelegt.

Strukturieren Sie bereits um, von beispielsweise Aktien zu Private Debt und wenn ja in welchem Rahmen?

Kessler: Seit der Finanzkrise hat die Gothaer keinen signifikanten Anteil mehr in Aktien investiert. Daher ist hier auch kein Potential zum Umschichten von Aktien hin zu Private Debt vorhanden.