Italienische Bankenkrise Die Achillesferse der Eurozone

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Damit richtet sich aber der Fokus auch auf die schlechten makroökonomischen Fundamentaldaten der italienischen Wirtschaft. Seit dem Jahr 2007 schrumpft das italienische Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf kontinuierlich. Daran vermochten auch die Maßnahmen der expansiven Fiskalpolitik und insbesondere der ultra-expansiven Geldpolitik der EZB nichts zu ändern.

Heute geht es den Italienern wesentlich schlechter als vor der Währungsunion. Besaß im Jahr 1998 das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf einen Indexwert von einhundert Punkten, so beträgt er gegenwärtig nur 97 Punkte. Verantwortlich hierfür zeichnet vor allem das schlechte Produktivitätswachstum. Seit über 15 Jahren sind in Italien keine positiven Produktivitätswachstumsraten mehr nachweisbar.



In dem gleichen Verhältnis, in dem das Pro-Kopf-Einkommen in Italien gesunken ist, hat sich die Arbeitslosenquote massiv erhöht. Auch hier zeigt sich, dass sich bezüglich der makroökonomischen Entwicklung in Italien keine Verbesserung in den letzten Jahren ergeben hat.



Für die italienische Volkswirtschaft kommt dabei erschwerend hinzu, dass die Inflationsraten in Italien im Vergleich zu den anderen Staaten, und hierbei insbesondere im Vergleich zu Deutschland, grundsätzlich höhere Werte aufwiesen, wodurch sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Unternehmen in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert hat.



Ohne massive Reformen wird sich die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft nicht verbessern. Im Gegenteil, Italien droht noch weiter in seiner Entwicklung zurückzufallen. Diese Probleme stellen eine ernsthafte Gefahr für die Eurozone dar. Die sich jetzt abzeichnende Bankenkrise ist dabei nur ein erstes Indiz für die sich dahinter verbergenden strukturellen Probleme der italienischen Wirtschaft.

Damit steigen in der Eurozone deutlich die Gefahren einer erneuten Finanzkrise, die vor allem vom italienischen Bankensektor ausgehen kann. Da bisher in der Eurozone darauf verzichtet wurde, die maroden Banken zu restrukturieren oder gar abzuwickeln, droht damit eine schnelle Ansteckung auch auf die anderen Länder in der Peripherie.

Gefahr einer Finanzkrise wächst

Die politisch Verantwortlichen täten in der Europäischen Union gut daran, nicht mehr auf die Allheilkräfte einer expansiven Geldpolitik zu vertrauen. Die kann die Probleme allenfalls in die Zukunft verschieben, lösen kann sie diese jedoch nicht.

Die Anleger werden sich daher auch weiterhin auf hohe Unsicherheiten in der Eurozone einstellen müssen. Insbesondere vor dem im Herbst anstehenden Referendum über die Verfassungsreform in Italien erhöht sich auch die politische Unsicherheit. Gleichzeitig steigt der Druck auch in den anderen Peripheriestaaten, insbesondere in Griechenland, wo die Wirtschaftsleistung dramatisch stagniert.

Je länger die EZB ihre expansive Geldpolitik beibehält und je weniger die Politik bereit ist, schmerzvolle Entscheidungen zu treffen, desto größer wird die Gefahr, dass der Ort, von dem die nächste weltweite Finanzkrise ausgeht, Europa sein wird.


Über die Autoren:
Christoph Weber ist geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Multi Family Office W-S-H. Darüber hinaus steht er auch dem Verband unabhängiger Family Offices als Vorstandsvorsitzender vor.

Professor André Schmidt hat seit Juli 2008 den Lehrstuhl für Makroökonomie und internationale Wirtschaft an der Universität Witten-Herdecke inne. Einen weiteren Lehrstuhl besetzt Schmidt an der Leibniz Fachhochschule in Hannover. Einer seiner Forschungsschwerpunkte sind Family Offices und Unternehmerfamilien.

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