Interview mit Swen Bäuml „Ein Family Officer ist weit mehr als ein reiner Vermögensberater“

Swen Bäuml ist Partner und Geschäftsführer der WTS Steuerberatungsgesellschaft und zudem akademischer Leiter des Studiengangs zum zertifizierten Family Officer.

Swen Bäuml ist Partner und Geschäftsführer der WTS Steuerberatungsgesellschaft und zudem akademischer Leiter des Studiengangs zum zertifizierten Family Officer.

private banking magazin: Warum braucht es einen Studiengang zum zertifizierten Family Officer?

Swen Bäuml: Am Markt nennen sich momentan zahlreiche Protagonisten „Family Office“, nicht zuletzt, weil das einen gewissen „Schick“ hat. Eine wichtige Zielsetzung des Lehrgangs ist, dass er ein gemeinsames Verständnis schafft, vielleicht sogar eine Benchmark setzt, woran sich ein Family Office messen lassen muss.

Ein zweiter wichtiger Grund kommt rein aus der Praxis: Mitarbeiter in Family Offices haben vielfältige berufliche Hintergründe und müssen die Familienvermögen und ihre Inhaber verstehen. Dafür müssen sie in der Lage sein, als erster Ansprechpartner für alle Themen auch außerhalb ihrer eigentlichen Kerndisziplin sprachfähig zu bleiben. Hier besteht das Ziel darin, dass die Teilnehmer mit ihren unterschiedlichen fachlichen Hintergründen die Sprache der anderen Disziplinen verstehen.

Welche Art von Fachleuten arbeitet denn alles in Family Offices?

Bäuml: Ein starkes Drittel verfügt über einen Banking-Hintergrund, das sind ehemalige Privatbankiers oder Mitarbeiter einer Private-Wealth-Abteilung. Ein weiteres Drittel hat einen fachlichen Hintergrund als Jurist oder Steuerberater. Und die dritte Gruppe ist sehr bunt: Vom reinen Volksökonomen, ehemaligen Unternehmenslenker bis hin sogar zum Physiker findet sich dort fast alles.

Was unterscheidet einen Family Officer von anderen Vermögensberatern?

Bäuml: Ein Family Officer ist jemand, der den Anspruch an sich selbst hat und den Mehrwert bietet, dass er das ihm anvertraute Vermögen nicht rein aus Performance-Gesichtspunkten sieht. Er schaut über den Tellerrand: Welche Vermögensteile des Mandanten sind Risikokapital und welche Teile des Kapitals dienen der Vermögenssicherung, vielleicht auch für die übernächste Generation. Er klärt familieninterne Angelegenheiten im Sinne aller Mitglieder objektiv neutral.

Ein Family Officer fragt auch mal nach dem Ehevertrag und Güterständen sowie nach den persönlichen Entwicklungs- und Lebensplanungen. Ein Family Officer kennt die Eigenheiten einer Familie. Er verfügt über Verfahren und Prozesse, mögliche Konflikte beim Generationenwechsel zu erkennen und zu moderieren. Ein Family Officer ist vom Selbstverständnis, seiner Wahrnehmung und der Vertrauensstellung her weit mehr als ein reiner Vermögensberater.

Was können Teilnehmer vom Studiengang inhaltlich erwarten?

Bäuml: Modul 1 behandelt die Struktur eines Family Office und soll Strukturüberlegungen transparent machen, auch anhand von Best-Practice-Beispielen. Die Teilnehmer sollen befähigt werden, selbst entsprechende Mandantensituationen zu beurteilen und zu behandeln. Wir haben einen starken rechtlichen und steuerlichen Fokus in Modul 2 und 3. Hier wollen wir vor allem die Teilnehmer sprachfähig machen, die nicht explizit einen juristischen Hintergrund haben. Es geht immer praxisbezogen um typische Fragestellungen, die im Rahmen eines fiktiven Erstberatungsgesprächs eines Family Office auftreten können. In Modul 4 geht es um sensible Soft Facts, die auch relevant für eine Entscheidungsfindung sind.

In Modul 4 geht es neben Family Governance und Generationenfolge auch um das Thema Psychologie. Was hat es damit auf sich?

Bäuml: Hier haben wir eine Kooperation mit der Hochschule St. Gallen und Dr. Frank Halter, dem Leiter des dort ansässigen Forschungszentrums für Family Business. Da geht es darum, den Teilnehmern deutlich zu machen, dass es als Family Office nicht damit getan ist, eine Zahl zu berichten oder eine juristische Lösung zu präsentieren. Sondern es hängt auch vom Adressaten ab, wie das Ergebnis verpackt wird. Für sehr vermögende Familien spielen häufig eben nicht nur die Steueroptimierung oder das juristisch Maximale eine Rolle.

Wichtig ist vor allem: Verträgt sich das Ergebnis auch mit der fragilen Struktur meiner Familie? Das heißt, das sind auch sensible Soft Facts, die häufig bei einer Entscheidung eine große Rolle spielen. Der Mehrwert eines Family Offices zeichnet sich gerade dadurch aus, dass man über die Jahre diese Soft Facts kennt und dafür innerfamiliäre Prozesse und Vorgehensweisen entwickelt hat, anders als irgendein externer Berater, der für ein Projekt hereingeholt wird.