Immobilien-Roundtable „Die nächste Krise trifft vor allem Projektentwickler“

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Stolfo: Also, meiner Meinung nach gehen Investoren derzeit das höchste Risiko ein, wenn sie einen Neubau mit einem Mietvertrag über 20 Jahre, womöglich noch mit einem Einzelmieter, zum 30-Fachen kaufen. Bei diesem vermeintlich risikoarmen Investment besteht das größte Risiko einer Wertminderung.

Zapp: Und speziell in einigen Nutzungsklassen. Derzeit gibt es beispielsweise sehr viele Forward-Deals im Hotelbereich, die erst in zwei bis drei Jahren fertiggestellt werden. Das macht mir schon ein wenig Angst. Es kommen derzeit viele neue Hotelmarken auf den Markt. Da wird es mittelfristig mit Sicherheit eine Konsolidierung geben müssen

Stolfo: Aus unserer Sicht sind Hotels eine extrem interessante Anlageklasse, weil man von den Umsatzsteigerungen des Betreibers, des Pächters, profitieren kann. Und der Sektor wächst derzeit stark. In der richtigen Lage kann man aus einem Hotel zudem auch ein Studentenwohnheim oder Boarding House machen. Anders beispielsweise im Bürobereich. Objekte, die aufgrund ihrer Lage, der Verkehrsanbindung und der Möglichkeiten innerhalb des Gebäudes nicht für flexiblere Nutzungen geeignet sind, dürften in Zukunft immer schwieriger zu vermieten sein. Oder nehmen Sie den Einzelhandel: Bei wachsendem Online-Handel sind eventuell eher Logistikobjekte die neuen Einzelhandelsimmobilien. Das klassische Geschäftshaus in der Innenstadt dürfte künftig ebenfalls immer weniger Mieter anziehen.

Hünnscheid: Das kann ich bestätigen. Wir haben jüngst ein Objekt in einer Top-Lage von Hamburg verkauft, ein klassisches Geschäftshaus, im Erdgeschoss 500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche. Nachdem der langjährige Mieter, ein Textiler, ausgezogen ist, haben wir einfach keinen Anschlussmieter gefunden. Wir haben nichts unversucht gelassen, sogar mit Betreibern von Fitnesscentern haben wir gesprochen.

Droht von der Finanzierungsseite Gefahr?

Schreier: Nein. Die Finanzierungsstrukturen sind nicht mehr so aggressiv wie vor der letzten Krise, weil viele deutsche regulierte Vehikel unterwegs sind. Die finanzieren im Schnitt nur unter 50 Prozent. Und die großen Privatinvestoren sind auch sehr eigenkapitalstark unterwegs. Aber wenn die Zinsen stärker steigen würden, rechnen sich die Business-Pläne natürlich anders als jetzt. Dann wird es Ausweicheffekte geben. Investoren würden in andere Anlageklassen umschichten. Das hätte sicherlich einen dämpfenden Effekt. Die Nachfrage und die Preise würden sinken. Aber ich erwarte auch kein Platzen einer Blase.

Kuder: Also ich halte es für eine interessante Aussage, dass Banken vorsichtiger finanzieren. Ja, sie finanzieren zwar nicht mehr 100 Prozent, sondern 80, aber wir haben ja auch eine ganz andere Bewertung im Markt. Wer Immobilien finanziert, die zum 30-Fachen gekauft werden, ist nicht wirklich vorsichtiger. Der Eigenkapitalanteil ist schnell aufgebraucht, wenn die Faktoren auf 25 oder 20 fallen. Und dann ist man wieder bei einer 100-Prozent-Finanzierung. Dem dann notwendigen Nachschuss frischen Eigenkapitals werden, so befürchte ich, nicht alle Schuldner nachkommen können.

Zapp: Ich sehe auf der Mezzanine-Seite durchaus Zeichen einer Blase. Viele Projektentwickler bekommen ihre 80 bis 85 Prozent Fremdkapital von den Banken und holen sich die restlichen 15 bis 20 Prozent an notwendigem Kapital günstig von Mezzanine-Finanzierern. Damit trägt der Projektentwickler so gut wie kein Risiko mehr. Dieses wird vornehmlich auf die Mezzanine-Finanzierer abgewälzt. Darunter fallen auch die vielen Crowdfunding-Plattformen. Jeder Privatanleger kann hier per App mal schnell 10.000 Euro investieren und bekommt dafür 5,5 Prozent endfällige Rendite. Das ist aber quasi unbesichertes Eigenkapital, das weg ist, wenn das Projekt oder der Entwickler in Schieflage geraten. Die ersten Ausfälle gibt es bereits, und die Zahl wird zunehmen.

Hünnscheid: Crowdfunding ist zurzeit der aufgerufene Nachfolger des Desasters der geschlossenen Immobilienfonds, wenn Sie mich fragen.