Investmentchef der Deutschen Bank „Langweilig dürfte die Legislaturperiode für Anleger nicht werden“

Stefan Kreuzkamp: Der Investmentchef der Deutschen Bank erläutert mögliche Wahlausgänge und deren Auswirkungen.

Stefan Kreuzkamp: Der Investmentchef der Deutschen Bank erläutert mögliche Wahlausgänge und deren Auswirkungen. Foto: Deutsche Bank

In gut zwei Wochen wählt Deutschland den nächsten Bundestag. An den Märkten ist von Spannung wenig zu spüren. Das ist durchaus verständlich, und zwar nicht nur wegen des sogar für deutsche Standards äußerst langweiligen Wahlkampfs. Ob die Teilnahmslosigkeit der Anleger aber wirklich rational ist, ist gar nicht so leicht einzuschätzen.

Statistisch betrachtet sind Bundestagswahlen vergleichsweise schwer prognostizierbar. Wie auch bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen liegt das nicht etwa an mangelhaften Umfragedaten. In Deutschland liegen die Wahlergebnisse typischerweise gar nicht so weit entfernt von den Werten der Meinungsforscher kurz vor dem Wahlsonntag. Meist reicht eine Bandbreite von ein bis zwei Prozentpunkten, vor allem wenn man die Durchschnittswerte verschiedener Institute heranzieht und dabei auch die Umfragequalität berücksichtigt.

Zwar ist auch die deutsche Wählerschaft in den letzten Jahren deutlich wechselfreudiger geworden. Wie in anderen Ländern definieren sich immer weniger Wähler über ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder Gewerkschaft. Die vertrauten klaren Trennlinien zwischen Gruppen von Stammwählern sind zunehmend verschwommen. Gleichzeitig scheinen sich immer mehr Wähler erst kurz vor Wahlen festzulegen. In Summe lässt sich das Wahlverhalten der Deutschen aber trotzdem meist ziemlich verlässlich vorhersagen.

Diesmal bräuchte es wohl ein kleines Wunder, damit es am Wahlabend für die Bundeskanzlerin Angela Merkel doch noch brenzlig wird. Die Umfragen sind seit Mai günstig für Merkels Christdemokratische Union (CDU) und die Christlich-Soziale Union (CSU), ihre bayrische Schwesterpartei. Für einen deutlichen Vorsprung der Unionsparteien von um die 15 Prozentpunkte sprechen auch Prognosemodelle, die neben Umfragewerten das historische Wahlverhalten berücksichtigen.

Ein interessantes Beispiel dafür ist die Prognose-Webseite Signal & Rauschen. Die sollte man im Auge behalten, insbesondere falls die Umfragewerte kurz vor der Wahl doch noch durchmischter und volatiler werden. Signal & Rauschen verwendet die Ergebnisse zur Sonntagsfrage der sieben größten deutschen Umfrageinstitute und gewichtet die Daten nach Aktualität und Qualität. Im letzten Schritt wird dann noch das Wahlverhalten aus vergangenen Bundestags- und Landtagswahlen der vergangenen 20 Jahre berücksichtigt. Derzeit liegen die Unionsparteien bei knapp über 37 Prozent und damit 14 Prozent vor ihrem Koalitionspartner, den Sozialdemokraten (SPD).

Das scheint auch dann plausibel, wenn man weiter in die Vergangenheit zurück blickt. Der durchschnittliche Stimmanteil von CDU und CSU über alle Bundestagswahlen von 1949 bis 2013 lag bei 42,6 Prozent. Natürlich ist in den Daten vor 1990 aber nur Westdeutschland erfasst. Wie alle anderen traditionellen westdeutschen Parteien, hatte es die CDU seit der Wiedervereinigung nicht immer leicht im einst kommunistischen Osten. Zum Teil als Reaktion darauf, ist die CDU politisch weiter nach links gewandert – mitunter sehr zum Missfallen ihrer Schwesterpartei CSU. Im internationalen Vergleich erscheint die CDU mehr denn je als eine Partei der Mitte, von Mitte-Rechts ist nur noch wenig zu merken.

Auch die SPD hat sich in ihren Wahlprogrammen deutlich nach links bewegt, was besonders in den letzten zehn Jahren zu beobachten war. Der politische Schwenk war jedoch deutlich weniger erfolgreich. Im Jahr 2013 erreichte die SPD ein Wahlergebnis von gerade einmal 25,7 Prozent. Der bisherige historische Tiefpunkt im Jahre 2009 lag bei 23 Prozent, in den aktuellen Umfragen sieht es ähnlich aus.