Italienische Bankenkrise Die Achillesferse der Eurozone

André Schmidt (links), Professor der Uni Witten-Herdecke, und Christoph Weber, Geschäftsführer vom Family Office W-S-H

André Schmidt (links), Professor der Uni Witten-Herdecke, und Christoph Weber, Geschäftsführer vom Family Office W-S-H

Zurzeit richten sich alle Augen in der Eurozone auf Italien. Nachdem in den vergangenen Monaten die Entwicklungen insbesondere in Griechenland, Spanien und Portugal scheinbar keine neue Verschärfung erfahren haben, rückt nun verstärkt Italien in den Fokus. Dabei droht der Eurozone aus Italien von zwei Fronten neues Ungemach.

Das ist zum einen die ewig schwelende italienische Bankenkrise, zum anderen ist es vor allem die makroökonomische Entwicklung der italienischen Volkswirtschaft, die ernsthafte Zweifel hervorrufen, wie lange dieses Land noch ohne weitere gravierende Regelbrüche in der Eurozone verbleiben kann.

Die italienische Bankenkrise könnte die Eurozone noch vor sehr viel größere Herausforderungen stellen, als es die Überschuldungskrise Griechenlands jemals vermochte. Der Kern des Problems ist, dass die Geschäftsbanken Italiens schon seit längerer Zeit faktisch insolvent sind.

Nur die ultraexpansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die extreme Liquiditätszufuhr insbesondere nach Italien haben bisher die notwendige Strukturanpassung verhindert.

Die Niedrigzinspolitik rächt sich

Aber auf Dauer kann auch eine ultraexpansive Geldpolitik die maroden Banken in Italien nicht am Leben erhalten. An dieser Stelle rächt sich bereits jetzt die Niedrigzinspolitik der EZB, die im Ergebnis dazu führt, dass Banken mit der normalen Kreditvergabe nicht mehr in der Lage sind, positive Renditen zu erwirtschaften.

Daher zwingt die expansive Geldpolitik die Banken verstärkt dazu, in risikoreichere Anlagen auszuweichen, wodurch sich die Kreditblasen bei den Geschäftsbanken weiter aufgebläht haben. Daher hat der Bestand an notleidenden Krediten in den Bilanzen der italienischen Geschäftsbanken nahezu schwindelerregende Höhen erreicht.

Erste Schätzungen gehen davon aus, dass circa 18 Prozent der insgesamt in Italien vergebenen Kredite als notleidend einzustufen sind. Im Vergleich dazu betrug das Volumen notleidender Kredite in den USA am Gesamtbestand der Kredite vor Eintreten der Immobilienkrise knapp 5 Prozent. Den italienischen Banken fehlen daher knapp 44 Milliarden Euro an zusätzlichen Eigenmitteln, um die entsprechend drohenden Verluste zu kompensieren.

Dramatische Kurseinbrüche italienischer Aktien

Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die dramatischen Kurseinbrüche italienischer Aktien am Aktienmarkt erklären. Da noch absolut unklar ist, aus welchen Mitteln die Verluste gedeckt werden sollen, ist zurzeit niemand bereit, die entsprechenden Aktien zu halten.

Gleichzeitig ist in Italien auf die besonders enge Verquickung zwischen Staatsschuldenkrise und Bankenkrise zu verweisen. Italienische Geschäftsbanken haben dem italienischen Staat in den letzten vier Jahren Staatsanleihen im Wert von mehr als 300 Milliarden Euro abgekauft.

Der italienische Staat braucht die Geschäftsbanken, um weiterhin seine Verschuldung zu finanzieren und umgekehrt benötigen jetzt die italienischen Geschäftsbanken staatliche Hilfe, um die drohenden Insolvenzen abzuwenden.

Wirtschaftswachstum als einzige Rettung

Es bleibt offen, ob im Fall der italienischen Geschäftsbanken tatsächlich die seit Januar 2016 in Kraft getretene europäische Bankenregulierung angewendet wird, wodurch vor allem auch die Einleger zur Haftung herangezogen werden würden.

Aber selbst wenn es gelingt würde, den italienischen Banken mittels staatlicher Hilfen neues Kapital zu verschaffen, so ist das Problem der italienischen Wirtschaft und einer sich weiter ausbreitenden Finanzkrise nicht gelöst. Damit der Bankensektor sich dauerhaft erholen kann, bedarf es letzten Endes wirtschaftlichen Wachstums. Sollte sich dieses nicht einstellen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Banken wieder rekapitalisiert werden müssen.